Der Sohn des Apothekers. Ulrich Hefner

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Der Sohn des Apothekers - Ulrich Hefner

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war bei der daktyloskopischen Auswertung und später dann bei der DNA. Im Lagezentrum haben wir Mails und Berichte durch das ganze Land gesteuert.«

      Trevisan legte den Kopf schräg und blickte ihr gedankenvoll ins Gesicht. »Also gut, wenn das so ist. Dann ist das eben unser erster Fall.«

      »Und wo fangen wir an?«

      Er deutete auf die Aktenordner. »Wir werden uns jetzt erst einmal in die Ermittlungsergebnisse der damaligen Sonderkommission einarbeiten. Wir sondieren das Material, legen eine Spurendatei an, sichten die Fotos und die Berichte und übertragen alles in den PC, damit wir einen schnellen Zugriff haben. Dann erstellen wir ein Tatortprofil, markieren und überprüfen die Route der beiden Mädchen und verfassen ein Schlagwortverzeichnis, für gezielte Recherchen. Wenn wir das alles eingerichtet haben, machen wir uns an die eigentliche Arbeit.«

      »Das klingt aufregend … Ich habe so etwas noch nie gemacht«, stotterte Lisa.

      »Aber ich, außerdem gibt es dazu Vorlagen.« Er schaute auf die Uhr. »Hast du heute noch etwas vor?«

      Lisa zuckte mit der Schulter.

      Trevisan erhob sich. »Das ist gut, ich ebenfalls nicht. Und richte dich in den nächsten Tagen darauf ein, dass wir ein paar Überstunden machen werden. Denn ohne wird es wohl nicht gehen, schätze ich.«

      *

      Der Grubhof von Bauer Tjaden lag am nördlichen Ende des Dorfes am Wiesenweg, der durch den angrenzenden Wald vorbei an den Mooren zum Bannsee führte. Dort hatte der Bauer damals die Fahrräder der verschollenen Mädchen aufgefunden. Justin Belfort lenkte seinen Wagen von der Straße in das weitläufige Gehöft und hielt an. Ein schwarzer Mischlingshund an der Kette vollführte lauthals bellend wilde Kapriolen vor seiner Hütte. Justin schaute sich um. Niemand war zu sehen, doch aus einer offenen Scheunentür drang das ohrenbetäubende Kreischen einer Kreissäge.

      Justin ging auf die Scheune zu, in der zwei Männer, ein junger und ein älterer, damit beschäftigt waren, Meterstücke Holz zu zersägen. Als der Jüngere, Justin schätzte ihn auf knapp zwanzig, ihn sah, gab er dem alten Mann in blauer Arbeitskluft ein Zeichen, doch der ließ sich nicht beirren. Erneut fegte das laute Jaulen der Säge über den Hof und erst, als das Holz zersägt war, schaltete der Alte sie aus und wandte sich zu Justin um.

      »Ja?«

      »Sind Sie der Besitzer dieses Hofes, Herr Tjaden?«, fragte Justin.

      »Ganz recht.« Er wandte sich seinem jungen Gehilfen zu. »Bring die Stücke in das Lager, du kannst schon den Spalter richten.«

      Der junge Mann nickte kurz und verschwand durch eine Seitentür.

      »Was wollen Sie?«, fragte Tjaden mürrisch.

      »Mein Name ist Justin Belfort, ich arbeite für das Direkt-Magazin und will mit Ihnen reden.«

      Der Mann in blauer Arbeitskluft zeigte überrascht auf die eigene Brust. »Mit mir? Warum das?«

      »Es geht um die Geschichte der verschwundenen Radfahrerinnen«, erklärte Justin. »Meinen Informationen nach haben Sie damals in der Nähe des Bannsees die Räder entdeckt.«

      »Kann schon sein.«

      »Haben Sie schon gehört, dass eines der Mädchen wieder aufgetaucht ist?« Justin holte einen Notizblock und einen Kugelschreiber aus seiner Hemdtasche.

      Tjaden zuckte mit der Schulter. »Meinetwegen.«

      Justin stutzte. »Es muss Sie doch interessieren, schließlich waren Sie damals auch irgendwie an dem Fall beteiligt.«

      Tjaden, Justin schätzte ihn auf etwa sechzig, machte einen Schritt auf ihn zu. »Hören Sie, damals tauchten reihenweise Reporter hier auf meinem Hof auf und brachten alles nur durcheinander. Jeder wollte wissen, was ich gesehen habe und ob ich etwas Verdächtiges bemerkt hätte. Sogar mitten in der Nacht klingelten sie an meiner Tür. Man kam gar nicht zur Ruhe. Und am Ende nannten die Zeitungen unseren Ort das Dorf des Grauens. Ich habe keine Lust mehr auf den Zinnober. Ich bin mit dem Trecker einfach nur einen Weg entlanggefahren, da lagen zwei Räder im Gebüsch. Ich habe den Polizisten in Mardorf Bescheid gegeben und mehr war da nicht. Ich wusste nicht einmal, dass da ein paar Mädchen verschwunden waren, ich dachte, da hat jemand seinen Müll in meinen Wald geworfen, und das kann man sich doch nicht bieten lassen.«

      »Und Sie haben niemanden dort draußen bemerkt?«

      »Ich bin noch nicht mal vom Trecker abgestiegen. Ich habe der Polizei den Weg beschrieben. Erst einen Tag später erfuhr ich davon, dass da jemand verschwunden sein soll. Das habe ich damals zu Protokoll gegeben und jetzt geht es wieder von vorne los. Sie sind schon der Vierte, der hier bei mir auftaucht und wieder die gleichen Fragen stellt wie damals. Ich will meine Ruhe haben, das ist doch nicht zu viel verlangt.«

      Justin nickte. »Das kann ich verstehen. Aber Sie müssen doch zugeben, dass es ungewöhnlich ist, dass hier zwei Mädchen vor drei Jahren verschwanden und nun eines davon bei Flensburg wieder auftaucht.«

      »Das geht mich nichts an, fragen Sie doch das Mädchen.«

      Justin überging Tjadens Antwort. »Damals fand eine große Suchaktion statt. Haben Sie auch mitgeholfen?«

      Tjaden schüttelte den Kopf. »Keine Zeit, war im Sommer zur Erntezeit.«

      Justin Belfort zeigte auf den jungen Mann, der wieder aufgetaucht war und die gesägten Holzstücke zusammensammelte. »Und er, wohl ihr Sohn, hat er bei der Suche geholfen?«

      »Ist mein Enkel. Der wohnt in Eckernförde. Hauke ist nur ab und zu hier, wenn Semesterferien sind. Studiert in Kiel und will Meeresbiologe werden.«

      Justin schaute sich um. »Das ist ein großer Hof, Sie haben doch sicher jemanden, der hier Ihnen hilft?«

      »Meine Frau und ich.«

      »War Ihr Enkel damals auch hier auf dem Hof, als es passierte?«

      »Nein, damals ist mir der Robert zur Hand gegangen. Ist aber gestorben. Letztes Frühjahr. Verdammter Krebs.«

      Justin Belfort notierte Tjadens Angaben in seinem Notizbuch. »Robert?«, fragte er neugierig nach.

      »Ja, Krauthoff hieß er. Ist aus dem Dorf, war alleine und hat früher mal als Schreiner gearbeitet. Hat gut mit angepackt und war ein ganz feiner Kerl. Aber ist ja nun nicht mehr. War Mitte fünfzig, noch kein Alter zum Sterben.«

      »Ja, Sie haben recht, ist noch kein Alter zum Sterben. Gibt es sonst noch jemanden, der mir etwas über das Verschwinden der Mädchen sagen kann?«

      »Unseren Dorfpolizisten können Sie fragen, der wohnt hier in Tennweide. Da war ganz schön was los. Sogar der Hubschrauber ist stundenlang über den Feldern und dem Wald gekreist.«

      Justin Belfort schmunzelte, als er an die unschöne Begegnung vorhin dachte. »Mitte fünfzig, graue Haare und etwa einen Kopf größer als ich?«

      Tjaden kratzte sich am Kinn. »Muss er wohl sein, fährt oft hier im Dorf Streife und er verscheucht das Ungeziefer.« Der Bauer grinste provokant.

      »Es ist nicht alles Ungeziefer, was sich für das damalige Geschehen interessiert«, widersprach Justin.

      »Aber

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