ATEMZUG. Eveline Keller

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу ATEMZUG - Eveline Keller страница 12

ATEMZUG - Eveline Keller

Скачать книгу

ansehen müssen. Diese Gutmenschen, die sich für die Resozialisierung von Straffälligen einsetzten. Die einen, um ihren Hang zur selbstlosen Liebe zu kultivieren, hoffend einen Platz im Himmel zu sichern, und die anderen, um sich für die Wiederwahl in Szene zu setzen. Er und seinesgleichen diente ihnen da lediglich als Steigbügelhalter.

      Er würde den selbstgefälligen Verein nicht vermissen. Obwohl, die eine Sozialarbeiterin hatte ein Figürchen zum Träumen. Arnie leckte sich die Lippen. Seine Fantasien wurden vom Brummen eines sich nähernden Autos unterbrochen.

      Aha, da kam Liz.

      Der Fiat hüpfte wie ein aufgeblasener Floh über die Landstraße. In eine Staubwolke gehüllt brauste sie über den Platz und hielt in sicherer Distanz an. Sie stieg aus, warf die Tür zu und kam auf ihn zu.

      Erwartungsvoll schaute er sie an. »Hallo, Schätzchen«, grüßte er.

      »Hallo Arnie«, schnappte sie.

      »Na, wie geht’s, wie stehts? Die Kinder gesund und munter?«

      Wie sie es hasste, wenn er das Bild des besorgten Familienvaters gab. »Das geht dich nichts an. Ich konnte dein geheucheltes Interesse noch nie ausstehen. Du wirst nie als liebender Vater in die Annalen der Geschichte eingehen. Aber das weißt du besser als ich. Also lass die Kinder aus dem Spiel.« Sie griff entschlossen in ihre Handtasche. »Bringen wir es hinter uns.«

      »Das wollte ich auch gerade sagen. Sowie du mir die Kohle rüberschiebst, werde ich – Simsalabim - verschwinden, wie der Geist aus der Flasche.« Er schnippte mit den Fingern. »Auf Nimmerwiedersehen«. Er hatte es nun eilig.

      »Ich werde dir keine Träne nachweinen, sondern tanzen vor Glück«, bemerkte Liz.

      War es der Ton, wie sie es sagte, oder eine Vorahnung, die ihn aufhorchen ließ. Im nächsten Augenblick wurden seine Augen kugelrund und er blinzelte, als könne er nicht glauben, was er sah. Sie hatte ihre Hand aus der Tasche gezogen und hielt ihm statt des erwarteten Geldbündels einen Revolver vor die Nase. Er schluckte und schluckte, plötzlich lag ihm ein Kloss im Hals. Seine liebliche, kleine Ex-Frau, die keiner Fliege etwas zuleide tun konnte, würde ihn abknallen. Und an der Art, wie sie die Schusswaffe handhabte, war sie darin nicht ungeübt.

      »Du hast die Wahl: Verschwinde für immer aus meinem Leben und dem der Kinder. Solltest du dich noch einmal blicken lassen, werde ich dich mit dem Ding hier in die ewigen Jagdgründe befördern. Und stell mich nicht auf die Probe, es juckt mich eh in den Fingern. Hast du verstanden?«

      »Was? Natürlich! Kein Problem!« Händeringend kam er einen Schritt auf sie zu. »Das ist doch kein Grund die Nerven zu verlieren. Ich verschwinde spurlos. Darauf kannst du wetten. Bin so zusagen auf dem Sprung und schon fast in einem anderen Leben.« Leicht melancholisch und gekränkt, über ihr knallhartes Ultimatum, deutete er vor sich auf den Boden. »Du siehst mich heute hier zum letzten Mal.«

      In Liz' Gesicht regte sich äußerlich kein Muskel, während sie abwägte, ob sie ihm glauben konnte. Sie zweifelte nicht unbegründet an seinem Versprechen. »Hm, ich überlege gerade. Was, wenn du mich wie immer belügst? Wieso sollte ich dir diesmal glauben? Besser ich erschieße dich gleich hier und jetzt. Das ist sicherer.« Liz legte an. »Früher oder später wird dich dein krimineller Lebenswandel sowieso umbringen. Das hättest du dann schon hinter dir. Eigentlich erweise ich dir damit einen Gefallen. Du, das geht ruck, zuck. Ich mach es so, dass es gar nicht wehtut. Das ist viel schmerzfreier, als wenn du einem deiner Widersacher in die Hände fällst. Die würden dich genüsslich zu Tode quälen. Es spricht also alles dafür.« Sie zielte über Kimme und Korn.

      »Nein, nein!« Arnies Hände schossen zum Stoppzeichen hoch. Die dumme Kuh kapierte aber auch gar nichts! Seine Zunge fuhr nervös über seine Lippen. »Das ist keine gute Idee. Gar keine! Das belastet nur unnötig dein Gewissen. Tu es nicht! Ich bleibe ganz sicher weg. Bedenke: Mord! Das ist keine gute Basis für den Beginn eines neuen Lebens. Das bringt Unglück!« Er verhaspelte sich vor Aufregung. Schweißtropfen bildeten sich auf seiner Stirn. »Stell dir vor, was das für ein schlechtes Karma ergäbe. Ein Mörderleben, das du sieben Leben lang abbüßen müsstest. Das ist nicht gut. Glaub mir. Gar nicht!«

      Arnie schüttelte den Kopf wie ein Autodackel. Mit einer fahrigen Bewegung wischte er sich über die Stirn. »Schau Kleines. Liz! Ich bin doch so gut wie weg!« Mit den Händen abwinkend bewegte er sich rückwärts auf sein Fahrzeug zu.

      »Halt! Wir sind noch nicht fertig. Ich sag, wenn du gehen kannst!« Sie hob drohend den Revolver und Arnie stoppte.

      »Vielleicht ist es wirklich besser den Vater meiner Kinder nicht zu erschießen«, überlegte sie laut. »Wegen des Karmas.« Dann legte sie den Kopf zur Seite und fragte: »Hast du nicht etwas vergessen?« Sie griff erneut in ihre Tasche und brachte ein Bündel Geldnoten zum Vorschein. Verächtlich warf sie es Arnie vor die Füße. »Ich will doch sicher gehen, dass du hier wegkommst. Na los, heb es auf!«

      Arnie bückte sich umständlich ohne Liz aus den Augen zu lassen. Er hob das Bündel auf und wägte es in seiner Hand ab. »Das sind keine zehn Riesen. Willst du mich verscheißern? Du Nu…!« Doch als er sah, dass sie den Revolver anlegte, verstummte er wütend.

      Sie zielte: »Ich kann ja noch ein paar Kugeln drauflegen.«

      »Nein, nein. Lass das! Aber, das ist Betrug. Das wirst du mir büßen!«

      Nun geschah genau das, was Liz befürchtet hatte. Ihr platzte der Kragen. Sie drückte ab. Die Kugeln schlugen einen halben Meter vor Arnies Füssen ein. Er machte erschrocken einen Satz auf die Seite. »Als Gedächtnisstütze, du Mückenhirn! Wenn ich dich noch einmal hier sehe, lege ich dich um. Dasselbe gilt für die Jungs. Wenn Du noch einmal in ihre Nähe kommst, lege ich dich um. Und wenn Du noch einmal im Warenhaus auftauchst, lege ich dich auch um. Ist das jetzt bei dir angekommen?«

      »Klar. Meine Güte bist Du stur.«, brummte er und wies auf den Revolver:« Pass auf mit der Waffe. Damit könntest du jemanden verletzen.«

      »Kein Problem. Dich könnte ich jederzeit verletzen, ohne Reue. Im Gegenteil, ich würde der Welt einen Gefallen tun. Alle würden mir dankbar die Hand schütteln. Ich wäre geradezu eine Heldin. Wenn ich es mir recht überlege, sollte ich dich doch besser erschießen. Ist ein schneller Tod. Kurz und schmerzlos!« Liz hob den Revolver fragend in seine Richtung.

      »Komm, mach keinen Scheiß! Ich bin es, Arnie! Dein dich liebender Ex-Mann. Weißt du, ich habe nie so richtig begriffen, warum du mich nicht mehr liebst. Ich meine, echte Liebe kann man doch nicht einfach ausknipsen wie einen Lichtschalter? Hast du kein Herz in deiner Brust? Du bist so hart geworden.« Beschwörend zu Beginn, schwenkte sein Ton um auf vorwurfsvoll.

      Liz blinzelte. Hörte sie da richtig? Das konnte nicht sein Ernst sein! Mit dieser alten Platte bei ihr punkten zu wollen. Das war typisch für ihn. Wenn er nicht mehr weiterwusste, legte er die Sülze ganz dick auf. Er berührte sie damit schon lange nicht mehr. Bittere Enttäuschungen hatten sie gestählt gegen seine schmachtenden Augen. Genug! Für wie einfältig hielt er sie denn? Ruhig Blut! Sich nur nicht provozieren lassen! »Hau einfach ab bevor ich dich aus Wut mit Kugeln vollpumpe!«

      Sie war der friedlichste Mensch auf Erden, überzeugte Pazifistin und praktizierende Nächstenliebe-Vertreterin. Aber genug war genug. Sie hatte es so satt!

      Ihre Botschaft war angekommen. Arnie trollte sich und schlug die Autotür zu. Sie ließ ihn nicht aus den Augen und bewegte sich rückwärts zu ihrem Fiat. Sie warf ihre Tasche auf den Nebensitz, ließ kurz den Motor aufheulen, wendete schwungvoll und verschwand in einer Staubwolke.

      Arnie sah ihr nach,

Скачать книгу