Sammelband 7 Krimis: Tuch und Tod und sechs andere Thriller auf 1000 Seiten. Alfred Bekker
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„Er meinte, dass jemand schon sehr gut mit den Verhältnissen hier vertraut sein müsste, um genau zu wissen, wem welche Pferde gehören. Und es wurden ja nur die Tiere von Herrn Gerath erschossen.“
„Das trifft auf Max Penckenhorst doch auch zu, würde ich sagen.“
„Ja. Und auf die Besitzerin. Aber welches Motiv sollten die haben?“
„Ich verdächtige die beiden nicht“, wehrte Berringer ab. „Aber der Täter könnte sich bei ihnen die nötigen Informationen geholt haben.“
„Oder er hat sich selbst hier umgeschaut.“
„Was bedeuten würde, dass er ein Gast gewesen sein muss, sonst wäre er aufgefallen.“
Sie holten Kleppke kurz vor dem Waldrand wieder ein. Etwa ein Dutzend Beamte waren damit beschäftigt, dort jeden Quadratzentimeter abzusuchen. Ein paar Patronenhülsen waren sichergestellt worden.
Kleppke telefonierte mit Kriminalhauptkommissar Dietrich und wenig später war klar, dass zumindest das gleiche Kaliber bei dem Angriff auf Gerath verwendet worden war.
„Wer macht so etwas?“, fragte Vanessa. „Tiere erschießen, die niemandem was getan haben. Das ist doch ... irre!“
„Na ja“, entgegnete Berringer, „auf Menschen zu schießen finde ich mindestens genauso schlimm.“
Vanessa wusste nicht, wie ernst er das meinte. Dann aber nickte sie und sagte: „Auch mit dieser Tat hier wollte man Gerath treffen.“
„Ich weiß nicht, wie sehr Peter Gerath mit seinen Pferden emotional verbunden war ...“, sagte Berringer und wollte noch fortfahren.
Aber Vanessa fiel ihm ins Wort. „Dieser eiskalte Typ? Ich glaube nicht, dass der überhaupt mit irgendetwas emotional verbunden ist ― außer vielleicht mit seinem Bankkonto!“
„Ein hartes Urteil“, stellte Berringer fest.
„Ein wahres Urteil. Ohne Berufungsinstanz, würde ich sagen.“
„Und trotzdem könnte es sein, dass du dich irrst, liebe Vanessa.“
„So?“
Berringer nickte. „Kann doch sein, dass er nur nach außen hin so kühl wirkt und unnahbar wirkt.“
„Nicht wieder dieses Klischee!“ Vanessa verdrehte die Augen. „Harte Schale, weiche Birne – oder wie meinst du das?“
„Ich meine“, sagte Berringer, „dass er seine Emotionen vielleicht auf seine Tierchen hier konzentriert hat. Die sind ja auch zumeist wesentlich umgänglicher als Menschen.“
„Pferde? Ich bitte dich!“ Vanessa schüttelte den Kopf. „Das ist doch nicht dein Ernst!“
„Noch kennen wir beide Gerath zu schlecht, um das beurteilen zu können.“
„Auch wieder wahr. Trotzdem, ich bin bei diesem Typ anderer Ansicht.“ Berringer schaute sich um. Er sah den Polizisten einige Augenblicke lang dabei zu, wie sie mit einer bewundernswerten Geduld und viel Akribie den Waldboden absuchten. Das Unterholz war recht dicht. Mit etwas Glück war der Täter irgendwo hängen geblieben, hatte etwas verloren oder eine andere Spur hinterlassen, die ihn am Ende vielleicht überführte. So wie die Patronenhülsen.
Nein, dachte Berringer, ein Profi war das nicht. Eher jemand, der etwas demonstrieren wollte. Jemand, der Gerath zeigen wollte, wie klein und machtlos er war. Der Täter wollte beweisen, dass er alles tun konnte, was ihm beliebte, und in jedem Moment die Macht hatte, Gerath das Leben zu nehmen, wenn es ihm gefiel.
Berringer machte zwei Schritte nach vorn, bog die Zweige eines Busches zur Seite, um ins Unterholz vorzudringen.
Arno Kleppke pfiff ihn zurück. „Moment, Berry! Das geht zu weit!“
„Ich wollte doch nur ...“
„Hier wird jeder Quadratzentimeter erst genauestens unter die Lupe genommen, bis hier jemand was zertrampeln darf. Es ist schon großzügig, dass ich dich hier am Tatort herumrennen lasse.“
Berringer hob die Hände. „Schon gut, Arno.“
„Mann, Berry, du kennst doch das Geschäft!“
Die Ermittlungen am Tatort zogen sich hin.
Natürlich war Peter Gerath sogleich verständigt worden. Doch der befand sich auf einem Meeting. Zumindest ließ er das Arno Kleppke ausrichten.
„Vielleicht solltest du dich mit ihm unterhalten“, witzelte Arno Kleppke, an Berringer gewandt. „Vielleicht redet er ja anschließend mit mir, wenn du ihm zunächst mal großartige Erfolge bei deinen Ermittlungen versprichst.“
„Das Problem ist nur, dass ich diese Versprechungen im Moment noch nicht halten kann“, entgegnete Berringer.
Die toten Tiere wurden abtransportiert, und danach beruhigten sich die Pferde auf der Nachbarweide. Petra Rahmeier und ihr Stallbursche Max Penckenhorst sorgten dafür, dass sie nacheinander zu den Stallungen geführt und in ihre Boxen untergebracht wurden.
Berringer hörte interessiert zu, wie Kleppke anschließend die Reitstallbesitzerin befragte.
„Hat sich jemand nach Herrn Peter Gerath und seinen Pferden erkundigt?“
„Nicht, dass mir das aufgefallen wäre.“ Petra Rahmeier, eine sportlich wirkende Mittvierzigerin, schüttelte den Kopf. Sie stand noch sichtlich unter Schock. Berringer verstand sie gut. Die Sache mit den ermordeten Pferden würde morgen in jeder lokalen Zeitung stehen und wahrscheinlich auch überregional über die Medien verbreitet werden. Das war natürlich alles andere als eine gute Reklame für den Rahmeier-Hof, obwohl dessen Besitzerin und ihr Personal nicht das Geringste dafür konnten, dass die Pferde auf der Weide erschossen worden waren.
„Wir brauchen eine Auflistung aller Gäste, die in den letzten Wochen bei Ihnen waren“, sagte Kleppke.
„Das lässt sich machen. Allerdings kann ich mir wirklich nicht vorstellen, dass darunter jemand sein könnte, der Pferde kaltblütig abknallt.“ Petra Rahmeier schüttelte den Kopf, noch immer fassungslos, und bedeckte kurz mit ihrer rechten Hand die Augen. Sie unterdrückte ein Schluchzen und biss sich auf die Lippen.
Berringer beobachtete, wie Max Penckenhorst im Stall verschwand.
„Warte hier und hör gut zu“, wandte er sich an Vanessa.
„Was ist denn?“
„Ich bin zu einem Vier-Augen-Gespräch mit Max Penckenhorst verabredet.“
„Ach, könntest du mich das nicht machen lassen?“, fragte Vanessa, und Berringer sah den schwärmerischen Glanz in ihren Augen.
Er schüttelte den Kopf. „Tut mir leid.“
„Chef-Sache?“
„Ja.“
„Herr