Sorgenkind Kita. Petra Görgen

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Sorgenkind Kita - Petra Görgen

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sich mit der Geschichte des Kindergartens bereits intensiver auseinandergesetzt haben (oder vielleicht auch einfach nur an ihre eigene Kindheit denken) mit gemischten Gefühlen auf eine Zeit zurück, in der alles noch so anders war als heute.

      Eltern hätten gerne die Wahl zwischen den vielen unterschiedlich geführten Einrichtungen. Sie möchten ihr Kind in einem Kindergarten unterbringen, mit dem sie sich voll und ganz identifizieren können. Leider sieht die Realität anders aus. Kriterien für eine Anmeldung sind nicht etwa der pädagogische Ansatz, das Bauchgefühl beim Betreten der Räumlichkeiten oder, ob einem das Personal sympathisch und kompetent erscheint. Maßgebend sind die Ortsnähe, der Kostenfaktor und vor allem die Verfügbarkeit eines Platzes. So sind Eltern oft gezwungen, ihr Kind dort abzugeben, wo sie es eigentlich gar nicht unterbringen wollen. Das alleine birgt ein hohes Konfliktpotential. Dieses Gefühl der Ohnmacht, die Unsicherheit, ob man sich wirklich im Sinne des Kindes entschieden hat, die Ungewissheit, ob es ihm dort, wo es sich oft mindestens sieben Stunden am Tag aufhält, auch wirklich gut geht, ist wahrscheinlich ein Grund, warum Sie dieses Buch in Händen halten.

      Ausbildung früher und heute

      Ab dem 17. Jahrhundert existierte der Beruf der „Gouvernante“. Diese war meist eine Tochter aus gebildetem Hause, die ihr erworbenes Wissen an Kinder weitergeben sollte. Sie arbeitete bei den jeweiligen Familien. Es entwickelte sich nach und nach der Beruf der Kinderbetreuerin, die Kinder verschiedener Familien in Einrichtungen außerhalb ihres Elternhauses betreute. Bis ins 20. Jahrhundert hinein war die privat engagierte Kinderbetreuerin oft eher eine „Lehrerin“ für die gehobene Gesellschaftsschicht. Parallel dazu entstand der Beruf der „Kindergärtnerin“, der ab 1836 sogar eine spezielle Ausbildung im Vorfeld forderte.

      „…Die Zugangsvoraussetzungen zur Aufnahme in die Kindergärtnerinnenausbildung waren im Allgemeinen Folgende: ein ständig neu bestimmtes Mindestalter, eine hohe Schulbildung - beispielsweise ein Abschlusszeugnis einer höheren Mädchenschule -, ein Lebenslauf, ein Attest über den gesundheitlichen Zustand und die Gesangsfähigkeit sowie die Bezahlung von Schulgeld. Die Ausbildung zur Kindergärtnerin dauerte ein Jahr und beinhaltete theoretische sowie praxisbezogene Unterrichtsfächer, wie Pädagogik, Menschenkunde, Religion, Geschichte, Fremdsprachen, Zeichnen und Singen. Um die Kindergärtnerinnen außerdem in ihrer Berufstätigkeit durch Bildungsveranstaltungen unterstützen zu können, wurden zahlreiche Seminare und Fortbildungskurse angeboten. Durch den Besuch weiterführender Seminare haben sich auch Lehrer und Lehrerinnen für den Beruf der Kindergärtnerin qualifiziert. Den Berufseinstieg fanden Kindergärtnerinnen nicht nur in der öffentlichen Kleinkinderziehung, sondern auch im privaten Haushalt bürgerlicher Familien.“ (Gisela M. Gary)

      Ende der 1960er Jahre wurden sozialpädagogische Ausbildungsgänge gefordert. Um „Staatlich anerkannte Erzieherin“ zu werden, brauchte man einen mittleren Reifeabschluss, mindestens eine einjährige Berufserfahrung und eine dreijährige Ausbildung, die aufgeteilt war in zwei Jahre Theorie und ein Jahr Praxis. Das ist bis heute so geblieben. Seit den 1970er-Jahren ist der geforderte Schulabschluss vor Beginn der Ausbildung deutlich niedriger als früher. Manche Bundesländer spielen sogar mit dem Gedanken, die Ausbildungsdauer noch mehr zu verkürzen, um den Beruf an sich attraktiver zu machen und schneller Erzieherinnen auf den Markt zu bringen. Man kann ganz offen sagen, dass es gerade deshalb in vielen Einrichtungen an geistigem Niveau mangelt. Der Grund dafür ist, dass das Personal zwar meist fachlich ausgebildet wurde, aber im Normalfall intellektuell auf dem Stand eines Haupt- oder Realschülers stehengeblieben ist.

      „Um ein siebenjähriges Kind zu erziehen und zu bilden, wird heute vom pädagogischen Personal ein Universitätsabschluss mit anschließendem Referendariat verlangt. Für die Erziehung und Bildung eines sechsjährigen Kindes aber reichen ein Realschulabschluss und eine anschließende dreijährige Ausbildung, wovon ein Jahr manchmal sogar noch ein weitgehend unbegleitetes Praktikum ist. Soll der Bildungsauftrag der Kindertagesstätten ernst genommen werden, scheint es dringend notwendig, die Ausbildung der Erzieherinnen und Erzieher zumindest auf Fachhochschulniveau anzuheben.“ (Helga Ostendorf)

      Die Berufserfahrung täuscht zwar über Vieles hinweg, aber beim Auswählen von Spielen, Projekten, Literatur, Liedern oder alleine im Kommunikations- und Erziehungsverhalten mit dem Kind erkennt man deutliche Defizite. Auch andere Bereiche leiden unter all diesen fehlenden Kompetenzen. Wir stellen schlicht und ergreifend häufig eine geistige und emotionale Überforderung in diesem Berufsfeld fest. Das Bildungsniveau der Erzieherin hat aber einen deutlichen Einfluss auf die Qualität der Arbeit mit Kindern, wobei dieses nicht alleine ausschlaggebend ist. Ich möchte betonen, dass natürlich auch Fachkräfte, die weder Abitur noch einen Hochschulabschluss besitzen, durchaus Herzenswärme, Stressresistenz, Ausdauer und Leidenschaft mitbringen. Wenn es aber um das Thema Bildung und Wissensvermittlung geht, so zeigen sich deutliche Unterschiede zwischen regulär ausgebildeten Kräften und Hochschulabsolventen.

      In Schweden und Frankreich, auch in anderen Ländern, wird daher, ähnlich wie für LehrerInnen, ein 5-jähriges Hochschulstudium gefordert, um mit Kindern arbeiten zu dürfen. Das hat vor allem damit zu tun, dass man sich in diesen Ländern sehr auf den Vorschulbereich konzentriert, der im Allgemeinen dort bereits ab dem 4. Lebensjahr beginnt. Übrigens: In vielen Ländern verdienen Erziehende und Grundschullehrkräfte nahezu Dasselbe und das Ansehen in der Bevölkerung ist entsprechend hoch. So sehen die Ausbildungsdauer und das Ausbildungsniveau in europäischen Ländern aus:

Frankreich:5-jähriges Studium
Italien:5-jähriges Studium
Schweden:5-jähriges Studium
Deutschland:2- oder 3-jährige Ausbildung
Großbritannien:1-jährige Berufsfachschule

      Studierte Sonderpädagogen am Wickeltisch?

      In den meisten deutschen Kindergärten arbeiten KinderpflegerInnen, HeilerziehungspflegerInnen, ErzieherInnen, studierte Sozial- und HeilpädagogInnen, Ergänzungskräfte und Praktikanten in ein und derselben Gruppe. Leider sind bei der Betreuung der Kinder oft „alle gleich“. Die Kinderpflegerin übernimmt manchmal dieselben Aufgaben wie die Erzieherin, bekommt aber deutlich weniger Gehalt und hat, zumindest theoretisch, auch nicht dieselben Rechte. Studierte HeilpädagogInnen stehen genauso oft am Wickeltisch wie alle anderen auch und die Erzieherin leitet spezielle Angebote, die besser von einer höher ausgebildeten Fachkraft abgedeckt würden. Es würde viel mehr Sinn machen, jeden ganz konkret in seinem Bereich einzusetzen. Und das möglichst ausschließlich. Die Heilpädagogin widmet sich mit speziellen Angeboten den Kindern, die besonderer Förderung und Betreuung bedürfen. Die Erzieherin ist zuständig für die Leitung der Gruppe, das Durchführen diverser einfacher Angebote, die Aufsicht der Kinder und für das Dokumentieren und Planen. Die Kinderpflegerinnen hingegen leiten keine Gruppe und keine Praktikanten an. Sie sind im Hygienebereich tätig und arbeiten den Kolleginnen zu. Ihre Ausbildungszeit ist die kürzeste, ihr Gehalt das niedrigste. Die Sozial-, Sonder- und Heilpädagoginnen sollten den Vorschulbereich abdecken (Sprache, Inklusion, Naturwissenschaften etc.) und ggf. zusammen mit der Leitung (nach Absprache mit dem restlichen Personal) spezielle Elterngespräche führen. Den musischen Bereich sollten nur Profis übernehmen, also Musiker und Künstler - im Idealfall Fachkräfte, die eine zusätzliche musikalische oder künstlerische Ausbildung genossen haben.

      Diese wenigen Beispiele zeigen, dass es eigentlich nicht sinnvoll ist, alle Fachkräfte in gleicher Weise einzusetzen. Wenn jeder seine festen Aufgaben hat, die seiner Kompetenz entsprechen, sind alle zufriedener und es herrscht zudem mehr Klarheit. Sicher ist es sehr schwierig, das alles in die Tat umzusetzen. Aber wenn jeder alles macht, kann keine Qualität entstehen. Wenn Sie eine neue Hüfte benötigen, lassen Sie ja auch nicht Ihren Dermatologen die OP durchführen, auch, wenn dieser sicher in vielen medizinischen Bereichen grundausgebildet wurde. Spezialist ist der Orthopäde als Facharzt, der in vielen Jahren seine Erfahrungen auf diesem Gebiet gesammelt hat.

      Welche Kompetenzen benötigen Fachkräfte?

      Aus Kostengründen wurde in den letzten Jahren der Ausbildungsstandard für Kita-Fachkräfte nach unten

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