Lichter in der Nacht. René Christen

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Lichter in der Nacht - René Christen

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wir heutigen Menschen müssten die Bibel nach unseren Vorstellungen entmythologisieren, um eventuell Anstößiges zu entfernen.

      • Die grammatikalisch-historische Methode ist sehr darum bemüht, uns den Bibeltext in seinem ursprünglichen, allgemein gebräuchlichen, verständlichen und damit wörtlichen Sinn zugänglich zu machen. Diese Methode will nichts wegnehmen oder hineininterpretieren. Auch dann nicht, wenn uns ein Bibeltext anstößig, fremd und (noch) rätselhaft erscheint. Sie will uns demütig und lernbereit Gottes Reden durch sein Wort im ursprünglichen Sinn aufschlüsseln. So und nur so stoßen wir zur Kernaussage und damit zur eigentlichen Absicht eines Bibelschreibers vor. So und nur so erleben wir Gott den Schöpfer durch die Bibel zu uns redend. Exakt das ist mein Anliegen mit dem vorliegenden Buch «Lichter in der Nacht». Unsere biblisch-exegetische Feinarbeit muss mit dem Studium der Bibeltexte an sich beginnen. Mit den einzelnen Wörtern, den Sätzen, dem Kontext eines Bibelabschnittes und der ganzen Bibel (inklusive Altes Testament), der Grammatik, den historischen Gegebenheiten.

      Um die prophetische Symbol- und Bildersprache des Johannes und der apokalyptischen Texte der Bibel im Allgemeinen besser zu verstehen, definiere ich als Hilfe vier verschiedene Schlüssel. Diese werden uns helfen, die Bibeltexte besser aufzuschlüsseln. Ich sage bewusst nicht «um die Bibeltexte vollends aufzuschlüsseln», denn es ist (noch) nicht möglich, alles, immer, sofort und vollständig zu entschlüsseln und zu verstehen. Zu diesen Grenzen stehen, ist befreiend und bewahrend. Es befreit vor der Verkrampfung, alles erklären und verstehen zu müssen. Es bewahrt vor einer wilden Spekulation, die uns in Unwahrheiten manövriert.

       1. Schlüssel: erklärende Sprache

      Es gibt Symbole und Bilder in der Offenbarung des Johannes, welche direkt oder indirekt im Bibeltext selbst erklärt werden. Mit «direkt erklärt» meine ich, dass da explizit steht: «Dieses Symbol oder Bild bedeutet das und das.» Mit «indirekt» meine ich, dass ein Symbol oder ein Bild im größeren Zusammenhang der Offen- barung, evtl. auch in einem anderen Buch des Neuen Testamentes, erklärt wird. Beispiele:

      • Offb 1,12: «Ich sah sieben goldene Leuchter.» Offb 1,20 erklärt dazu: «Die sieben Leuchter sind sieben Gemeinden.» Hier entschlüsselt der Bibeltext in Offb 1,20 direkt die Aussage in Offb 1,12.

      • Offb 1,16: «Und er (Gott) hatte in seiner rechten Hand sieben Sterne.» Offb 1,20 erklärt: «Die sieben Sterne sind Engel der sieben Gemeinden.» Auch hier entschlüsselt ein anderer Bibeltext direkt.

      • Offb 12,1: «Eine Frau, bekleidet mit der Sonne, und der Mond war unter ihren Füssen und auf ihrem Haupt ein Kranz von zwölf Sternen.» Dann folgt die indirekte Erklärung ab Vers 5, in welchem wir lesen, dass diese Frau einen Sohn zur Welt bringt, welcher alle Eigenschaften von Jesus Christus aufweist: Die Frau «gebar einen Sohn, ein männliches Kind, der alle Nationen hüten soll mit eisernem Stab; und ihr Kind wurde entrückt zu Gott und zu seinem Thron». Weitere indirekte Erklärungen zu dieser Frau und dem Kind: Matth 1,1 / Luk 2 / Ps 2,8 / Matth 28,18 / Luk 24,51 / Apg 1,9. Nun können wir Offb 12,1 umfassender entschlüsseln: Diese Frau ist zuerst Maria und damit auch Israel, da Maria in Israel lebte und ein Kind, Jesus Christus, zur Welt brachte. In den Detailerklärungen zu Offb 12 werden wir entdecken, dass dieser Kreis sogar über Maria und Israel hinaus erweitert werden muss.

       2. Schlüssel: alttestamentliche Sprache

      Die Symbol- und Bildersprache der Offenbarung bedient sich oft auch der Symbole und Bilder des Alten Testamentes (AT). Dieser erste Teil der Bibel war den damaligen Zuhörern sehr vertraut. Beispiele:

      • Offb 7,3: «… bis wir die Knechte unseres Gottes an ihren Stirnen versiegelt haben». Alttestamentlicher Hintergrund ist z. B. Hes 9,4: «Geh mitten durch die Stadt, mitten durch Jerusalem, und zeichne ein Kennzeichen an die Stirnen der Männer … Geht durch die Stadt, und schlagt zu … aber niemandem, an dem das Kennzeichen ist.» Entschlüsselt: Eine Versiegelung ist eine Markierung an einer Person, damit diese Person im Gericht bewahrt wird.

      • Offb 14,8: «Und ein anderer, zweiter Engel folgte und sprach: Gefallen, gefallen ist das große Babylon, das mit dem Wein seiner leidenschaftlichen Unzucht alle Nationen getränkt hat.» Alttestamentlicher Hintergrund ist 1. Mo 11,4–9: «Und sie sprachen: Wohlan, wir wollen uns eine Stadt und einen Turm bauen, und seine Spitze bis an den Himmel! So wollen wir uns einen Namen machen … Und der HERR zerstreute sie von dort über die ganze Erde; und sie hörten auf, die Stadt zu bauen. Darum gab man ihr den Namen Babel (hebräisch = verwirren); denn dort verwirrte der HERR die Sprache der ganzen Erde, und von dort zerstreute sie der HERR über die ganze Erde.» Entschlüsselt: Babylon ist im Alten Testament die Urform, das Urbild, einer verwirrten, gottlosen Gesellschaft. In der Offenbarung des Johannes wird folglich das verwirrte, gottlose und global gegen Gott sich erhebende menschlich-antichristliche Weltreich der letzten Zeit mit «Babylon» bezeichnet.

      In der vorliegenden Ausarbeitung verwende ich immer dann diesen «alttestamentlichen Sprachschlüssel», wenn ich Textstellen aus dem Alten Testament – und es werden nicht wenige sein – aufliste, welche helfen, ein Bild oder Symbol besser zu verstehen.

       3. Schlüssel: zeitgeschichtliche Sprache

      Die prophetische Symbol- und Bildersprache der apokalyptischen Bibeltexte bedient sich auch der Symbole und Bilder, welche zur Zeit der Niederschrift im alltäglichen Sprachgebrauch besonders bekannt waren. Deshalb können wir auch von einem «zeitgeschichtlichen Sprachschlüssel» reden. Beispiele:

      • Offb 5,1: «Ich sah, dass der auf dem Thron in seiner rechten Hand eine Buchrolle hielt. Sie war innen und außen beschrieben und mit sieben Siegeln verschlossen.» In der Zeit, als Johannes die Offenbarung schrieb, wurden viele Dokumente nicht in der uns heute bekannten Form als Broschüren gebunden, sondern als Buchrollen hergestellt. Als Absicherung für den Erstleser wurden diese mit Siegeln verschlossen.

      Entschlüsselt für uns heute: In der Offenbarung des Johannes geht es ab Kapitel 5 inhaltlich um ein geheimes, besonders kostbares Dokument, welches nun zugänglich gemacht wird.

      • Offb 9,14: «Löse die vier Engel, die an dem großen Strom Euphrat gebunden sind.» In der Zeit, als Johannes die Offenbarung aufschrieb, der Zeit des Römischen Reiches, bildete der Euphrat die Ostgrenze des «zivilisierten» Römischen Reiches. Östlich des Euphrats lebten die gefürchteten Parther (Perser) mit ihren Reiterheeren.

      Entschlüsselt: Mit dem Hinweis auf den Fluss Euphrat in Offenbarung 9 muss von Israel aus gesehen eine reale geografische Grenze gemeint sein – eben der Strom Euphrat –, hinter dem sich geografisch gesehen heute der asiatische Raum öffnet.

       4. Schlüssel: abstrakte Sprache

      Es gibt Aussagen in der Offenbarung und in den anderen apokalyptischen Texten der Bibel, welche mittels Symbolen und Bildern einen Inhalt sehr abstrahiert vermitteln. In diesen Texten wird nur wenig bis sehr wenig Konkretes und damit Verständliches gesagt. Es sind bloße Skizzen, welche uns da begegnen. Skizzen mit wenigen oder sehr wenigen Strichen. In der Regel rede ich bei der Detailauslegung solcher Bibeltexte auch davon, dass hier ein Inhalt bloß «skizziert» wird. Dieses Abstrahieren begegnet uns z. B. bei jenen Heuschrecken in Offb 9,3. Diese werden nicht als reale, gegen- ständliche Heuschrecken beschrieben, sondern als surreale, fantasieartige. Das merkt man schon an deren Beschreibung: Sie haben «über sich als König den Engel des Abgrundes». Auf Hebräisch heißt er Abaddon, auf Griechisch

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