Muss ich dir die Wahrheit sagen? Der dramatische Arztroman. Sandy Palmer

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Muss ich dir die Wahrheit sagen? Der dramatische Arztroman - Sandy Palmer

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einem Sonntag die ganze Arbeit allein machen muss. Wenn viele Kollegen im Hause sind, verteilt es sich besser, und alles sieht nur noch halb so schlimm aus.“

      „Da könnten Sie recht haben“, gab Markus zu. „Aber nun ist genug geredet. Schwester Liselotte, haben Sie den Verband am Bein abgenommen? – Ja, lassen Sie mich mal sehen“, er blickte kritisch auf die große Wunde, die sich geschlossen hatte. „Sieht nicht gut aus“, meinte er dann. „Sie haben recht, Frau Holldorf, ich muss nähen. Das bedeutet für den Patienten, dass er das Bein nicht eingegipst bekommt, sondern in einer Schale wochenlang ruhig halten muss. Das erfordert viel Geduld.“

      „Es muss nun mal sein.“ Tatjana sah zu, wie die beiden Schwestern den Verletzten hinüber in den Röntgenraum schoben, der direkt neben dem Ambulanzraum war.

      Dr. Breitner machte die benötigten Aufnahmen selbst, da auch die Röntgenassistentin heute frei hatte.

      Die Diagnose der beiden Ärzte bestätigte sich voll und ganz. Gut eineinhalb Stunden beschäftigten sich Tatjana Holldorf und Markus Breitner damit, den Verletzten einzugipsen, die Brüche zu richten und das rechte Bein ruhigzustellen.

      „Puh, das war Schwerarbeit“, stöhnte Markus, als er den Patienten endlich wohlversorgt auf der Station wusste. „Ich hätte nicht gewusst, wie ich ohne Sie fertig geworden wäre, Frau Holldorf. Herzlichen Dank für Ihre Hilfe.“

      „Nichts zu danken. Das war doch selbstverständlich.“ Die Ärztin legte den schmutzigen Kittel ab und griff wieder nach ihrer Kostümjacke. „Ich schaue noch schnell einmal nach dem Patienten, dann bin ich endgültig weg“, sagte sie. „Das Wetter ist zu schön, um es in der Krankenhausluft zu verbringen. Ich werde einen Waldspaziergang machen.“

      „Sie Glückliche“, meinte Markus, doch während er es aussprach, kamen ihm Bedenken. War Tatjana Holldorf wirklich zu beneiden? Im Grunde genommen nicht, denn sie stand ganz allein auf der Welt, hatte keine Freunde und keine Bekannten. Sie lebte nur für die Klinik, für die Medizin und ihre Patienten.

      Aber war das wirklich genug, um das Leben einer dreiunddreißigjährigen Frau auszufüllen? Markus Breitner wagte es zu bezweifeln.

      2

      „Guten Morgen, Herrschaften!“ Oberarzt Dr. Munther betrat den Vorbereitungsraum zum OP, wo sich schon die Narkoseärztin Dr. Holldorf und der chirurgische Assistent, Dr. Breitner, versammelt hatten und mit der jungen Operationsschwester Barbara plauderten.

      Sie sprachen von dem neueingelieferten Grafen Wietershausen, der das beste Zimmer der Klinik belegte.

      „Sie hätten mich ruhig rufen können“, sagte Schwester Barbara. „Sie wissen doch, dass ich nur zehn Minuten von der Klinik entfernt mein Appartement habe. Mit dem Taxi wäre ich schnell hier gewesen.“

      „Nett von Ihnen, aber wir sind gut allein zurechtgekommen“, lächelte Dr. Breitner. „Ich wollte nicht auch Ihnen noch den Sonntag verderben. Gerade genug, dass Dr. Holldorf kostbare Stunden ihrer Freizeit geopfert hat.“

      „Selbstverständlich“, murmelte die junge Narkoseärztin nur kurz, dann drehte sie sich nach dem Oberarzt um, der sich an eines der Waschbecken begeben hatte und sich vorschriftsmäßig zu waschen begann.

      „Ich habe Frau Meurer schon vorbereitet“, sagte sie. „Sobald Sie fertig sind, können wir anfangen.“

      „Frau Meurer? Frau Meurer … warten Sie mal, ich komme im Moment nicht darauf. Wer ist das noch mal?“

      „Das Magengeschwür von Zimmer 314“, erklärte die Ärztin.

      „Ach ja, das machen wir ja allein. Nachher die Gallenoperation an Direktor Kürschner, die macht der Chef.“

      Etwas wie Ironie klang durch die Stimme des Oberarztes, und Schwester Barbara schaute ihn überrascht an. War der blonde, unattraktive Oberarzt etwa neidisch auf den Professor? Gönnte er ihm nicht, dass er den Direktor operierte? Dabei war der Patient selbst es gewesen, der darauf bestanden hatte, vom Klinikleiter persönlich operiert zu werden.

      Sie hatte keine Zeit mehr, darüber nachzudenken, denn in diesem Augenblick rollten zwei junge Pflegerinnen von der chirurgischen Station das Rollbett mit der Patientin Meurer in den Operationssaal.

      Schwester Barbara folgte der Narkoseärztin, die sich nun um die Patientin kümmerte.

      Die etwa fünfzigjährige Frau hatte schon am frühen Morgen eine erste Injektion erhalten, sie schlief schon fast und nahm kaum noch wahr, was um sie her geschah.

      Nachdem Frau Dr. Holldorf die Patientin an all die komplizierten Apparaturen des Narkosegerätes angeschlossen hatte, wandte sie sich zu den beiden Chirurgen um.

      „Ich bin soweit“, verkündete sie. „Die Patientin ist operationsfertig.“

      Dr. Munther und Dr. Breitner trugen inzwischen die grüne sterile Operationstracht. Ihre Köpfe waren mit grünen Kappen bedeckt, die Hände trugen schon die Gummihandschuhe.

      Gerade bänden zwei Hilfsschwestern ihnen den Mundschutz um. „Wir kommen“, erwiderte der Oberarzt. Seine Stimme klang durch das Tuch ein bisschen gedämpft.

      Schwester Barbara hatte schon ihren Platz hinter dem Instrumententisch eingenommen. Sie überprüfte ein letztes Mal, ob auch alle Operationsgeräte an ihrem Platz lagen und griffbereit waren. Dann schaute sie zu den beiden Ärzten hinüber, wobei sie unbewusst ein wenig lächelte, als sie dem Blick des jungen Assistenzarztes begegnete, der gerade seinen Platz eingenommen hatte.

      „Also, es geht los.“ Dr. Munther ließ sich das erste Skalpell reichen und begann mit dem Eingriff. Knapp und sachlich klang seine Instruktion, ohne das übliche Geplauder, das oftmals mit dem Eingriff wenig zu tun hatte, aber das viele Chirurgen gern pflegten, vollführte er die Operation, die auch ohne Schwierigkeiten vonstatten ging.

      Es war ein routinemäßiger Eingriff, von dem Oberarzt schon hundertmal ausgeführt. Jeder Handgriff saß, er wusste genau, was im nächsten Moment zu tun war.

      Dies erwartete er aber auch von seinen Mitarbeitern, vor allem von der Operationsschwester. Ihm war es am liebsten, wenn diese das benötigte Instrument schon in der Hand hielt, noch bevor er es angefordert hatte.

      Und in Schwester Barbara hatte er eine Helferin gefunden, die ganz und gar seinen Anforderungen entsprach.

      Eigentlich beachtlich für ihr Alter, dachte er bei sich. Das hätte ich ihr nicht zugetraut, als sie vor einem Vierteljahr bei uns anfing. Ich hatte wegen ihrer Jugend Bedenken, die sich aber glücklicherweise nicht bewahrheitet haben.

      Doch er hütete sich, eine lobende Bemerkung zu machen. Das war nicht Dr. Munthers Art. Er sagte nur, nachdem der Eingriff an Frau Meurer beendet war:

      „Ich danke Ihnen, meine Herrschaften!“

      Dann wandte er sich an eine unsterile Schwester. „Bitten Sie die Schwestern von der Chirurgie, den Direktor herunterzubringen, den der Chef gleich operieren soll. Ich denke, Professor Gerstenbach kommt jede Minute. Er wollte gegen neun Uhr hier sein.“

      Schnell warf Schwester Barbara einen Blick auf die große Wanduhr, die an der Längsseite des Operationssaales auf den blauen Kacheln hing. Drei Minuten nach neun – ob Professor Gerstenbach kommen würde?

      Bang

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