Rom kämpft um den Rhein. Walter Krüger
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Abb.3
Die Stammesgebiete der Germanen am Niederrhein zur Zeit der römischen Eroberungskriege 58 v.Chr. bis 50 v.Chr.
Wie man die Treverer zwischen den niederrheinischen Germanen und oberrheinischen Sweben einordnen könnte, ist schwierig zu entscheiden.
Durch das Sekundärgebiet der Mosel verfügten sie über einen abgeschlossenen Lebensraum mit natürlichen Grenzen, gebildet durch die Wasserscheiden der Eifel, Ardennen, Vogesen und des Pfälzer Waldes. Obwohl Caesar die Treverer niemals Germanen oder Sweben genannt hat, konnte er doch nicht verschweigen, dass sie sehr enge Bündnisse mit ihnen eingegangen waren. Vor allem mit den Eburonen unter Ambiorich und mit den Ubiern, ihren anderen Nachbarn. Jede Auseinandersetzung mit den Römern beginnt mit dem Hinweis darauf, dass sie sich Hilfe vom anderen Rheinufer holten. Im wissenschaftlichen Sinne haben wir es bei den Treverern mit Germanen zu tun. Zur Zeit Caesars nannten sie sich Treverer.
Sie nahmen niemals an den von Caesar angeordneten Versammlungen der keltischen Stämme teil. Dem niederrheinisch geprägten Germanenverband möchte ich sie aber nicht zuordnen.
Die belgischen Gebiete werden unterschiedlich gefärbt dargestellt, getrennt in Nord- und Südbelger. Caesar hat sie zwar als einen Stammesverband mit eigenem Landtag bezeichnet, doch haben wir anhand der Kriegszüge erkennen können, dass sich die im Süden lebenden unter Galba und die im Norden lebenden unter Boduognatus getrennt mit den Römern schlugen. Besonders die Nervier des Nordens waren mit ihren germanischen Nachbarn enger verbunden und Caesar ließ ihnen aufgrund ihrer Stärke die Freiheit etwas länger als den anderen Belgern. Offensichtlich spielte eine Rolle, dass sich die Nervier, Atrebaten und Viromanduer, also die nördlich der Wasserscheide zwischen Seine und Schelde lebenden Stämme, ihrer germanische Abstammung viel stärker bewusst waren als die südlich davon lebenden, die sich bereits stärker mit keltischen Bewohnern vermischt hatten. Bellovaker und Haeduer waren zeitweise sogar Verbündete gegen Ariovist gewesen.
Keltische Nachbarn haben die Germanen am Niederrhein nicht. Den Übergang zu ihnen bilden die südlichen Belgerstämme. Die Treverer dagegen grenzten im oberen Einzugsbereich der Mosel und der Maas an die keltischen Stämme der Lingonen und Sequaner. Einen Streitfall könnten die Mediomatriker bilden, die vielfach als keltischer Stamm bezeichnet werden und die Region um Metz bewohnt haben sollen. Die alte Reichsgrenze um 1000 und heutige Sprachgrenze geben keine erschöpfende Antwort darauf, wo sich die germanische Sprache (heute Mosel- und Rheinfränkisch) und die keltische schieden. Vielleicht verweist der Begriff Mediomatrici bereits auf eine Art Zwischenstellung zwischen beiden. Auch könnte der Grund für die Spaltung der Treverer zwischen den Anhängern Inditiomarus und Cingetorix darin begründet liegen, dass sich Teile der Stammesbevölkerung des Südens den Kelten näher fühlten als den Germanen. Insofern sind die Stämme in den Übergangsgebieten, die Sequaner, Leuker und Mediomatriker schwer in eines der beiden Großvölker einzuordnen.
Für die weiteren Betrachtungen der Kriege Caesars sollen und können aber diese ethnischen Fragen keine entscheidende Rolle spielen. Nur zum besseren Verständnis: Wenn im weiteren Verlauf der Handlungen von Germanen gesprochen wird, dann sind das unzweifelhaft die am Niederrhein und zwar beidseitig. Auch an der Mosel leben Germanen, aber sie heißen im Buch Treverer. Südlich davon nenne ich die Stämme swebisch. Dazu gehören die Mattiaker im Taunus und die Chatten an der Weser.
Nimmt man die Flusseinzugsgebiete als geografisch abgrenzbare Lebensräume an, dürfte es nur mit dem Oberlauf der Maas Probleme geben. Deren Einzugsgebiet wird so schmal und dringt so tief nach Süden vor, Teile waren noch dazu sehr unwirtlich, dass es bis zur Quelle ganz gewiss nicht mehr von Eburonen oder Condrusern bewohnt wurde. Entweder hatten sich dort Treverer oder weiter flussaufwärts Lingonen niedergelassen. Es könnte auch sein, dass das schmale Tal Niemandsland oder einfach Ödland blieb.
Im nächsten Abschnitt wende ich mich nunmehr wieder dem eigentlichen Feldzug Caesars zu, in dem er über die belgischen Gebiete hinaus an den germanischen Rhein vorzudringen gedachte.
Der Überfall auf die Atuatuker
Herkunft-wer sind die Atuatuker?
In seinem Buch „De Bello Gallico“, (liber II, 4,10) erwähnt Caesar zum ersten Male einen Stamm mit dem Namen Atuatuker (lat. Atuatuci). Von den Remern, Angehörigen des belgischen Stammes der Suessionen, die sich als Römerfreunde abspalteten, erhielt er die Information, dass die Atuatuker im Jahr 57 v.Chr. wie viele andere Stämme auch, dem Oberbefehlshaber der vereinigten belgischen Streitkräfte, König Galba, 19.000 Bewaffnete zugesagt hätten. Als Caesar den Krieg gegen die Suessionen begann, beteiligten sich jedoch die Atuatuker nicht an den Kämpfen. Jedenfalls hat Caesar sie nicht erwähnt. Erst als er gegen die nordbelgische Allianz unter Boduognatus, die aus den belgischen Stämmen der Nervier, Atrebaten und Viromanduer bestand, zu Felde zog, sagten sie angeblich ihre Hilfe zu und schickten ein Heer auf den Weg, dessen zahlenmäßige Größe unbekannt blieb. Caesar sagte „mit gesamter Macht“ (liber II, 29). Ehe die Atuatuker auf dem Schlachtfeld erschienen, hatten die Nervier den Kampf gegen die Römer bereits verloren, so dass sie unverrichteter Dinge wieder umkehren mussten. Ob das der Wahrheit entspricht, sei dahingestellt. Caesar reichte allein die Absicht der Atuatuker aus, den Nerviern helfen zu wollen, um sie als Aufständische zu betrachten und anzugreifen.
Doch wer waren die Atuatuker? Über die Herkunft dieses Stammes liefert Caesar einige sehr interessante, wenn auch kurz gehaltene Informationen.
„Sie selbst waren Nachkommen der Kimbern und Teutonen, die auf ihrem Zug in unsere Provinz (gemeint ist Gallia Transalpina) und nach Italien (wohin sie nie gelangten) ihr Hab und Gut, das sie nicht mit sich führen oder tragen konnten, diesseits des Rheins in Sicherheit brachten und eine Schutztruppe von sechstausend Mann dabei zurückließen. Diese hatten sich nach dem Untergang ihrer Stämme viele Jahre lang mit ihren Nachbarn herumgeschlagen, indem sie bald angriffen, bald sich gegen Überfälle verteidigten, und sich bei einem Friedensschluss nach allseitiger Übereinkunft diesen Raum zum Wohnsitz gewählt. “(liber II, 29)
Welcher Raum das konkret war, sagt er nicht. Alle römischen Politiker und militärischen Führer waren vertraut mit den Zügen der Kimbern und Teutonen. Fast zehn Jahre hatten diese Stämme die Republik herausgefordert. Als sie geschlagen waren und die gefangenen Anführer und Krieger nach Rom gebracht wurden, konnte zweifelsfrei geklärt werden, woher sie kamen. Aufgeschrieben wurde das bestimmt, nur hat kein Dokument überlebt. Vielleicht wollten die Römer die vielen früheren Niederlagen nach Gaius Marius Sieg bei Aix-en-Provence schnell vergessen. Dass sich dennoch die Legende verbreitete, sie seien aus dem hohen Norden von der kimmerischen Halbinsel gekommen, ist deshalb völlig unverständlich. Caesar jedenfalls, dessen Verwandter im Kampf gegen die Tiguriner gefallen war, kannte den Raum ihrer Herkunft annähernd genau und hat ihn uns übermittelt: das Niederrheingebiet. Von hier stammten die Teutonen und Ambronen.
In meinem Buch „Die Kimbern und Teutonen kamen nicht aus Jütland“ habe ich nachzuweisen versucht, dass alle am Zug teilnehmenden Stämme, die beidseitig des Niederrheins wohnten, den teutonischen Stammesverband gebildet hatten, der zwischen 109 v.Chr. und 102 v.Chr. gegen die Römer Krieg führte um die freien Zugänge zum Mittelmeer entlang der Saône und Rhone bis Marsaille (Massalia). Die Teutonen und Ambronen – letztere wurden mit den Sugambrern gleichgesetzt – verloren diesen Kampf und ihren Heerkönig Teutobodo.
Aus dessen Hauptlager mit einer etwa 6.000 Mann starken Schutztruppe hatte sich im Laufe der Jahrzehnte eine neue Stammesgruppe entwickelt, deren Einfluss ungebrochen groß blieb. Sicher waren die durch die Feldzüge angehäuften Reichtümer und die für die umliegenden Stämme hohen Kriegerzahlen dafür ausschlaggebend. Als die anfänglichen Reibereien, bedingt durch den Tod Teutobodos, beigelegt werden konnten, blieben diese Nachkommen des