Gesammelte Erzählungen. Charles Dickens

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Gesammelte Erzählungen - Charles Dickens

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Sie horchten angespannt, allein tiefe Stille herrschte im ganzen Hause.

      „Es war Einbildung!“ sagte Fagin und nahm das Licht auf.

      „Ich will drauf schwören, daß ich’s sah“, versetzte Monks zitternd. „Der Schatten beugte sich vor, als ich ihn zuerst bemerkte und glitt weg, sobald ich von ihm sprach.“

      Der Jude warf ihm einen verächtlichen Blick zu und forderte ihn höflich auf, ihm zu folgen. Sie stiegen die Treppe hinauf und sahen sich in allen Zimmern um, sie waren kahl und leer. Dann stiegen sie zum Hausflur und von da in den Keller hinunter, alles war öde und still wie der Tod.

      „Was sagen Sie nun?“ fragte Fagin, als sie wieder auf dem Hausflur anlangten. „Außer uns sind nur noch Toby und die Jungen im Hause, und die sind gut aufgehoben. Sehen Sie her.“

      Er zog zwei Schlüssel aus der Tasche und erklärte, daß er seine Zöglinge eingeschlossen hatte, um jede Störung ihrer Unterhaltung unmöglich zu machen.

      Herr Monks wurde wankend und gab zu, daß ihm seine aufgeregte Phantasie einen Streich gespielt haben könnte. Die Unterhaltung wollte er heute aber nicht mehr fortsetzen, da es schon ein Uhr sei. So trennte sich denn das würdige Paar.

      Siebenundzwanzigstes Kapitel

      Sucht die Unhöflichkeit eines früheren Kapitels wieder gutzumachen, das eine Dame ohne weiteres im Stiche ließ

      Da es einem Schriftsteller wegen seiner Unbedeutendheit nicht ziemt, eine so wichtige Person, wie ein Gemeindediener ist, mit über die Arme geschlagenen Rockschößen am Kamin stehen zu lassen, bis es dem Geschichtserzähler beliebt, ihn zu erlösen; und da es sich mit seiner Stellung oder seiner Galanterie noch weit weniger verträgt, in ähnlich vernachlässigender Weise eine Dame zu behandeln; der der besagte Beamte zärtliche und verliebte Blicke zugeworfen und süße Worte ins Ohr geflüstert hat, Worte, die aus dem Munde eines solchen Mannes das Herz eines jeden Mädchens oder einer jeden Frau erbeben machen müßten, – so beeilt sich der gewissenhafte Erzähler mit seiner höchst wahren Geschichte.

      Herr Bumble hatte also die Teelöffel abermals gezählt, die Zuckerzange aufs neue gewogen, den Milchtopf noch genauer untersucht und sich über den Zustand der Möbel bis auf die Roßhaarpolster der Stühle herunter die nötige Gewißheit verschafft – ehe ihm auch nur der Gedanke kam, es wäre nachgerade Zeit, daß Frau Corney zurückkehrte. Da fiel Herr Bumble auf den unschuldigen Zeitvertreib, seine Neugierde durch einen Blick in das Innere der im Zimmer befindlichen Kommode zu befriedigen. Um sich zu vergewissern, daß niemand käme, horchte Herr Bumble am Schlüsselloch und fing dann mit der untersten der drei Schubladen an. Die verschiedenen Kleider von gutem Stoff gefielen ihm ausnehmend wohl. In einem der oberen Schubfächer stieß er auf ein kleines, verschlossenes Kästchen, das er schüttelte; der Klang von Gold- und Silbermünzen war seinen Ohren liebliche Musik. Nun schritt Herr Bumble würdevoll wieder zum Kamin und nahm seine alte Stellung wieder ein. Mit entschlossenem Gesichtsausdruck sagte er dann zu sich selbst: „Ich werde es tun!“ Darauf lächelte er pfiffig, als wollte er sagen, was für ein verfluchter Schwerenöter er doch sei, dabei betrachtete er mit Interesse und Vergnügen seine strammen Waden.

      Er war noch in deren bewundernden Anblick versunken, als Frau Corney ins Zimmer stürzte, sich atemlos auf einen Stuhl am Kamin warf und mit einer Hand die Augen bedeckte. Die andere legte sie aufs Herz und rang nach Luft.

      „Frau Corney“, sagte Herr Bumble, sich über sie beugend, „was ist Ihnen? Ist etwas passiert? Bitte reden Sie doch, ich stehe hier, wie auf – auf – “ Er konnte in seiner Bestürzung nicht das Wort „Nadeln“ finden und sagte daher: – „Flaschenscherben“.

      „Ach, Herr Bumble, ich bin wie zerschlagen.“

      „Wer hat das gewagt, zerschlagen? Ich weiß schon“, fuhr er mit angeborener Majestät fort, „dieses gottverlassene Armenpack.“

      „Schrecklich, dran zu denken“, sagte die Matrone schaudernd.

      „Denken Sie nicht dran!“ versetzte Herr Bumble.

      „Ich kann’s nicht lassen“, wimmerte Frau Corney.

      „Dann stärken Sie sich und trinken ein Glas Wein“, meinte der Gemeindediener teilnahms­voll.

      „Nicht um die ganze Welt“, erwiderte die Matrone. „Das könnte ich nicht – oh, nein! – Im Wandschrank auf dem obersten Brett – ach – “

      Die gute Frau, die jetzt in Krämpfe fiel, konnte nur schwach mit der Hand hinzeigen, aber Herr Bumble stürzte auf denselben zu und entnahm ihm eine grüne Flasche. Er goß eine Teetasse voll und hielt sie der Dame an die Lippen.

      „Es wird mir schon besser“, sagte Frau Corney, nachdem sie die Tasse halb geleert hatte. Herr Bumble erhob voller Dankbarkeit gegen Gott seine Augen zur Zimmerdecke, senkte sie dann auf die Tasse und brachte diese an seine Nase.

      „Pfefferminze“, erklärte Frau Corney mit schwacher Stimme und lächelte dabei Herrn Bumble an. „Kosten Sie es mal – es ist noch ein bißchen anderes darin.“

      Dieser kostete mißtrauisch die Arznei, leckte darauf die Lippen, kostete abermals und setzte die Tasse leer nieder.

      „Es ist sehr stärkend“, sagte die Dame.

      „Sehr, in der Tat.“

      Nach diesen Worten rückte er seinen Stuhl an die Seite der Matrone und fragte zärtlich, was ihr passiert wäre.

      „Ach nichts“, versetzte Frau Corney, „ich bin ein recht törichtes, schwaches Geschöpf.“

      „Nicht schwach“, sagte Bumble und rückte noch näher. „Sind Sie wirklich schwach, Frau Corney?“

      „Wir sind alle schwache Geschöpfe“, erwiderte die Matrone, damit eine Bibelstelle zitierend.

      „Ja, das stimmt“, meinte Herr Bumble.

      Beide schwiegen einige Minuten, dann erwies der Gemeindediener die Wahrheit dieses Satzes dadurch, daß er seinen linken Arm von Frau Corneys Stuhllehne fortnahm und mit sanftem Druck um ihre Taille legte.

      „Wir sind allesamt schwache Geschöpfe“, sagte Herr Bumble.

      Frau Corney seufzte.

      „Seufzen Sie doch nicht, Frau Corney!“

      „Ich kann nicht anders“, antwortete diese und seufzte nochmal.

      „Das ist ein sehr gemütliches Zimmer meinte Herr Bumble. „Noch eins dazu, und es wäre eine ideale Wohnung.“

      „Das wäre für eine einzelne Person zu viel“, flüsterte die Matrone.

      „Aber nicht für zwei“, flötete Herr Bumble. ..Was meinen Sie, Frau Corney?“

      Bei seinen Worten senkte sie den Kopf, und er tat dasselbe, um ihr ins Gesicht sehen zu können. Frau Corney blickte züchtig seitwärts und machte ihre Hand los, um nach dem Taschentuch zu greifen. Unwillkürlich legte sie sie aber wieder in seine Hand.

      „Die Behörde liefert Ihnen die Kohlen, nicht wahr?“ fragte Herr Bumble und drückte zärtlich ihre Hand.

      „Und das Licht“, antwortete die Matrone, den Händedruck leicht erwidernd.

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