Der Sohn des Apothekers. Ulrich Hefner

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Der Sohn des Apothekers - Ulrich Hefner

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zur Lichtung und dort ist es passiert. Sie liefen diesem Apothekersohn in die Arme und der ist ausgerastet. Der klassische Fall.«

      »Wer könnte ihm geholfen haben, die Leichen und die Spuren zu beseitigen?«, fragte Lisa.

      »Er hat einen Vater, fragen Sie doch den.«

      »In den Akten steht, dass der Vater ein Alibi hat«, wandte Trevisan ein. »Er kam erst zurück in den Ort, als die Suche bereits …«

      »Fragen Sie mich nicht, wie er das geschafft hat«, fiel ihm Dittel ins Wort. »Blut ist dicker als Wasser. Uns ist es nicht gelungen, sein Alibi zu erschüttern. Er hielt einen Vortrag in Hamburg, aber das wissen Sie ja bereits.«

      »Was macht Sie so sicher, dass es der Junge war?«, fragte Trevisan.

      »Wir hatten Zeugen, die ihn etwa zur angenommenen Tatzeit am Waldrand unweit von diesem Gehöft gesehen haben«, erklärte Dittel. »Ich habe einen Beschluss erwirkt und sein Zimmer durchsucht. Er hatte die Kette eines der Mädchen dort versteckt und rastete aus, als wir sie fanden und ihm wegnahmen. Zu viert mussten wir ihn bändigen, der hatte Bärenkräfte. Ein riesiger und jähzorniger Kerl mit dem Verstand eines kleinen Kindes, was glauben Sie, was der alles anrichten kann. Es war unverantwortlich, ihn einfach so herumlaufen zu lassen.«

      Trevisan lächelte. »Der Psychiater, der den Jungen damals untersuchte, ist da ganz anderer Auffassung.«

      Dittel wischte Trevisans Einwand mit einer Handbewegung fort. »Er schleicht dort im Wald herum und trifft auf die Mädchen und sie geraten in Streit, dann passiert es und ehe sich die Mädchen versehen, sind sie tot. Irgendwie informiert er seinen Vater, der die Leichen beseitigt, doch die Kette übersieht er. Anschließend schnappt sich der Vater den Rucksack eines der Opfer und wirft ihn weit entfernt von Tennweide auf einem Rastplatz an der Autobahn in ein Gebüsch, damit er gefunden wird und alle glauben, der Täter stammt nicht aus dem Ort. Danach kehrt er in den Ort zurück und tischt uns die Geschichte von diesem Seminar auf. Sagen Sie selbst, Herr … Herr …, das klingt doch plausibel. Ich konnte ihm nur nicht nachweisen, dass er das Seminar bereits vor siebzehn Uhr verlassen hat. Sie glauben gar nicht, wie sehr mich das beschäftigt.«

      »Trevisan«, antwortete Trevisan. »Trevisan ist mein Name und ich bin ehrlich gesagt nicht Ihrer Meinung. Außerdem gibt es da eine DNA-Spur am Rucksack …«

      »… die nichts mit dem Fall zu tun haben muss«, schnitt ihm Dittel abermals das Wort ab. »Wer weiß, wie lange der Rucksack dort schon lag und wie viele neugierige Passanten da schon dran waren. Nein, ich bin felsenfest davon überzeugt, der Junge war es und der Vater hat die Drecksarbeit übernommen, damit sein Sohn nicht in eine geschlossene Anstalt muss. Und es hat ja auch geklappt. Die Justiz ließ ihn wieder laufen, nachdem ich einen Unterbringungsbefehl gegen ihn erwirkte.«

      »Sie haben recht, die DNA-Spur muss nicht zwangsläufig vom Täter stammen«, stimmte Trevisan zu. »Aber die Lage der Spur zwischen den Trageriemen spricht nicht unbedingt für eine flüchtige Berührung. Außerdem lag der Rucksack in der Nähe des Walsroder Kreuzes. Erklären Sie mir, wie hätte der debile Junge den dort ablegen können? Er war nicht mobil und sein Vater war an diesem Tag in Hamburg.«

      »Ich weiß nicht, wer ihm geholfen hat, aber für mich steht fest, dass es der Junge war. Der Richter hatte Bedenken und ließ ihn wieder laufen, weil ein Gutachter zur Auffassung kam, dass der Apothekersohn zu koordiniertem Handeln nicht in der Lage ist. Und ich hatte nur das Kettchen in der Hand. Das war dem Richter zu wenig.«

      Trevisan schüttelte den Kopf. Dieser Mann hatte sich in seine Geschichte verrannt und es war sinnlos, mit ihm weiter darüber zu sprechen. Er erhob sich und lächelte freundlich.

      Lisa räusperte sich. »Sie halten wohl nicht viel von moderner Forensik und wissenschaftlichen Methoden.«

      »Wir ließen damals umgehend ein DNA-Profil der Mädchen erstellen«, entgegnete Dittel bissig. »Ich war selbst dabei, als wir die persönlichen Gegenstände der Mädchen bei den Eltern abholten. Ich sperre mich also überhaupt nicht gegen moderne Ermittlungsmethoden, ich behaupte nur, dass Wattestäbchen und Reagenzgläser keine echte Ermittlungsarbeit ersetzen können.«

      »Es wurden mittlerweile sehr viele Altfälle durch wissenschaftliche Methoden geklärt«, widersprach Lisa.

      »Ach, Mädchen«, antwortete Dittel hochmütig. »Ich war über vierzig Jahre im Ermittlungsdienst tätig. Ich habe Dinge erlebt, die Sie mir kaum glauben werden. Ich vertraue nur einem.«

      »Und das wäre?«, fragte Trevisan.

      Dittel fasst sich an seine Nasenspitze. »Meinem kriminalistischen Spürsinn«, antwortete er.

      Trevisan kratzte sich an der Stirn. Er zog eine Visitenkarte aus seiner Jackentasche, die er dem ehemaligen Polizisten reichte. »Vielen Dank, Sie haben uns sehr geholfen«, sagte er mit gespielter Freundlichkeit. »Falls Ihnen doch noch etwas einfällt …«

      »Eine schöne Floskel«, antwortete der Kriminaloberrat. »Wenn Sie ehrlich wären, dann würden Sie zugeben, dass ich Sie eher verwirrt habe, als Ihnen Klarheit zu verschaffen. Aber grüßen Sie mir Ihren Dezernatsleiter, ich wusste schon damals, dass er es weit bringen wird.«

      »Sicher«, entgegnete Trevisan und reichte Dittel die Hand.

      *

      Justin Belfort hatte über seine Redaktion einen Notfallservice verständigen lassen, der die zerstochenen Reifen vor Ort austauschte. In der Zwischenzeit hatte er seine Redaktionsassistentin angewiesen, über Padborg und die ominöse Rockergruppe Erkundigungen einzuziehen. Vielleicht hatte dieser Dorfpolizist recht und die Entführung der jungen Frauen vor drei Jahren hatte etwas mit der Sache zu tun.

      In der Zwischenzeit lehnte er am Geländer und schaute dem Reifenmonteur zu.

      »Das war saubere Arbeit«, verkündete der Mechaniker, seinem Teint nach ein Südländer.

      »Zerstochen, oder?«, fragte Justin.

      »Hundert Prozent«, bestätigter der Monteur. »Beide, war wohl ein Stilett oder so was.«

      Justin nickte. Sein Handy klingelte und Sina Stühr, seine Redaktionsassistentin, war am Apparat.

      »Vor fünf Tagen wurden tatsächlich sieben Rocker in Padborg von der dänischen Polizei verhaftet«, erzählte sie. »Die Gruppierung nennt sich Black Lions. Sie hausten in einem Anwesen vor der Stadt. Es gab Hinweise auf einen Drogendeal. Die Polizei stürmte das Anwesen und fand beinahe ein Kilo Heroin. Bei der Durchsuchung stießen sie auf einen Gewölbekeller, in dem die Kerle zwei junge Frauen eingesperrt hatten. Es waren Russinnen, die von den Rockern festgehalten und zum Sex gezwungen worden waren. Die Kerle sitzen jetzt im Gefängnis und werden wohl so schnell nicht mehr herauskommen. Sie haben auf die Polizei gefeuert und zwei Beamte des Einsatzkommandos verletzt. Einer der Rocker wurde bei dem Feuergefecht getroffen und erlag im Krankenhaus seinen Verletzungen.«

      »Du musst herausfinden, wer die Ermittlungen leitet«, sagte Justin. »Vielleicht hängt das mit dieser Sache hier zusammen.«

      »Ich habe meine Fühler bereits ausgestreckt«, antwortete Sina. »Schließlich arbeite ich schon lange genug für dich.«

      »Dann sag Monika, dass ich nach Padborg muss, wenn ich hier fertig bin.«

      »Bleibst du noch lange?«

      »Ich fahre morgen zurück. Ich will sehen, ob ich an den Vater

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