Aveline Jones und die Geister von Stormhaven. Phil Hickes

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Aveline Jones und die Geister von Stormhaven - Phil Hickes страница 4

Aveline Jones und die Geister von Stormhaven - Phil Hickes

Скачать книгу

ihre Tante hatte sie ja vorgewarnt.

      Dann spülte der Schlaf über Aveline hinweg wie eine seichte Welle.

      Kapitel 2 Bücherboy

      Am Morgen verabschiedete sich Aveline von ihrer Mutter.

      »Keine Sorge, ich komme bald wieder, um dich zu retten«, flüsterte ihre Mum ihr ins Ohr und drückte sie.

      Aveline hielt ihre Mutter noch ein bisschen länger fest, bevor sie losließ. Sie spürte Tante Lilians Blick auf sich und es graute ihr vor den nächsten Tagen, aber das musste ihre Tante ja nicht wissen.

      In diesem sonderbaren alten Haus voller strenger Regeln kam Aveline sich vor, als wäre sie in die Vergangenheit zurückkatapultiert worden. Ihre Tante gehörte zwar zur Familie, aber sie waren noch nie zuvor nur zu zweit gewesen. Allein die Vorstellung war beklemmend und Aveline fühlte sich schon jetzt wie eingesperrt. Außerdem sah es ganz danach aus, als wären ihre Möglichkeiten zur Freizeitbeschäftigung hier sehr begrenzt. Mit triumphierendem Unterton in der Stimme hatte Tante Lilian verkündet, dass der Handyempfang an der Küste sehr unzuverlässig sei. Aveline wünschte, sie hätte das früher gewusst, dann hätte sie ein paar Bücher zum Lesen mitgebracht. Natürlich durfte sie den Computer benutzen, allerdings nur eine halbe Stunde am Tag. Längere Zeit vor dem Bildschirm zu verbringen, sei schädlich, hatte Tante Lilian erklärt, und das in einem Tonfall, der verriet, dass sie allgemein nicht besonders viel vom Internet hielt.

      »Ich werde heute Vormittag einen Abstecher in den Ort machen. Möchtest du mitkommen, um Stormhaven zu erkunden?«, fragte Tante Lilian, nachdem Avelines Mum abgereist war. »Es gibt da einen kleinen Buchladen, den du vielleicht interessant findest, auch wenn der Besitzer leider einen Hang zum Schwadronieren hat. Danach könnten wir uns im Café treffen. Was meinst du?«

      Der Vorschlag klang ganz in Ordnung, damit würde Aveline sich zumindest ein wenig die Zeit vertreiben können. Außerdem, das war ihr klar, bemühte sich Tante Lilian, nett zu ihr zu sein.

      Als sie vor die Haustür traten, traf eine heftige Böe Aveline wie eine Ohrfeige mitten ins Gesicht. Der Wind trieb ihr die Tränen in die Augen und sie schaffte es nur mit Mühe, sich aufrecht zu halten. Tante Lilian hingegen schien immun dagegen, denn trotz ihrer hochgewachsenen Statur schritt sie unbeirrt die Straße entlang. Der Sturm peitschte mit ungestümer Kraft die Wellen auf, die neben ihnen an den Strand spülten und sich wieder ins Meer zurückzogen.

      »Da wären wir«, sagte Tante Lilian, als sie einige Minuten später vor einer ganz normalen Haustür stehen blieb. Als Aveline sie verwirrt anschaute, deutete ihre Tante auf eine Außentreppe, die zum Keller hinabführte, wo ein verblasstes Holzschild im Wind schwankte.

       Liebermans Secondhandbücher

      Das Geschäft sah anders aus als alle Buchläden, die Aveline je gesehen hatte. Die Fenster waren mit einer dicken Schicht aus Staub und Ruß überzogen. Die Tür war so klein, dass sie auch der Eingang zu einer Hobbithöhle sein könnte. Aus einer kaputten Dachrinne tropfte Wasser, das sich am Fuß der Stufen zu einer Pfütze sammelte. Aber Avelines Neugier war geweckt. Der Buchladen war wie eine geheime Schatzhöhle voller Bücher, die nur darauf warteten, entdeckt zu werden.

      »Hast du eine Uhr, Aveline?«

      Aveline schüttelte den Kopf. »Nein, aber ich hab mein Handy«, sagte sie und hielt es hoch.

      Ein Anflug von Missbilligung huschte über Tante Lilians Gesicht. »Nun gut. Wir treffen uns um 11: 15 Uhr. Du musst nur die Straße hinuntergehen und am Ende nach rechts abbiegen, dann siehst du das Café schon, gleich gegenüber vom Hotel. Es heißt Beste Bohne. Sei bitte pünktlich. Ach, und versuch, dich von Mr Lieberman nicht in ein Gespräch verwickeln zu lassen, sonst kommst du den ganzen Tag nicht weg.«

      Mit diesen Worten marschierte Tante Lilian davon.

      Aveline stieg die Treppenstufen hinab und stieß die Tür auf. Eine Glocke klingelte. Das Bimmeln gefiel ihr, es war altmodisch und freundlich. Sollte sie je Premierministerin werden, würde sie einführen, dass alle Türen im ganzen Land eine kleine Glocke haben müssen.

      Drinnen sah man auf den ersten Blick, dass die Bücher in diesem Laden wohl nicht so bald zur Neige gehen würden. In der Mitte stand ein großer Tisch. Darauf türmten sich gefährlich hohe Bücherstapel, die aussahen, als würden sie jeden Moment umfallen. Ringsherum standen Regale, deren Bretter sich unter noch mehr Büchern bogen. Der Laden war klein und wunderbar düster, in der Luft tanzten die Staubpartikel wie goldene Feen und über allem lag der moderige Duft von altem Papier. Es war ein Ort, der Aveline sofort gefiel. Und die Chancen standen gut, dass es hier genau die Art von Büchern geben würde, die Aveline liebte.

      Sie zuckte zusammen, als hinter der Ladentheke wie aus dem Nichts ein weißhaariger, alter Mann auftauchte. »Sag nichts!«, krächzte er. Seine Stimme klang wie eine knarrende Eiche im Wind. »Pferde!«

      »Wie bitte?«, fragte Aveline.

      »Pferde«, wiederholte der Mann. »Du suchst ein Buch über Pferde. Ich bilde mir etwas darauf ein, Menschen auf den ersten Blick anzusehen, welche Bücher sie lesen – und bei dir nehme ich Schwingungen wahr, die mich sofort an Pferde denken lassen. Ich habe eine Ausgabe von Black Beauty, in tadellosem Zustand. Ich kann sie dir zu einem sehr guten Preis anbieten.«

      »Ähm, nein danke.« Aveline lächelte still in sich hinein. Er hätte mit seiner Einschätzung nicht falscher liegen können, aber sie brachte es nicht über sich, ihm das zu sagen, denn er war viel zu begeistert von seinem eigenen Ratespiel.

      »Also doch keine Pferde, was? Tja, nun, lass mich einen Augenblick nachdenken. Hm …« Der alte Mann kniff die Augen zusammen und musterte Aveline. Er war hager und groß und erinnerte sie an eine hochgewachsene Zimmerpflanze, die längst zu groß für ihren Topf geworden war. Nervös wickelte sie die Fransen ihres Schals um die Finger und wartete.

      »Ach, ich hab’s!«, rief der Mann. Staub wirbelte auf, als er mit der Faust auf die Theke schlug. »Du bist eine Entdeckerin! Ja, dein Sinn für Abenteuer hat dich hierhergeführt! Sag mir, hast du schon In 80 Tagen um die Welt gelesen? Ich habe eine gebundene Ausgabe mit wunderbaren Illustrationen, du bekommst sie fast umsonst!«

      »Ähm, vielleicht«, sagte Aveline. Sie wollte den alten Mann nicht vor den Kopf stoßen, aber was ihr Lesefutter anging, hatte sie sehr spezielle Vorstellungen. Sie atmete den Duft von tausend Büchern ein und ließ den Blick durch den Laden schweifen. »Haben Sie auch Bücher über Gespenster?«

      Wumm! Wieder ein Faustschlag auf die Theke.

      »Gespenster! Ach, natürlich, wusste ich’s doch! Genau das wollte ich gerade vorschlagen!«, rief er. »Selbstverständlich habe ich Bücher über Gespenster. Hunderte sogar. Hier gibt es Bücher über alles und jeden unter der Sonne – oder sollte ich vielleicht besser sagen unter dem Mond? Du suchst also Bücher über die Geisterstunde, hm, und alles, was nachts sein Unwesen treibt?«

      Aveline nickte erwartungsvoll. Stormhaven hatte sich von Anfang an irgendwie unheimlich angefühlt. Es konnte sicher nicht schaden, einige Nachforschungen zu den übernatürlichen Phänomenen dieses Orts anzustellen. Falls sie einem Geist begegnen sollte, wollte sie nicht unvorbereitet sein.

      »Ich heiße übrigens Ernst. Ernst Lieberman, Besitzer dieses

Скачать книгу