Rom kämpft um den Rhein. Walter Krüger
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Rom kämpft um den Rhein - Walter Krüger страница 13
Der Angriff auf die Atuatuker 57 v.Chr.
Caesars Anlass für einen Feldzug
Ausgangspunkt für den Vorstoß Caesars nach Osten in Richtung des Rheins war die Schlacht an der Selle im Juli 57 v.Chr. Sie stellte den vorläufigen Endpunkt seines Eroberungszuges gegen die belgischen Stämme dar. Er siegte an den Ufern der Selle, die von den Römern Sabis genannt wurde, über das Heer der Nervier, die sich mit den Atrebaten und Viromanduern unter dem Feldherrn Boduognatus zum Kampf gestellt hatten. Dieser Kampf wurde im Teil II dieses Buches ausführlich beschrieben.
Die Nervier und ihre Verbündeten hatten Caesar keinen Anlass gegeben für einen Angriff auf ihr Stammesgebiet. Doch als er im Land der Ambianer stand, die sich ihm
„…mit all ihrem Besitz ohne weiteres ergaben… “ (liber II, 15, 3), erwartete er ein ebensolches Angebot von deren Nachbarn, den Nerviern. Doch die sahen keine Veranlassung, das zu tun. Allein diese Einstellung genügte Caesar als Kriegserklärung. Gerüstet hatten sich die nordbelgischen Stämme bereits, als die südlichen unter Galba ein Heer gegen den anrückenden Caesar aufstellten. Es war also bekannt, was den Römer in den Nordwesten getrieben hatte: reine Eroberungssucht.
Die Nervier hatten nach Caesars Aussage ihren östlichen Nachbarstamm, die Atuatuker, als Verbündete gewonnen. Ob ihnen das überhaupt gelungen war, und wenn ja, ob dann die Atuatuker Wort hielten und ihre Krieger in Richtung der nervischen Streitkräfte schickten, bleibt offen. Sie erreichten nach Caesar das Schlachtfeld nicht pünktlich. Das ist erstaunlich (liber II, 29). Hatte doch die treverische Reitereinheit, die Caesar unterstützen wollte, die Nervier bereits im römischen Lager kämpfen sehen und deshalb das Schlachtfeld mit dem Eindruck verlassen, die Römer seien geschlagen (liber II, 24, 4).
Dieses Geschehen kann nicht kommentarlos übergangen werden. Die Treverer, die einen viel weiteren Weg als die Atuatuker zur römischen Streitmacht hatten, waren pünktlich zur Stelle. Überall verbreiteten sie voreilig den „Sieg“ der Nervier. Ausgerechnet die in der Nähe lebenden Atuatuker marschierten so spät ab, dass nur noch die Nachricht von der Niederlage der Nervier bei ihnen ankam und sie umkehren mussten. Zweifel ob dieses Verhaltens kommen auf. Sie verstärken sich weiter, wenn man liest, dass der Stamm sofort seine Bevölkerung zur Flucht aufrief. Doch lassen wir das Caesar selbst sagen:
„…verließen alle Städte und festen Plätze und schafften ihren ganzen Besitz in eine durch ihre Lage hervorragend geschützte Stadt…“(liber II, 29, 3)
Man kann nicht übersehen, dass die Räume, in denen die Heere operierten, relativ klein waren. Caesar brauchte drei Tage von Amiens bis zur Selle. Es handelt sich um eine Strecke von 97km und sie entspricht mit etwa 32km der Marschleistung römischer Legionen vollauf. Der benutzte Fernweg kreuzte am Schlachtfeld den Fluss. Er führte den Sieger danach schnell weiter zum 27km entfernten Bavay, wo die Verhandlungen mit den Stammesältesten der Nervier stattgefunden haben könnten, wofür ein weiterer Tagesmarsch nötig war. Ohne mich jetzt bereits festlegen zu wollen, welcher Ort im Land der Atuatuker es war, den Caesar angriff, hätte er seine Legionen von Bavay in ein bis drei Tagen nach Binche und bis Namur führen können; also in einer kurzen Zeit. Wie konnte es den Atuatukern möglich gewesen sein, ihre verspäteten Truppen, die vielleicht schon auf der Höhe von Bavay standen, sofort zu wenden? Waren ihnen flüchtende Nervier begegnet? Wie gesagt, sie marschierten noch am Tag der Schlacht oder höchstens einen Tag später zurück. Gleichzeitig soll es ihnen gelungen sein, die gesamte Räumung ihres Stammeslandes in eine feste Siedlung zu veranlassen und durchzuführen? Caesars Darstellung ist ganz und gar unglaubwürdig. Zumal die Atuatuker ja noch gar nicht wussten, dass er überhaupt Legionen gegen sie in Marsch setzen würde.
Die Wirklichkeit könnte so ausgesehen haben, dass Caesar, enttäuscht über die Härte und den Opferreichtum der Schlacht an der Selle, nicht in der Lage war, das Land der Nervier vollständig zu unterwerfen, wie er es mit den südlichen Stämmen der Belger tun konnte.
…Er ließ sie auch im Besitz ihres Landes und ihrer Städte und verbot den Nachbarn und deren Abhängigen, sie zu belästigen oder zu misshandeln. “ (liber II, 28, 3)
Ihm fehlte die Beute für seine eigene Kasse und für die Legionäre. So entstand sein Plan, schnell Richtung Rhein vorzustoßen, wenn auch nur ein Stück, den östlichen Nachbarn der Nervier Angst einzuflößen, ein Exempel zu statuieren und reiche Beute zu machen. Caesar suchte einen Ausweg aus der unrühmlichen Lage und fand ihn in einem Raubzug.
Der Vorstoß und die Wahl des Weges
Es gab nur einen Weg nach Osten, der für eine solch große Armee, wie sie Caesar befehligte, infrage kam: der bereits lange bestehende und viel genutzte Fernweg von Boulogne-sur-Mer nach Neuss am Rhein. Auf der Abb.5 wird die Wegeführung dargestellt.
Ein anderer führte von Bavay über Avesnelles, einem nervischen Oppidum in einer fruchtbaren Landschaft, nach Ciney in den Ardennen, links der Maas. Doch dorthin zog es den Feldherrn nicht, denn er hatte sich für den Vorstoß zum Rhein entschieden. Das belegen alle weiteren Handlungen.
Auf diesem Weg befand er sich bereits, als er an der Selle anlangte und nach der Schlacht weiter zog bis Bavay. Selbst wenn die Verhandlungen mit den Nerviern in Avesnelles stattgefunden haben sollten, wäre er in kurzer Zeit über den Fernweg, der aus Reims kommt, innerhalb eines Tages in Bavay angekommen. Welche Orte der Atuatuker lagen an diesem Fernweg?
Einer davon müsste der sein, den er angegriffen und erobert hatte. An Caesars Seite befanden sich insgesamt 8 Legionen (liber II, 19), d.h. ohne Tross und Hilfskräfte waren das mindestens 40.000 bis 45.000Mann. Mit Hilfskräften noch mehr. Diese Legionen und ihre Hilfsvölker einschließlich der Tiere mussten permanent versorgt werden. In diesem nervischen Gebiet, in dem die Römer standen, waren die Vorräte bereits vom Stammesheer aufgebraucht worden. Mit ausreichendem Nachschub war nicht zu rechnen, auch wenn er die Remer dazu verpflichtete.
Abb.5
Caesar auf dem Fern weg von Boulogne-sur-Mer (Gesoriacum) nach Neuss mit den Schlachtorten an der Selle und vor Atuatuka/ Binche
Unter diesem Gesichtspunkt kann man davon ausgehen, dass Caesar sein Heer nicht beisammen halten konnte. Zu allererst galt es, sich um die Verwundeten nach der Schlacht an der Selle 57 v.Chr. zu kümmern. Dazu bedurfte es großer Legionslager. Zum anderen mussten die geschlagenen Nervier, Atrebaten und Viromanduer gezwungen werden, so bald wie möglich Nahrungsmittel heranzuschaffen. Und schließlich war der Vorstoß nach Osten dazu angetan, einen Teil der Legionen in Bewegung zu setzen zu neuen Gebieten, in denen beschafft werden konnte, was sie benötigten. Da Caesar die starken Nervier besiegt hatte, fürchtete er den viel kleineren Stamm der Atuatuker nicht. Auf die lockende Beute habe ich schon hingewiesen. Sie fand man jedoch nicht in den verstreut liegenden Gehöften und Weilern, sondern dafür wären Siedlungen oder befestigte Plätze vorzuziehen.
Wie zuvor bereits erwähnt, gab es östlich von Bavay zwei