Sammelband 7 Krimis: Tuch und Tod und sechs andere Thriller auf 1000 Seiten. Alfred Bekker
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Berringer erreichte seinen Wagen, einem unscheinbaren Mitsubishi Carisma in graumetallic. Ein Wagen, an den man sich nicht erinnerte, der aber auch keine lahme Ente war – also wie geschaffen für jemanden, der Observationen durchzuführen hatte.
Er fuhr los und fädelte sich in den Verkehr auf dem Preußenring ein, der nach kurzer Zeit den Namen wechselte und dann Frankenring hieß, da meldete sich sein Handy.
Berringer hatte vergessen, es in die Freisprechanlage zu stellen, und während der Fahrt war das schlecht möglich.
Also nahm er den Apparat ans Ohr.
Jetzt nur keine Polizeistreife!, dachte er.
„Hier Berringer.“
„Hallo.“
„Wer ist da?“
„Vanessa. Erkennst du meine Stimme nicht?“
„Was ist los?“
„Ich rufe hier vom Rahmeier-Hof an.“
„Hast du schon was herausgefunden?“
„Und ob. Du glaubst nicht, was sich hier gerade abspielt!“ Der Tag ist klar und kalt. Dichtes Unterholz bietet perfekte Tarnung. Das Zielfernrohr wird justiert.
Dampfende Pferde im Fadenkreuz.
Der Puls rast.
Und die Gedanken auch.
Irgendwann muss jede Rechnung beglichen werden, jede Schuld gesühnt, jedes Verbrechen aufgedeckt und jedes Versäumnis ausgeglichen werden. Auge um Auge, Zahn um Zahn, Herz um Herz. Und dieses Herz kann man an alles Mögliche hängen.
An eine Idee, eine Religion, eine Erfindung oder an Menschen.
Auch an diese schnaubenden Gäule auf der vor Frost starrenden und mit Raureif bedeckten Weide.
Der Finger legt sich um den Abzug.
Der Knöchel wird weiß.
Richtig treffen, davon hängt alles ab.
Gibt es Gerechtigkeit?
Ja.
Gibt es Frieden?
Im Angesicht von Gräbern.
Vielleicht ...
Die Schüsse folgen dicht aufeinander. Ein Wiehern, so hell wie Kinderschreie. Ein Gedanke hämmert im Kopf. Es gibt keine Unschuld. Nirgendwo.
Der Lauf senkt sich.
Training ist alles!
Fast eine Dreiviertelstunde brauchte Berringer, um sich durch Krefeld zu quälen, doch sein Navigationssystem führte ihn zuverlässig zum Rahmeier-Hof.
Der Raum zwischen dem Haupthaus und den Stallungen war bereits zugestellt mit Fahrzeugen, sodass Berringer mit seinem Wagen wieder ein Stück zurücksetzen musste, um ihn am Rand der schmalen Straße abzustellen, die auf dem Hof mündete.
Er stieg aus.
Ein schwerer Güllegeruch hing in der Luft. Der Winter war lang und hart gewesen, und nun musste wohl alles auf die Felder, was sich in den Silos angesammelt hatte.
Berringer verschlug es fast den Atem. Selbst die Industrieschlote in Krefeld rochen besser.
Vanessa hatte ihn bereits entdeckt. Sie lief auf ihn zu.
„Das hat ja lange gedauert!“ Es klang vorwurfsvoll, wie sie das sagte.
„Tut mir leid, ich kann eben nicht fliegen“, knurrte er. „Mein Gott, dieser Gestank ...“
Sie lächelte. „Manche Leute bezahlen viel Geld dafür, um so etwas schnuppern zu dürfen. Reiterferien oder Ferien auf dem Bauernhof nennt man das.“
„Da kann ich auch gleich Ferien an der Kläranlage buchen“, maulte Berringer.
Vanessa stemmte die Hände in die Hüften. „Meine Güte, so eine Großstadtpflanze bist du? Keine deftige Brise gewöhnt, was? Ich dachte, die Leute in deinem Alter haben als Kinder noch Baumhäuser gebaut, anstatt am Computer zu sitzen wie die Kids von heute!“
Berringer ging nicht darauf ein. Stattdessen schloss er den Wagen ab und schritt auf den Hof zu. Menschenleer war der – und dafür voller Autos. Einzig und allein ein angeketteter Hund bellte sich die Seele aus dem Leib.
„Die sind alle da hinten auf der Weide“, sagte Vanessa.
„Die Polizei auch?“
„Ja. Und der Veterinär und noch ein paar Leute mehr, die was zu sagen haben.“ Vanessa atmete tief durch und legte etwas an Tempo zu, um mit Berringer Schritt halten zu können.
Gemeinsam suchten sie sich einen Weg durch das Blechkarossenlabyrinth auf dem Hof, umrundeten schließlich das Hauptgebäude und gelangten dann zur Weide.
Polizisten in Uniform waren überall zu sehen. Mehrere Pferde lagen regungslos im Gras. Auf einer abgezäunten Nachbarweide waren etwa zwei Dutzend weitere Pferde unterschiedlicher Rassen zu sehen. Sie wirkten alle ziemlich nervös, soweit Berringer das beurteilen konnte. Ein Mann in Reitstiefeln und Steppweste und eine Frau versuchten sie zu beruhigen.
Berringer stieg durch den einfachen Drahtzaun, indem er den oberen der beiden gespannten Drähte mit einer Hand nach oben zog. Dann ging er auf das am nächsten gelegene reglos im Gras liegende Tier zu. Es konnte kein Zweifel daran bestehen, dass es nicht mehr lebte.
Ein Polizist in Uniform kam auf Berringer und Vanessa zu. Er hob abwehrend die Hand, fuchtelte damit gebieterisch herum. Man musste kein Gestik-Experte sein, um zu verstehen, was er meinte. Berringer weigerte sich einfach, es zu begreifen.
„Was machen Sie hier?“, fuhr ihn der Uniformierte erbost an. „Sie können hier nicht einfach so hin.“
„Mein Name ist Berringer. Ich bin Privatdetektiv, und dies hier ist meine Mitarbeiterin.“
„Ja, wir hatten bereits das Vergnügen, Frau Karrenbrock, nicht wahr?“, schnarrte der Uniformierte und betonte dabei das „Frau Karrenbrock“ auf eine Weise, die sofort klarmachte, dass da eine Begegnung der genervten Art stattgefunden hatte.
Vanessa errötete leicht. Diplomatie war eben nicht ihre Stärke.
Berringer musste schmunzeln, als er sich vorstellte, wie sie versucht hatte, den drögen Uniformträger mit ihrem burschikosen Charme einzuwickeln. Da waren wohl zwei gänzlich verschiedene Kommunikationswelten aufeinander getroffen, die keinerlei Schnittmenge ergab.
„Ja“, sagte sie knapp und wandte sich an Berry. „Ist nicht so günstig gelaufen, glaube ich.“
Der