Mitternachts-Thriller Sammelband 4001 - Vier Romane um Liebe und Geheimnis Juli 2019. Jan Gardemann
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Читать онлайн книгу Mitternachts-Thriller Sammelband 4001 - Vier Romane um Liebe und Geheimnis Juli 2019 - Jan Gardemann страница 13
Er hob die Augenbrauen.
"Der Vorfall von heute Abend scheint sie sehr zu beschäftigen, Miss Vanhelsing."
"Sie nicht?"
Darauf bekam ich keine Antwort. Stattdessen berichtete mir der Butler von der Legende, die es über Sir Henry und Lady Joanne gab ...
"Sir Henry of Gilford liebte eine junge Lady namens Joanne. Seine Liebe war derart stark, dass sie schon beinahe an einen Wahn heranreichte. Tragischerweise erwiderte Joanne diese Liebe nicht. Sie fühlte sich vielmehr zu Sir Wilfried of Mornsley, den Nachbarn derer von Gilford, hingezogen und wollte ihn heiraten. Sir Henry konnte das nicht verwinden. Er kam mit einer Schar Gefolgsleute, legte Mornsley Castle in Schutt und Asche und tötete Sir Wilfried in einem erbitterten Kampf."
"Und Joanne?", hakte ich nach.
"Sie musste dies mit ansehen und verfluchte Henry über den Abgrund des Todes hinweg, wie es in einer alten Chronik heißt. Sir Wilfried ließ Joanne auf seine Burg führen und gefangen nehmen. Als wenige Monate später die Pest diesen Landstrich heimsuchte, erinnerte sich Sir Henry ihres Fluchs und bekam große Furcht. Er klagte Joanne der Hexerei an und ließ sie hinrichten ... Noch auf dem Scheiterhaufen soll sie ihren Racheschwur erneuert und bekräftigt haben ..." Der Butler atmete tief durch und fügte dann hinzu: "Es ist spät. Sie sollten jetzt zu Bett gehen. Aber wenn Sie Interesse haben und Mr. Clayton es erlaubt, dann werde ich sie gerne in das Archiv von Gilford führen. Es befindet sich unter dem Dachboden und wurde durch meinen vorhergehenden Herrn sehr gut in Ordnung gehalten. Ich habe ihm oft bei der Archivierung assistiert."
"Ich danke Ihnen", sagte ich.
Ich sah ihm noch einige Augenblicke lang nach, bevor er schließlich hinter der nächsten Ecke verschwand.
"Ich frage mich, was wir heute Abend gesehen haben", meinte Jim. "Hast du eine Ahnung?"
"Jedenfalls keinen Zaubertrick à la David Copperfield!"
"Bist du dir sicher?"
Ich seufzte.
Was sollte ich ihm sagen? Dass ich es gewissermaßen wusste? Dass ich die mentale Energie, die von dieser Erscheinung ausgegangen war, geradezu gespürt hatte? Meine seherische Gabe war ein Geheimnis zwischen mir und Tante Lizzy. Und auch wenn Jim und ich uns ziemlich nahestanden, wollte ich ihm doch kein Sterbenswörtchen darüber sagen ...
Niemand sollte davon erfahren, solange das irgendwie möglich war. Schon deswegen nicht, weil die meisten Menschen dann sofort an dem Verstand desjenigen zu zweifeln beginnen, der solche Dinge behauptet. Ich selbst hätte noch vor gar nicht allzu langer Zeit einen solchen Bericht nur mit großer Skepsis zur Kenntnis genommen. Schließlich handelte es sich bei den meisten, die solche Fähigkeiten zu haben vorgaben, in Wahrheit tatsächlich um Scharlatane oder Geldschneider.
Manchmal auch um Psychopathen, die keine andere Möglichkeit sahen, in die Medien zu kommen.
Es hatte eine ganze Weile gedauert, ehe ich diese Gabe hatte akzeptieren können. Tante Lizzy hatte mich immer wieder darauf gestoßen und mir gesagt, dass es keinerlei Sinn machte, die Augen vor den Tatsachen zu verschließen. Ich musste lernen, mit meiner Gabe umzugehen und versuchte es, so gut ich konnte ...
"In einer Beziehung verstehe ich diesen Clayton nicht", sagte Jim dann.
"Wovon redest du?"
"Von diesen ganzen Schnorrern, die seine Burg bevölkern. Bei manchen mag es sich ja um echte Freunde handeln oder um Leute aus der Musikbranche, die er zu diesem Fest eingeladen hat. Aber ich habe mich ein bisschen umgehört. Andere scheinen hier mehr oder minder ihren zweiten Wohnsitz zu haben ..."
"Vielleicht fühlt er sich einsam."
"Robert Clayton?"
"Warum nicht?"
"Das wäre eine Erklärung ... Ich würde mich jedenfalls nicht so ausnutzen lassen ..."
"Ich glaube nicht, dass er das so empfindet, Jim!"
"Wie auch immer. Ich hatte übrigens vor diesem Ted McRory auf den Zahn fühlen, aber ..."
"Aber was?"
"Er war plötzlich verschwunden. Ich konnte ihn nirgendwo auftreiben ..."
Ich sah ihn an. Er hatte Ringe unter den strahlend blauen Augen und ich sah vermutlich nicht besser aus. Es war ein anstrengender Tag gewesen.
"Gute Nacht, Jim", sagte ich.
"Gute Nacht."
11
Ich schlief schlecht in jener Nacht.
Immer wieder wurde ich von einem furchtbaren Alptraum heimgesucht. Verbissen sah ich zwei Ritter im Kettenhemd, Harnisch und mit heruntergelassenen Visieren miteinander kämpfen. Die geradezu monströsen Beidhänder-Schwerter wurden mit voller Wucht gegeneinandergeschlagen, und die Kämpfer taumelten mehr als einmal beinahe zu Boden. Dumpf war das Keuchen unter ihren Helmen zu hören.
Flammen loderten und erhellten die Nacht.
Und dann sah ich das Gesicht Joannes.
Weit aufgerissen waren die Augen, und sie schrie.
"Nein!"
Ich erwachte und der Puls schlug mir bis zum Hals. Es dauerte etwas, ehe sich mein Atem wieder einigermaßen beruhigt hatte.
Ich schlug die Decke zur Seite und stand auf.
Draußen trieb ein kräftiger Wind die Wolken vor sich her.
Ab und zu kam der Mond als große runde Scheibe zum Vorschein, deren fahles Licht durch die hohen Fenster in mein Zimmer hineinleuchtete.
Barfuß und lautlos ging ich über den kalten Steinboden und erreichte schließlich eines der Fenster. Ich hatte Gefühl, unbedingt frische Luft zu brauchen und öffnete es. Ein kühler Hauch blies mir entgegen und fuhr mir durch das schulterlange Haar.
In der Ferne sah ich Mornsley Castle, jenen verwunschenen Ort, über den man sich in der Gegend Geschichten erzählte.
Der Traum kam mir wieder in Erinnerung.
Schlaglichtartig tauchten die Bilder wieder vor meinem inneren Auge auf. Ich hatte sofort gewusst, dass es einer jener