Genusstouren durch die deutschen Weinregionen. Claudia Weber
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Größer als jedes andere Fass auf Erden sollte es werden, das Weinfass des Pfalzgrafen Johann Kasimir. Nach dem Tod seines Bruders, Kurfürst Ludwigs VI. von der Pfalz, übernahm er 1583 als Vormund seines neunjährigen Neffen Friedrich die Regentschaft über die Kurpfalz. Der Landauer Küfer Michael Werner wurde mit dem Bau des Fasses beauftragt. Nach mehrjähriger Arbeit stellte er 1591 ein Fass fertig, in das 127 000 Liter Wein passten. Es war so gigantisch, dass im Heidelberger Schloss erst ein passender Lagerraum gebaut werden musste: der Fassbau unmittelbar neben dem Königssaal. Das war vor allem bei großen Festen praktisch, denn so konnte schnell für Nachschub gesorgt werden, wenn der Wein in den Gläsern knapp wurde. »Fürwahr, dieses Werk ist bei Gott wert, dass man’s besichtigt, wenn sich eine passende Gelegenheit ergibt. Solch ein Gefäß mit so großer Gabe des Weinstocks, glaub ich, gibt’s nicht, so weit der riesige Erdkreis reicht«, schrieb Pfarrer Anton Praetorius, der das überdimensionale Fass 1595 besichtigte. Welchem Zweck es diente, ist unklar; möglicherweise war es für den Zehntwein der Kurpfalz bestimmt.
Knapp 222 000 Liter Fassungsvermögen
Zwischen 1618 und 1648 wurde das Johann-Kasimir-Fass im Dreißigjährigen Krieg zerstört und das Holz verfeuert. Daraufhin gab Kurfürst Karl Ludwig 1664 ein noch größeres Fass in Auftrag. Das 195 000 Liter fassende Karl-Ludwig-Fass war oben sogar von einem Tanzboden überdeckt. Zwar überstand es die Zerstörungen des Schlosses 1688/89 und 1693, doch die nötigen Reparaturen waren nicht sonderlich erfolgreich. So wurde im Jahr 1728 das dritte Fass gebaut – mit 202 000 Litern Fassungsvermögen noch größer als seine Vorgänger, jedoch leider undicht. Sein Auftraggeber, Kurfürst Karl Philipp, brachte aus Tirol einen 100 kg schweren Kleinwüchsigen mit großem Durst mit. Der trinkfreudige Mann, der als Hofmeister und Mundschenk im Dienst des Kurfürsten stand, soll auf die Frage, ob er das Fass allein austrinken könne, geantwortet haben: »Perché no?« – »Warum nicht?« Das brachte ihm den Spitznamen Perkeo ein. Sein Denkmal steht heute neben dem Großen Fass, das bereits das vierte seiner Art ist. Es entstand 1751 unter Kurfürst Karl Theodor und hatte ein Volumen von 221 726 Litern. Leider war es genauso undicht wie sein Vorgänger und soll nur dreimal befüllt worden sein.
Inzwischen ist sein Fassungsvermögen um über 2700 Liter gesunken, da das Holz eingetrocknet ist. Dennoch ist das Große Fass im Kellergewölbe des Heidelberger Schlosses ein Publikumsmagnet und lockt jedes Jahr rund eine Million Besucher an. Sehenswert ist auch die weltberühmte Schlossruine, von der man einen herrlichen Blick auf Heidelberg und das Neckartal hat. Neben Themenführungen für jeden Geschmack lohnt sich ein Besuch des Schlossgartens und des Deutschen Apothekenmuseums. Das Schloss ist bequem per Bergbahn zu erreichen. Wer gut zu Fuß ist, kann von der Talstation in der Altstadt den gepflasterten Burgweg nutzen – zum Schloss sind es nur wenige Gehminuten.
Heidelberger Schloss • Besucherzentrum • Tel. 0 62 21/53 84 72 • www.schloss-heidelberg.de • Eintritt 7 € (Kombikarte für Bergbahn, Schlosshof, Großes Fass, Apothekenmuseum), Führungen ab 6 €
Ihringens berühmteste Lage: der Winklerberg mit seinen verwinkelten Weinbergen
Mitten im Kaiserstuhl, nicht weit von Freiburg entfernt, gibt es einen wahrlich exotischen Flecken. Zwischen den steilen Weinbergen des Ihringer Winklerbergs wachsen wilde Feigenkakteen mit süßsauren Früchten, und auf den Trockenmauern sonnen sich seltene Smaragdeidechsen. Man findet Orchideen, Gottesanbeterinnen und Rotflügelige Ödlandschrecken, die in Deutschland ebenfalls sehr rar sind. Den ungewöhnlichen Tieren und Pflanzen bieten das milde Klima und die Lavaböden eines vor 15 Millionen Jahren erloschenen Vulkans den optimalen Lebensraum.
Verwinkelte Rebterrassen
Hier gedeiht auch, was Deutschlands wärmsten Flecken berühmt gemacht hat: der edle Kaiserstühler Wein. Die erste urkundliche Erwähnung des am Kaiserstuhl gelegenen Winzerorts Ihringen stammt aus dem Jahr 962 und erwähnt bereits den Weinanbau. Den gab es dort aber vermutlich schon viel länger. Der Winzer Georg Ernst Lythin pflanzte 1813 die ersten Burgunder-, Traminer- und Muskatellerrebstöcke. Bis heute gedeihen sie an den steilen Terrassenhängen hervorragend, und das Vulkangestein verleiht ihnen ihre spezielle vulkanische Geschmacksnote. Mit rund 750 Hektar bewirtschafteter Rebfläche gehört Ihringen zu den größten Weinorten in Baden-Württemberg. Seine berühmteste Lage ist der Winklerberg, der seinen Namen der verwinkelten Rebanlage verdankt. Auf dem Winklerberg ist viel Arbeit von Hand nötig, da die steile Anlage so gut wie gar nicht mit Maschinen bearbeitet werden kann. Wer den Winklerberg selbst erkunden will, kann dies auf dem beschilderten Rundweg »Vulkanfelsgarten-Pfad«, der an einer Infotafel an der Kreuzung Winklerberg/Achkarren beginnt. Beim Aufstieg hat man einen grandiosen Blick bis zu den Vogesen, zum Schwarzwald und zum Schweizer Jura. Für den 2,4 km langen Weg sollte man gutes Schuhwerk tragen und etwa eineinhalb Stunden Gehzeit einplanen.
Tourist-Info • Ihringen am Kaiserstuhl, Bachenstr. 38 • Tel. 0 76 68/93 43 • www.ihringen-touristik.de, www.kaiserstuhl.eu
Puristische Ästhetik am Fuße des Enselbergs: Wie in der Architektur geht das Weingut Abril auch in der nachhaltigen Erzeugung ökologischer Spitzenweine neue Wege.
Am Fuße des Enselbergs, einer der Spitzenlagen am Kaiserstuhl, hebt sich der langgestreckte Bau des Weinguts Abril bei Bischoffingen in warmem Rotbraun vom Grün des Reblands ab. Um die Fassade aus korrodiertem Cortenstahl läuft ein Metallband mit knorrigem Weinrebendekor. Die klare Linienführung des Außenbaus setzt sich im Inneren fort. Dort geben großzügige, lichtdurchflutete Raumfluchten mit breiten Fensterbändern den Blick frei – nicht nur auf die Weinberge des Kaiserstuhls, sondern auch über die Rheinebene auf das Elsass und die Vogesen.
Hauptsache, ökologisch!
Herzstück des Weinguts – Kelterhaus und Pressenraum – liegen unter der Erde, wo auch Tank- und Flaschenlager, Barriquelager und Holzfasskeller untergebracht sind. Respekt vor der Natur ist oberster Leitsatz, bei der Arbeit im Weinberg und beim Ausbau der Weine im Keller. Daher ist es nur konsequent, dass das Weingut kontrolliert ökologisch und nachhaltig bewirtschaftet wird. Zum Sortenspiegel gehören Spätburgunder, Weißburgunder, Grauburgunder, Muscaris, Blauer Silvaner, Chardonnay, Müller-Thurgau und Scheurebe.
Weingut Abril • Vogtsburg-Bischoffingen im Kaiserstuhl, Am Enselberg 1 • Tel. 0 76 62/9 49 32 30 • www.weingut-abril.de
Am Fuß der Hornisgrinde, dem höchsten