Wie viele Leben hast Du noch?. Mario Semrau
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Gefühlt, startete ich zu diesem Zeitpunkt erst richtig durch: Ich veranstaltete Kommunikationstrainings für Geschäftsführer mittelständischer Unternehmen, führte zertifizierte Seminare zur Lehrerfortbildung durch und veranstaltete Erfolgstrainings für die Mitarbeiter diverser öffentlicher Institutionen. Auch habe ich Menschen gecoacht, die in der Krise ihren Job verloren haben, und mit ihnen neue Perspektiven erarbeitet. Unzählige junge Menschen, teilweise mit schweren Lerndefiziten und deutlich ausgeprägter „Antriebsschwäche“, bildete ich überbetrieblich u.a. zu Verkäufern und Einzelhandelskaufleuten aus.
Es gelang mir immer besser, selbst die scheinbar „hoffnungslosesten“ Fälle dazu zu bewegen, Vollgas zu geben und die Prüfungen zu bestehen. Und wie?
Indem ich sie dazu ermunterte, sich große Ziele zu setzen, für etwas zu kämpfen, endlich Verantwortung für sich selbst zu übernehmen, an etwas zu glauben und nicht nur bis zum Tellerrand zu schauen. Sie sollten lernen, wie gut es sich anfühlt, ein Ziel zu erreichen und an sich selbst glauben zu können. Das Erlernen des erforderlichen Fachwissens war dann, in Anbetracht der Größe der gesetzten Ziele, nur noch „Nebensache“. Es war vielmehr Mittel zum Zweck.
Bei dem einen ging es schneller, beim anderen dauerte das Lernen länger. Egal! So lange sie es wirklich wollten, würden sie ihr Ziel erreichen.
Dann coachte ich diejenigen, die angeblich nicht mehr zu motivieren waren, und dennoch konnte in all den Jahren immer wieder das eine oder andere Wunder vollbracht, das eine oder andere Leben in lebenswerte Bahnen gelenkt und die eine oder andere Gefahr abgewendet werden.
Viele konnten ihr inneres Feuer wieder entzünden und nahmen ihr Leben aktiv in die Hand, weil sie begriffen haben, dass sie selbst am Steuerrad ihres Lebens stehen und nur selber den für sie geeigneten Kurs finden und einschlagen können.
Niemals werde ich aber den Dankesbrief von der damals elfjährigen Tochter einer ehemaligen Seminarteilnehmerin vergessen, in dem u.a. geschrieben stand:
„Endlich kann ich meine Mutter wieder lachen sehen. Danke!“
Das waren die Momente, in denen mal wieder so ein kleines Wunder geschah, an das kaum noch jemand zu glauben wagte. Welche Kraft man aus solchen Momenten schöpft, ist schier unbeschreiblich.
Sicherlich habe ich auch vieles gesehen, was man lieber nicht sehen möchte, und wofür man gewiss eine immense innere Stabilität aufweisen muss, um nicht selbst daran kaputt zu gehen oder den Glauben an die Menschen ganz zu verlieren. Ich habe die Abgründe des menschlichen Daseins gesehen, bin in die schmutzigsten Buden gegangen, u.a. auch, um psychischer und physischer Gewalt ausgesetzte Frauen vor ihren Peinigern zu schützen und für sie den Weg ins Frauenhaus zu ebenen.
Auch hatte ich sehr viel mit Suchtkranken zu tun. Es ist der absolute Wahnsinn, was das ganze Teufelszeug aus eigentlich guten Menschen macht.
Das naive Kind in mir musste in dieser Zeit auch widerwillig lernen, dass man Niemandem helfen kann, der nichts an seinem Leben verändern möchte.
Es musste erkennen, dass man lediglich Wege und Möglichkeiten suchen und aufzeigen kann. Man kann ein Stück weit mitgehen, aber schlussendlich muss jeder selbst seinen Weg gehen. Oder wer atmet, isst und trinkt für Sie?
Mir war es stets immens wichtig, die Menschen noch besser zu verstehen, weshalb ich eine umfangreiche psychologische Ausbildung absolvierte und einige Zeit später noch die schulische Ausbildung zum Heilpraktiker durchlief, die mich auf die bis dato noch zu absolvierende behördliche Prüfung vorbereitet hat. All das, was ich sah, lernte und erlebte, bekräftigte mich in der Auffassung, dass jeder Mensch selbst dafür verantwortlich ist, welches Leben er lebt, wie er mit sich selbst umgeht, und wie seine Reise verläuft.
Man kann Pech haben, in einer Krise sein, den Job verlieren, verlassen werden, einen geliebten Menschen verlieren, einen Unfall haben oder krank werden. Auch kann man im Lotto gewinnen, einen Fünfhunderteuroschein auf der Straße finden oder der großen Liebe in der U- Bahn begegnen. Alles ist möglich, aber entscheidend ist unsere Reaktion darauf, und was wir aus der eingetretenen Situation machen.
Ich habe beide Seiten gesehen: Die Schattenseite und die Sonnenseite des Lebens. Und inzwischen kenne ich sie gut, die Menschen, die auf den jeweiligen Seiten leben bzw. sich dazwischen hin und her bewegen. Ich kenne ihre Hoffnungen, ihre Denkmuster, das, was ihnen Freude bereitet, und auch das, was sie bedrückt.
Und ganz ehrlich: Für denjenigen, der beide Seiten kennt, ist in diesem Leben nichts, absolut gar nichts mehr selbstverständlich.
Das, was hier an einigen Stellen wie härteste Sozialarbeit klingt, ist jedoch nur die eine Seite der Medaille. Auf der Kehrseite bin ich seit vielen Jahren in der Wirtschaft unterwegs und gebe bis heute unzählige Vertriebs-, Erfolgs- und Selbstmanagementseminare. Hierbei spielte wieder einmal der Personalberater Reinhard Vossmann eine große Rolle. Er hat mich vor vielen Jahren an einen Unternehmensberater weiterempfohlen und mir somit die Tür für die Veranstaltung meines ersten Vertriebstrainings als Freiberufler geöffnet.
Ein weiterer Meilenstein in meiner Karriere und eine gigantische Energiequelle.
In all den Jahren habe ich hunderte Menschen gecoacht. Sie stammten aus nahezu allen gesellschaftlichen Ebenen.
Vom Arbeitslosen bis hin zum Wohlhabenden, vom Unglücklichen bis hin zum Glücklichen, vom Jugendlichen bis hin zum Rentner, vom Schulabgänger bis hin zum Promovierten. Viele von ihnen habe ich jahrelang begleitet und dabei ihre Denk- und Verhaltensmuster mitsamt den daraus resultierenden Ergebnissen ausführlich analysieren können.
Dabei generierte ich Wissen, das ich Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, auf keinen Fall vorenthalten möchte. So individuell, wie wir Menschen auch sein mögen. Uns allen ist gemein, dass unsere Denk- und Verhaltensmuster dafür ausschlaggebend sind, was wir aus diesem, unserem einzigen Leben tatsächlich machen.
Im Grunde genommen wollen wir doch (normalerweise) nur eins: Sinnvoll leben und glücklich sein. Doch nur wenn wir Ersteres beherrschen, wird uns Letztgenanntes auch tatsächlich gelingen.
Inzwischen dürften abertausende abgehaltene Seminarstunden hinter mir liegen, in denen ich unzählige interessante Menschen kennenlernen durfte.
Seit vielen Jahren trainiere ich absolute Topverkäufer, die voll hinter ihren Produkten und ihrem Arbeitgeber stehen und für ihren Job so richtig brennen.
Solche Trainings machen richtig Spaß. Wenn die Gruppe mit voller Kraft mitzieht, alles Wissen in sich aufsaugt, und die Zeit nur so verfliegt, dann reihen sich unzählige erhebende Momente einfach nahtlos aneinander. Es ist immer wieder beeindruckend, wieviel man voneinander lernen kann.
Kein Seminar ist wie das andere.
Jedes ist anders, jede Gruppe fühlt sich anders an, und die Ergebnisse variieren. Genau das ist es, was der ganzen Angelegenheit eine enorme Energie verleiht. Wenn ich dann zum Schluss fröhliche Gesichter den Saal verlassen sehe, die etwas für sich aus dem Seminar mitnehmen konnten, das sie im Alltag beflügelt und ihnen den Job oder das Leben erleichtert, macht mich das richtig glücklich. Das ist dann noch mehr Kerosin für mein inneres Triebwerk. In jedem meiner Seminare kann ich immer wieder selbst Neues dazulernen und bin dafür meinen Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die sich immer wieder aufs Neue mit äußerstem Engagement und unter Einsatz ihres gesamten Wissens- und Erfahrungsschatzes einbringen, vom tiefsten Herzen dankbar.
Um es auf den Punkt zu bringen, habe ich mit dem Beginn meiner Selbstständigkeit damit aufgehört, zu arbeiten, weil ich das tun kann, was ich