10 Urlaubskrimis Juli 2020 - Thriller Hochspannung. Alfred Bekker
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„Ist ja schon gut!“, versuchte ich ihn zu beschwichtigen.
„Sie müssen mich ins Zeugenschutzprogramm nehmen! Bitte!“
„Darüber haben wir nicht zu entscheiden“, erklärte ich. „Aber wir können Sie erstmal zur Federal Plaza bringen. Und dort sehen wir weiter. Ich denke, das ist auch in Ihrem Sinn.“
Er atmete tief durch. Der Griff seiner rechten Hand ging in die Herzgegend. Schließlich nickte er.
„Ja“, murmelte er. Und dieses eine Wort hörte sich so an, als wäre ihm in diesem Augenblick eine Zentnerlast von der Seele gefallen.
Er packte sehr schnell seine Sachen zusammen. Nur mit einem Handkoffer war er hier im Lazarr.
Wenig später verließen wir das Zimmer. Milo nahm den Koffer. Ich ging voran – die Hand immer an der Dienstwaffe. Wie real die Gefahr tatsächlich war, von der D’Andrea bei seinem Anruf im Field Office berichtet hatte, konnten wir nicht einschätzen.
Wenig später durchquerten wir das Foyer des Hotels Lazarr. Der Portier beobachtete uns.
„Wieso haben Sie sich ausgerechnet das Lazarr ausgesucht?“, fragte Milo, als wir ins Freie traten.
„Ich weiß, es ist nicht die beste Adresse. Aber hier kennt mich garantiert niemand.“
„Im Fond unseres Sportwagens ist nicht viel Platz.“
„Das macht nichts, Agent...“
„Trevellian.“
„Ah, ja, richtig.“
Er war so nervös, dass er sich noch nicht einmal meinen Namen hatte merken können. Unruhig streifte sein Blick über die etwa heruntergekommenen Fassaden der Umgebung. Manche der umstehenden Lagerhäuser wurden noch immer zu dem Zweck benutzt, zu dem sie auch gebaut worden waren. Andere dienten einfach als Abstellfläche für Waren aller Art. Eine dritte Gruppe hatte man in teure Eigentumswohnungen verwandelt, was so manchen störte, der seit Jahren in der Gegend wohnte. Aber Brooklyn veränderte sich im Augenblick stark.
„Ich kann mich klein machen, wenn es sein muss“, murmelte er und blickte dabei auf die Uhr.
Wir gingen auf den Sportwagen zu.
Plötzlich tanzte ein Laserstrahl eines Zielerfassungsgerätes durch die Luft. Das konzentrierte Licht brach sich irgendwo und ließ eine gerade Linie erahnen.
Eine Schusslinie.
Ich warf mich auf D’Andrea und riss ihn zu Boden.
Milo zog seine Waffe, ließ dabei den Koffer fallen und ging hinter einem parkenden Fahrzeug in Stellung.
Die Schüsse des Angreifers waren lautlos.
Das Blut rann mir zwischen den Fingern hindurch. Erst einen Moment später begriff ich, dass es nicht mein Blut war. Sonny D’Andrea blickte mich mit offenem Mund und starren, toten Augen an. Eine Kugel hatte seine Schläfe durchschlagen und war direkt in sein Gehirn gefahren.
„Der Killer ist im fünften Stock, andere Straßenseite!“, rief Milo. Er spurtete los.
Offenbar waren D’Andreas Befürchtungen keineswegs aus der Luft gegriffen gewesen.
Milo überquerte die Union Street. Ein Lieferwagen bremste stark ab. Der Fahrer zeigte Milo einen Vogel, aber mein Kollege kümmerte sich nicht weiter darum. Er rannte unbeirrt weiter.
Ich setzte per Handy eine kurze Meldung ans Field Office ab, damit Verstärkung geschickt wurde und folgte Milo dann über die Straße.
Das Gebäude, aus dem geschossen worden war, wirkte verlassen. Einige der Fenster waren mit Spanplatten vernagelt worden. Offenbar handelte es sich um ein Gebäude, das kurz vor der Sanierung stand. In diesem Teil Brooklyns gab es zurzeit viele davon.
Der Eingang war offenbar zur anderen Seite ausgerichtet.
Ich folgte Milo durch die enge Gasse von etwa zwei Yards Breite, um zur Rückfront des Gebäudes zu gelangen.
Augenblicke später erreichten wir einen Hinterhof. Ein Geländewagen vom Typ Ford Maverick startete gerade mit durchdrehenden Reifen und fuhr in einem Höllentempo auf die schmale Ausfahrt zu. Vom Fahrer war kaum etwas zu sehen. Nur einen kurzen Moment blinkte etwas auf. So als ob er eine Brille mit spiegelnden Gläsern trug.
Milo zielte mit seiner Dienstwaffe auf die Hinterreifen.
Aber in diesem Moment tauchte ein Fahrradkurier auf, der die Ausfahrt in entgegen gesetzter Richtung passierte und dabei ein hohes Tempo drauf hatte.
Wahrscheinlich nahm er den Weg über dieses Grundstück einfach als willkommene Abkürzung, um schneller zur Union Street zu gelangen.
Der Maverick hielt rücksichtslos auf ihn zu. Mit einem Sprung versuchte sich der Kurier zu retten. Er knallte auf die Motorhaube, während das Fahrrad vom Kuhfänger erfasst wurde.
Der Kurier rutschte seitlich vom Kotflügel des Maverick herunter und knallte mit dem Helm gegen die Hauswand. Der Geländewagen brauste inzwischen weiter, zermalmte das Rad aus ultraleichter Karbonfaser unter seinen hohen Rädern und fädelte sich dann ziemlich brutal in den Verkehr ein.
Milo senkte die Waffe.
Ich ebenfalls.
Ich spurtete los, während Milo bereits das Handy am Ohr hatte, um dafür zu sorgen, dass möglichst schnell ein Ambulanz-Team des Emergency Service eintraf.
Augenblicke später hatte ich den Verletzten erreicht.
Er rührte sich.
Blut sickerte unter seinem Helm hervor, der ihm aber dennoch wohl das Leben gerettet hatte. Er lag in seltsam verrenkter Haltung da.
„Ganz ruhig“, sagte ich. „Es kommt gleich jemand.“
Milo spurtete an mir vorbei, bis zur nahen Hauptstraße. Aber er kehrte rasch zurück und schüttelte den Kopf. Das hieß wohl, dass uns der Flüchtige erst einmal durch die Lappen gegangen war.
In der Ferne waren bereits die Sirenen von City Police und Emergency Service zu hören.
6
Der