Sammelband 7 Krimis: Tuch und Tod und sechs andere Thriller auf 1000 Seiten. Alfred Bekker
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„Dann schlage ich vor, dass du deine alten Kontakte reaktivierst, damit wir Näheres wissen.“
„In Ordnung“, bestätigte Mark Lange.
„Ich könnte auch etwas übernehmen“, meinte Vanessa. „Ich weiß, dass du mich für’s Büro bezahlst, Robert, aber im Moment ist da nichts Dringendes zu tun.“ Berringer wandte sich an Vanessa.
„Sind die Daten für die Umsatzsteuervoranmeldung schon beim Steuerberater?“
„Ja. Sonst wäre es jetzt auch schon zu spät.“
„Dann fahr du bitte zu diesem Rahmeier-Hof, wo der Gerath seine Pferde untergebracht hat. Wer immer ihn auch ins Visier genommen haben mag, er muss vorher genau über die Gewohnheit seines Opfers Bescheid gewusst und sich vielleicht auch bei der Hofbesitzerin oder ihrem Personal erkundigt haben.“
„Ich werde mich dort umhören“, versprach Vanessa.
„Und ich werde mich mit Björn Dietrich von der Kripo Krefeld in Verbindung setzen“, kündigte Robert Berringer an.
2. Kapitel: Herzblut – Pferdeblut
Berringer verabredete sich telefonisch mit seinem Ex-Kollegen Björn Dietrich von der Kripo Krefeld. Er fuhr rechtzeitig los und war bereits in der Innenstadt, als sein Handy klingelte. Es war Dietrich. Er musste noch kurz weg, der Termin verschob sich um eine Stunde.
„Tut mir leid, Berry.“
„Schon gut.“
Gar nichts war gut. Berringer nutzte die Stunde, um im CaféIN an der Ecke Marktsraße/Königstraße einen Espresso mit ein paar Tropfen Zitrone zu trinken. Das CaféIN hatte sich die italienische Lebensart auf die Fahnen geschrieben und pries sich darüber hinaus als eine „Apotheke“ der besonderen Art an: So wurde dort zum Beispiel Espresso mit Zitrone als Mittel gegen Kopfschmerzen verordnet.
Wenn ich hier öfter hingehe, werde ich noch medikamentenabhängig, dachte Berringer und bestellte sich noch eine zweite Tasse.
Eine Stunde später befand sich Berringer im obersten Stock des Polizeipräsidiums.
Berringer klopfte. An der Tür des Büros standen Name und Dienstrang eines Kriminalbeamten: Kriminalhauptkommissar Björn Dietrich ― Kripo Krefeld.
„Herein!“, rief eine heisere Stimme von drinnen.
Berringer trat ein. Björn Dietrich saß hinter seinem Schreibtisch, und Berringer konnte nur die obere Hälfte des Kopfes sehen, da die untere vom Computerbildschirm verdeckt wurde. Zigarettenrauch hing in der Luft. Dietrich war schon damals, während ihrer gemeinsamen Dienstzeit, ein Kettenraucher gewesen.
Offensichtlich hatte er sich dieses Laster nicht abgewöhnen können.
Dietrich wollte etwas sagen, musste sich aber erst einmal räuspern. Es war der vertraute Klang einer chronisch gewordenen Bronchitis.
Ich wundere mich, dass er damit noch die Fitness-Tests schafft, dachte der Detektiv.
Rauch ...
Feuer ...
Berringer erkannte alarmiert, dass seine Gedanken abzudriften drohten. Obwohl durch das halb geöffnete Fenster ein kühler Luftzug ins Büro wehte, spürte er plötzlich Hitze auf seiner Haut.
Es ist 14 Uhr 30, hämmerte er sich ein, ich befinde mich im Zimmer 112 des Polizeipräsidiums der Stadt Krefeld, am Nordwall ...
Dietrich stand auf. Er war groß, einen halben Kopf größer als Berringer. Er drückte die Zigarette im Aschenbecher aus, wedelte mit der Linken den Rauch weg und strich sich danach mit einer fahrigen Geste das gelockte, etwas wirre und inzwischen schon mit leichtem Grau durchsetzte Haar aus der Stirn.
„Hallo, Berry, altes Haus! Was zieht dich mal wieder hierher?“ Ein oder zwei Mal hatten sich die beiden gesehen, seit Berringer aus dem Polizeidienst ausgeschieden war. Die lange gemeinsame Zeit während der Ausbildung und anschließend in der Düsseldorfer Polizei hatten ein Vertrauensverhältnis entstehen lassen, bei dem jeder wusste, dass er sich auf den anderen notfalls blind verlassen konnte. Daran hatte sich auch nichts geändert, nachdem Dietrich nach Krefeld gewechselt war, auch wenn das natürlich zur Folge gehabt hatte, dass der Kontakt immer sporadischer wurde.
„Na, wie laufen die Geschäfte?“, fragte Dietrich.
„Ich kann nicht klagen.“
„Ich schon. Du hast ja vielleicht in der Zeitung davon gelesen. Das Weihnachtsgeld wurde gekürzt, das Urlaubsgeld gestrichen, die Personaldecke weiter ausgedünnt ―
aber am Ende soll die gleiche Leistung stehen.“
Berringer lächelte milde. „Zumindest über diese Dinge brauche ich mich jetzt nicht mehr zu ärgern.“
„Aber anderswo wird das Geld zum Fenster rausgeworfen!“
„Tja, so ist das eben ...“
„Nur ein Beispiel aus der jüngsten Zeit, Berry: Die uniformierten Kollegen haben neue Dienstwaffen und auch neue Holster bekommen. Aus Sicherheitsgründen, wie es so schön heißt. Was man nicht bedacht hat, ist Folgendes: Holster und Pistole sind jetzt so breit, dass bei den meisten Kollegen – und damit meine ich jetzt wirklich nicht nur die Beleibteren! – die Sicherheitsgurte in den Dienstfahrzeugen nicht mehr um die Hüften der Beamten passen!“ Dietrich schüttelte den Kopf.
Er griff zu seiner Zigarettenschachtel, wollte den nächsten Glimmstängel herausziehen, legte die Schachtel dann aber wieder zur Seite.
Hat also nicht vergessen, dass ich Nichtraucher bin!, dachte Berringer.
„Jetzt steht das Land Nordrhein-Westfalen vor der Wahl, entweder die ganzen neuen Pistolenholster in den Müll zu schmeißen oder in sämtliche Polizeidienstwagen längere Sicherheitsgurte einzubauen, was auch nicht so ganz billig ist. Denn das wären dann Sonderausführungen, wie du dir denken kannst. Du kannst wirklich froh sein, mit diesem Laden nichts mehr zu tun zu haben.“
„Ich wäre damals gern geblieben“, sagte Berringer. „Mal abgesehen von dem Stress, der überall von oben nach unten weitergegeben wird, habe ich meinen Beruf geliebt.
Aber es ging einfach nicht mehr.“
„Ja, ich weiß ...“,