Gesammelte Erzählungen. Jules Verne

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Gesammelte Erzählungen - Jules Verne

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der hat gewiß den größten Teil der Ladung gerettet. Übrigens wollen wir uns dessen versichern.«

      Wir verließen diese, jedem Luftzug ausgesetzte Grotte. Ich hatte eine Hoffnung, die zugleich eine Besorgniß war; es schien mir unmöglich, daß nicht bei dem fürchterlichen Anprallen des Floßes die ganze Ladung zu Grunde ging. Ich irrte mich. Bei meiner Ankunft am Ufer bemerkte ich Hans mitten in einem Haufen von Gegenständen, die er hübsch geordnet hatte. Mein Oheim drückte ihm die Hand mit lebhaftem Bezeugen seiner Erkenntlichkeit. Dieser Mensch, von übermenschlicher Hingebung beseelt, wie man nicht leicht einen anderen finden würde, hatte, während wir schliefen, gearbeitet, und mit Lebensgefahr die wertvollsten Gegenstände gerettet.

      Wir hatten zwar ziemlich erhebliche Verluste erlitten, z.B. unserer Waffen; aber schließlich konnte man dieselben entbehren. Der Pulvervorrat war unversehrt geblieben, nachdem wir während des Gewitters beinahe wären in die Luft gesprengt worden.

      »Nun, rief der Professor, da die Gewehre mangeln, so brauchen wir nicht mehr zu jagen.

      – Gut; aber die Instrumente?

      – Hier ist der Manometer, das nützlichste von allen, für welches ich die anderen sämtlich hingegeben haben würde. Mit seiner Hilfe kann ich die Tiefe berechnen, und wissen, wann wir das Zentrum erreicht haben werden. Ohne dasselbe würden wir riskieren, drüber hinaus zu dringen und bei den Antipoden wieder herauszukommen!«

      Diese Heiterkeit war arg.

      »Aber der Kompaß? fragte ich.

      – Da ist er, auf diesem Felsen, in vollkommenem Zustand, sowie der Chronometer und die Thermometer. Ja, der Jäger ist ein wertvoller Mensch!«

      Das mußte man wohl anerkennen; in Hinsicht der Instrumente fehlte nichts. An Werkzeug und Geräten bemerkte ich auf dem Sande auseinander gelegt, Leitern, Stricke, Hauen, Hacken u.s.w.

      Doch waren auch noch die Lebensmittel in Betracht zu nehmen.

      »Und die Provision? sagte ich.

      – Sehen wir nach«, erwiderte mein Oheim.

      Die Kisten, welche sie enthielten, befanden sich am Ufer in wohl erhaltenem Zustand; das Meer hatte sie zum größten Teile verschont, und im Ganzen konnte man an Zwieback, Fleisch, Branntwein und Fischen noch auf vier Monate zu leben haben.

      »Vier Monate! rief der Professor. Wir haben daran Zeit genug, hin und zurück zu kommen, und mit dem Reste will ich allen meinen Kollegen am Johanneum ein großes Diner geben!«

      Ich hätte seit langer Zeit an das Temperament meines Oheims gewöhnt sein können; und dennoch setzte mich dieser Mann stets in Erstaunen.

      »Jetzt, sagte er, wollen wir unseren Wasservorrat mit dem Regen ergänzen, welcher bei dem Gewitter in alle Granitbassins gefallen ist; demnach haben wir nicht zu besorgen, Durst leiden zu müssen. Das Floß mag Hans aufs Beste wieder herstellen, obgleich wir, denk’ ich, es nicht mehr gebrauchen werden.

      – Wie so? rief ich aus.

      – Es ist so meine Idee. Ich denke, wir werden nicht denselben Weg, den wir gekommen sind, zur Rückkehr brauchen.«

      Ich betrachtete den Professor mit einigem Mißtrauen. Ich fragte mich, ob er nicht ein Narr geworden sei.

      »Jetzt wollen wir frühstücken«, fuhr er fort.

      Nachdem er dem Jäger seine Anweisung gegeben, begleitete ich ihn auf ein hohes Cap. Hier nahmen wir eine treffliche Mahlzeit ein, die aus getrocknetem Fleisch, Zwieback und Tee bestand, und, ich muß gestehen, die beste war, welche ich je in meinem Leben genossen habe. Das Bedürfniß, die frische Luft, die Ruhe nach den Erschütterungen, Alles trug dazu bei, mir Appetit zu machen.

      Während des Frühstücks richtete ich an meinen Oheim die Frage, wo wir uns eben befänden.

      »Es scheint mir dies, sagte ich, schwer zu berechnen.

      – Genau zu berechnen, ja, erwiderte er; das ist wohl nicht möglich, weil ich während der drei Gewittertage nicht im Stande war, die Schnelligkeit und die Richtung unseres Fahrzeugs zu notieren; doch können wir durch Schätzung unsere Lage aufnehmen.

      In der Tat war die letzte Beobachtung am Inselchen des Geyser angestellt worden.

      – Am Eiland Axel, lieber Junge. Lehne die Ehre nicht ab, der ersten im Innern des Erdbaues entdeckten Insel Deinen Namen zu geben.

      – Gut! Von diesem Punkt ausgehend wollen wir vier Tage Sturm rechnen, während dessen unsere Geschwindigkeit nicht geringer sein konnte, als achtzig Lieues in vierundzwanzig Stunden.

      – Ich denke. Das gäbe also dreihundert Lieues weiter.

      – Ja, und das Meer Lidenbrock mäße also fast sechshundert Lieues von einem Ufer zum andern! Verstehst Du wohl, Axel, daß es an Größe sich mit dem Mittelländischen messen kann?

      – Ja! Zumal wenn wir’s nur der Breite nach gemessen haben!

      – Das ist wohl möglich!

      – Und, merkwürdiger Umstand, fügte ich bei, sind unsere Berechnungen genau, so haben wir jetzt dieses Mittelländische Meer über unserm Kopf.

      – Wirklich!

      – Wirklich, denn wir sind bei neunhundert Lieues von Rykjawik entfernt!

      – Das ist ein hübsches Stück Wegs, lieber Junge; doch ob wir nun vielmehr unter’m Mittelländischen Meer sind, als unter der Türkei oder dem Atlantischen, darüber läßt sich nur dann eine Behauptung aussprechen, wenn wir von unserer Richtung nicht abgekommen sind.

      – Nein, der Wind schien sich gleich zu bleiben; ich denke also, dieses Uferland müsse südöstlich von Gretchen-Hafen liegen.

      – Gut, es ist leicht, sich durch den Kompaß davon zu überzeugen. So wollen wir ihn befragen.«

      Der Professor ging zu den Felsen, worauf Hans die Instrumente niedergelegt hatte. Er war heiter, lustig, rieb sich die Hände! Wahrhaftig wie ein Jüngling! Ich folgte ihm, sehr begierig zu wissen, ob ich in meiner Schätzung nicht irre.

      Als wir an dem Felsen ankamen, nahm mein Oheim den Kompaß, legte ihn horizontal und beobachtete die Nadel, die nach einigem Schwanken in fester Stellung blieb nach Maßgabe des magnetischen Einflusses.

      Mein Oheim schaute, dann rieb er sich die Augen und schaute von Neuem. Endlich wendete er sich voll Erstaunen nach mir hin.

      »Was ist vor?« fragte ich.

      Er deutete mir an, das Instrument zu untersuchen. Es entfuhr mir ein Ausdruck der Überraschung. Die Nadel zeigte Norden da, wo wir Süden vermuteten! Sie drehte sich nach dem Ufer zu, anstatt aufs volle Meer hinzuweisen!

      Ich schüttelte den Kompaß, untersuchte ihn; er war in vollkommenem Zustand. In welche Lage man die Nadel bringen mochte, sie nahm hartnäckig die unerwartete Richtung.

      Also, es war kein Zweifel mehr – während des Sturms war der Wind umgeschlagen,

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