Private Ermittler - 2000 Seiten, 16 Krimis in einer Sammlung. Alfred Bekker
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Das ist es also!, dachte Lorant. Das Motiv für einen Mord.
Rache...
Lorant sah weitere Ausschnitte durch.
Einer enthielt auch ein Bild von Kaminski.
Etwas dicker war er damals gewesen.
MOTORRADFAHRER ÜBERLEBTE SCHWEREN UNFALL, stand unter dem Bild. Es hatte sogar ein Gerichtsverfahren gegeben. Kaminski hatte die Schuld an dem Unfall bekommen. Unter anderem war ihm ein einjähriges Führerscheinverbot aufgebrummt worden. ANGEKLAGTER BRICHT BEI PROZESS VOR DEM VERKEHRSGERICHT ZUSAMMEN: SIE WAR DOCH DIE GROßE LIEBE FÜR MICH...
Die Boßel-Freunde waren von jeder juristischen Mitverantwortung freigesprochen worden.
Die alleinige Schuld an dem Unfall wurde der überhöhten Geschwindigkeit des Motorrads und der mangelnden Aufmerksamkeit des Fahrers angelastet.
Und dieser amtlich beglaubigten Schuldzuweisung hatte Kaminski offenbar nicht leben können. Manche brachten sich in derartigen Situationen selbst ums Leben. Andere versuchten, die Gerechtigkeit auf ihre Weise wieder herzustellen. Oder das, was sie dafür hielten. Lorant hatte derartige Fälle schon als Akten auf dem Schreibtisch gehabt. Damals, in seiner Polizei-Zeit.
Mord und Selbstmord. Manchmal nur zwei Seiten ein und derselben Medaille.
Melinda alias Frauke Oltrogge muss die Zusammenhänge geahnt haben, als sie meinem Gespräch mit Tjaden zuhörte, überlegte Lorant. Ein motorradfahrender Rächer, für den Boßeln etwas mit Tod zu tun hat. Darüber wollte sie vermutlich mit mir reden.
Lorant sah sich weiter um, nahm sich den anderen Flügel des Schranks vor.
Was er dort entdeckte, überraschte ihn nicht mehr im Mindesten.
Boßel-Kugeln.
Nagelneu.
Insgesamt acht Stück.
Wie ich sehe, hattest du noch eine Menge vor, Kaminski!, dachte Lorant.
––––––––
38.
Lorant griff zum Handy, überlegte kurz, ob er die Nummer der Auricher Kripo wählen sollte, um Steen eins auszuwischen. Aber nein, dachte er dann, du bist der Sieger, du hattest Recht und du musst niemandem mehr etwas beweisen, Lorant! Also sei ein großzügiger Sieger. Leben und leben lassen. Keine gute Devise?
Es gab da einen James-Bond-Film, der einen geringfügig anderslautenden Titel trug.
Leben und sterben lassen.
Die Versuchung war wirklich groß, Steen eins reinzuwürgen. Lorant überwandt seinen inneren Schweinehund und wählte Steens Nummer.
Das Schicksal meinte es gut mit Lorant.
Jansen war am Apparat.
"Ist Hauptkommissar Steen nicht da?"
"Hat schon Feierabend."
"Dann haben Sie jetzt Ihren großen Auftritt, Jansen."
Lorant erläuterte ihm in knappen Worten, worum es ging und dass sofort jemand herkommen müsste, um die Beweise zu sichern. Beweise gegen den wahren Boßelkugel-Killer.
Plötzlich hörte Lorant auf sprechen.
"Sind Sie noch dran?", fragte Jansen in sein Ohr hinein.
Lorant glaubte, ein Geräusch gehört zu haben. Eine Fußbodenbohle hatte geknarrt, wie durch einen ungeschickten Schritt.
Lorant wirbelte herum.
Die Tür flog zur Seite.
Kaminski stand da, mit offenem Mund und weit aufgerissenen Augen. In den Händen hielt er einen nagelneuen Baseballschläger. Das Preisschild war noch dran. Nur einen Sekundenbruchteil brauchte der Tätowierte, um die Lage zu erfassen. Er schwang den Schläger wild durch die Luft. Eine Lampe ging zu Bruch. Das Holz sauste nieder. Lorant versuchte auszuweichen, so gut es ging, bekam aber doch etwas ab. Schmerzhaft knallte das Holz des Baseballschlägers gegen seinen Ellbogen.
Schreiend ließ Lorant das Handy los.
Jansens Stimme klang jetzt wie das Zirpen einer Grille.
Lorant wich zurück. Ihm blieb nur der Weg Richtung Fenster.
"Bleiben Sie ganz ruhig, Kaminski!", sagte Lorant, aber er fand selbst, dass er nicht sonderlich überzeugend dabei klang.
Schweiß stand auf der Stirn des Tätowierten.
Er packte den Baseballschläger mit beiden Händen, ließ das Holz nach vorn zucken. Lorant wich noch einen weiteren Meter zurück. Viel mehr Platz war auch gar nicht.
Verlass dich auf deine stärkste Waffe!, durchzuckte es Lorant. Dein Mundwerk!
"Ich kann verstehen, was Sie durchgemacht haben!"
"Quatsch nicht herum!"
Kaminski stürzte auf Lorant zu, den Baseballschläger in beiden Händen. Lorant taumelte zurück, wich zur Seite. Seinen Schlag konnte Kaminski nicht mehr stoppen. Das Hartholz zertrümmerte die Fensterscheibe. Lorant versetzte ihm einen Stoß. Schreiend stolperte Kaminski über die ziemlich niedrige Fensterbank. Lorant schloss instinktiv eine Sekunde lang die Augen, um sich vor den Glassplittern zu schützen.
Im nächsten Moment war Kaminski nicht mehr da.
Lorant sah aus dem zerstörten Fenster und sah ihn unten in eigenartig verrenkter Haltung auf dem Boden liegen.
Er hatte Erfahrung genug in diesen Dingen, um zu wissen, dass Kaminski nicht mehr lebte.
––––––––
39.
"Er hat mich angegriffen", sagte Lorant, als Jansen mit ein paar Beamten eingetroffen war. Er hatte dem Kripo-Mann ausführlich von seinen Ermittlungen und der Auseinandersetzung mit Kaminski berichtet.
"Dem äußeren Anschein nach haben Sie Recht", wich der Kripo-Beamte aus.
"Sie werden feststellen, dass alles genau so war, wich ich es Ihnen gesagt habe."
"Bleiben