Sammelband 4 Fürstenromane: Liebe, Schicksal, Schlösser. Alfred Bekker
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Читать онлайн книгу Sammelband 4 Fürstenromane: Liebe, Schicksal, Schlösser - Alfred Bekker страница 16
»Na schön«, willigte Jenny missmutig ein. »Aber die Schutzkappe trage ich nicht. Das ist bei uns in Amerika nicht üblich.«
»Du bist aber nicht drüben, sondern hier in Deutschland. Also, tu mir bitte den Gefallen!«
Jenny tat, wie ihr befohlen ward, dann band sie den Hengst los und schwang sich in den Sattel. »Auf geht’s, mein Freund! Zeig mal, was noch in dir steckt.«
Das Tier reagierte brav und trabte los, war aber zu einer etwas schnelleren Gangart nicht zu bewegen.
»Das ist ein Opa!«, rief Jenny ihrem Begleiter zu, der sie inzwischen eingeholt hatte und an ihrer Seite ritt. »Der schläft ja beim Laufen ein. Eine Frechheit, mir ein altersschwaches Tier anzudrehen. Ich möchte unseren Ausritt am liebsten abbrechen und meinem Onkel gehörig die Meinung sagen.«
»Das ist deine Entscheidung, Jenny«, erwiderte Alexander. »Ich richte mich ganz nach deinen Wünschen.«
»Dann überlass mir dein Pferd, Thomas!«
Alexander schüttelte den Kopf. »Das darf ich, wie gesagt, leider nicht.«
»Also gut«, fauchte Jenny verärgert. »Lassen wir’s heute dabei bewenden. Ein zweites Mal setze ich mich allerdings nicht mehr auf dieses Tier, so lieb es auch sein mag.«
Sie überquerten eine blühende Wiese und gelangten zum nahen Wald. In diesem Moment vernahmen sie wütendes Gekläff, und dann sprang auch schon einer dieser gefährlichen Kampfhunde aus dem Gebüsch und ging, ohne zu zögern, auf Attila los. Dieser wieherte erschrocken, stieg mit den Vorderhufen auf, um gleich danach mit den hinteren zu bocken.
Jenny, die mit so etwas nicht gerechnet hatte, stürzte aus dem Sattel, fiel mit dem Kopf zuerst auf den Boden und blieb regungslos liegen. Und schon war Alexander neben ihr, um sie vor etwaigen Angriffen des Hundes zu schützen. Doch dieser beschäftigte sich weiterhin mit Attila, der sich erstaunlich geschickt wehrte und den Kläffer nicht an sich herankommen ließ.
Jetzt stürmte eine aufgeregte Gestalt aus dem Wald, bei der es sich offenbar um den Besitzer des Hundes handelte, schrie und wedelte mit den Armen. Als er sie erreicht hatte, gelang es ihm, das Vieh am Halsband zu packen und festzuhalten.
»Entschuldigen Sie bitte tausendmal«, rief er. »King hat sich losgerissen. Ich hoffe, Ihnen ist nichts passiert? Ich komme selbstverständlich für jeden Schaden auf.«
Alexander hatte Jenny, die unterdessen wieder zu sich gekommen war, aber noch etwas benommen wirkte, aufgerichtet und stützte ihren Körper von hinten mit seinem Schoß und seinen Knien.
»Geht’s wieder?«, fragte er besorgt, und als sie nickte und erklärte, gebrochen habe sie wohl nichts, legte er los. Er beschimpfte den Hundebesitzer als unverantwortlichen Idioten, der samt seinem Köter hinter Schloss und Riegel gehöre.
»Es zeugt von geistiger Armut, ein solches Vieh überhaupt zu halten«, brüllte er außer sich vor Zorn. »Tut’s ein Dackel, Pudel oder meinetwegen ein Schäferhund nicht auch? Nein, eine solche Kampfmaschine, für die man einen Waffenschein bräuchte, muss es sein.«
»King ist sonst der friedlichste Hund auf der Welt«, jammerte sein Besitzer. »Ich weiß nicht, was heute in ihn gefahren ist. Vielleicht liegt es am Wetter? Ist Ihnen wirklich nichts passiert?«
»Mensch, gehen Sie bloß fort!«, donnerte Alexander. »Sonst passiert Ihnen noch was. Und lassen Sie sich hier nie mehr blicken.«
Diese Aufforderung ließ sich der Hundebesitzer nicht zweimal sagen. Er stotterte noch einmal eine Entschuldigung und war kurz darauf samt Köter, den man noch eine Weile kläffen hörte, im Wald verschwunden.
Aber auch von den beiden Pferden war nichts mehr zu sehen. Sie hatten sich wohl auf den Weg nach Hause gemacht, als niemand sich um sie gekümmert, hatte.
»Geht es wirklich wieder?«, erkundigte sich Alexander noch einmal bei Jenny.
»Ja, wirklich«, antwortete sie. »Nur der Schädel brummt halt noch ein wenig.«
»Sei froh, dass du den Reithelm getragen hast«, meinte Alexander. »Sonst hätte die Sache schlimmer enden können.«
»Hilf mir bitte auf die Beine!«, bat sie ihn.
»Selbstverständlich.«
Er stand auf, reichte ihr seine Hände und hob sie hoch. Und als sie sich plötzlich so nah gegenüberstanden und sich vor Aufregung noch leicht zitternd in die Augen sahen, konnte er nicht anders: Er nahm sie in seine Arme und küsste sie. Und Jenny erwiderte seinen Kuss wie in ihrem Traum in der vergangenen Nacht. Bis sie sich bewusst wurde, was sie tat. Da stemmte sie ihre Hände gegen seine Brust, löste ihre Lippen erschrocken aufstöhnend von seinen und schob ihn von sich.
»Bist du verrückt geworden?«, stammelte sie verwirrt. »Wie kannst du es wagen? Nutzt eine Situation wie diese schamlos aus!«
»War es denn so schlimm?«
Jenny senkte den Kopf. »Nein«, wisperte sie. »Das ist es ja gerade, was mich zugleich ärgert und erschreckt. Ich hätte es erst gar nicht zulassen dürfen.«
»Und doch hast du es getan!«
»Ich möchte mich ohrfeigen dafür.«
»Warum eigentlich?«
»Wegen Ted«, flüsterte sie, und jetzt traten ihr auch noch die Tränen in die Augen. »Ich hatte mir so fest vorgenommen, mich hier in Deutschland mit keinem Mann einzulassen. Nun bin ich kaum einen Tag hier, und schon lasse ich mich küssen. Und hatte im Grunde nicht einmal ein schlechtes Gewissen dabei.«
»Was davon zeugt, dass du diesen Ted vielleicht gar nicht so sehr liebst, wie du geglaubt hast«, vermutete Alexander.
»Ich weiß es nicht«, murmelte Jenny hilflos. »Ich weiß es wirklich nicht.«
»Dann lass es uns doch herausfinden«, schlug Alexander lächelnd vor.
»Wie denn?«
»Indem wir uns noch einmal küssen. Wenn du dann immer noch kein schlechtes Gewissen verspürst, weißt du, was los ist.«
»Lieber nicht«, meinte Jenny leise. »Ich muss das alles erst noch einmal in Ruhe überdenken. Vielleicht finde ich die Antwort auch so.«
Ihr Gespräch wurde unterbrochen. Ein Geländewagen, von Fürst Boris höchstpersönlich gelenkt, näherte sich von vorn und hielt wenig später neben ihnen an. Seine Durchlaucht kletterte heraus, erdolchte die beiden jungen Leute mit Blicken und fing - was auch sonst? - zu schreien an.
»Kann ich euch denn keine Minute aus den Augen lassen? Was habt ihr denn jetzt schon wieder angestellt? Wieso kehren die Pferde ohne ihre Reiter in den Stall zurück? Hätte ich Hertas Bitte doch nie nachgegeben und aus meinem Schloss ein Mädchenpensionat gemacht! Das habe ich nun davon! An den Rand eines Herzinfarktes werde ich getrieben! Also, was ist los?«
Alexander berichtete mit wenigen Worten, was sie gerade erlebt hatten. Fürst Boris, gereizt, wie