Übergewicht und Krebs. Prof. Dr. Hermann Delbrück

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Übergewicht und Krebs - Prof. Dr. Hermann Delbrück Personalisierte Krebsvorsorge und Früherkennung

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et al 2011, Caldwell et al, 2004, Borena et al 2012). In England sind Zusammenhänge besonders auffällig Bei jedem vierten bis fünften Leberkrebspatienten soll dort ein Zusammenhang mit Übergewicht vorliegen, behauptet die Stiftung Cancer Research in Großbritannien. Epidemiologen in Deutschland gehen hingegen nur von einer relativen Erhöhung des Erkrankungsrisikos um 83 % aus. Bei dauerhaftem Übergewicht im jugendlichen Erwachsenenalter ist generell die Gefahr größer (Behrens et 2018).

      Übergewicht ist häufig mit einer Fettleber (NASH und NAFLD) verbunden, die gelegentlich in eine Fetthepatitis, eine Zirrhose und schließlich Krebs überzugehen droht. Genetische Faktoren (z. B. PNPLA3), die die Entwicklung einer Fettleber ohne Zirrhose (NASH) beeinflussen, können indirekt auch die Karzinomentwicklung begünstigen. Hartnäckig halten sich Vermutungen, dass der hohe Gehalt industriell hergestellter Fruktose in Softdrinks zur Entstehung des „Risikofaktors Fettleber“ mit beiträgt.

      Eine wesentliche Ursache der Krebsförderung sollen Entzündungsfaktoren sein, die im Fettgewebe und in der Fettleber gebildet werden. Die Therapieforschung arbeitete deshalb intensiv an der Entwicklung entzündungshemmender Einflüsse. Blutplättchen scheinen an den Entzündungsprozessen beteiligt zu sein.

      Kommentar und Empfehlungen: Körperliche Inaktivität, Übergewicht und Alkohol beschleunigen den Übergang einer Fettleber in eine Fibrose und Zirrhose, die schließlich in Krebs übergeht (Caldwell et al 2004). Nehmen Adipöse ab, so verbessern sich bei ihnen die Biomarker für eine nicht alkoholische Fettlebererkrankung (NAFLD). Gleichzeitig verbessert sich bei ihnen der Blutzucker- und Fettstoffwechsel (Baumeister et al 2018, Schwimmer et al (2019); die Leberkrebsgefahr sinkt dann.

       Leberzirrhose-Patienten sind extrem gefährdet. Sie sollten alle sechs Monate sonographisch überwacht werden.

       Zur Vorbeugung gegen Hepatitis B steht seit 1982 ein hoch wirksamer Impfstoff zur Verfügung. Impft man Säuglinge erkrankter Mütter unmittelbar nach der Geburt, verhindert dies eine Infektion.

       Hepatitis B Erkrankte sollten zur Vermeidung von Infektionen des Partners bei Sexualkontakten Kondome benutzen; ungeschützter Geschlechtsverkehr ist eine häufige Infektionsursache.

      Impfungen gegen eine Hepatitis-C-Infektion befinden sich noch in der Entwicklungsphase. Vorbeugend sollten alle Schutzmaßnahmen eingehalten werden, die eine Infektion durch Blut-zu-Blut-Kontakt verhindern. Dazu zählen der gemeinsame Spritzengebrauch, die gemeinsame Benutzung von Nagelscheren, Rasiermessern und Zahnbürsten.

       Metformin soll bei Typ-2-Diabetikern das Leberkrebsrisiko reduzieren (?).

       Das Pilzgift Aflatoxin verursacht Leberkrebs. Schon lange ist bekannt, dass die hohe Leberkrebsrate in Westafrika mit dem Aflatoxinbefall sonnengetrockneter Erdnüsse zusammenhängt. Durch neueingeführte künstliche Trocknungsverfahren erreichte man dort eine deutliche Häufigkeitsabnahme aflatoxinbedingter Leberkrebserkrankungen.

      Kommentar zur Relevanz der Krebsvorsorge-Früherkennung: Für Leberkrebs gibt es kein gesetzliches Krebs-Früherkennungs-Programm, obwohl man isolierte Krebsherde im – häufig zirrhotisch veränderten – Lebergewebe sonographisch relativ frühzeitig erkennen und erfolgreich entfernen kann. Hauptgrund hierfür ist wahrscheinlich die Angst vor einer Überdiagnostik. Sinnvoll sind Ultraschall- Screening-Untersuchungen der Leber bei Risikopatienten mit Leberzirrhose chronischer Hepatitis B und C sowie bei einer chronischen Fetthepatitis.

       Gallengangskarzinom (Cholangiokarzinom)

      Starkes Übergewicht zählt zu den Risikofaktoren für ein in der Leber entstehendes (intrahepatisches) Gallengangskarzinom. Das relative Risiko beträgt, im Vergleich zu Normalgewichtigen, RR = 1,49 (Kyrgiou, M et al; BMJ 356: 477, 2017). Als weiteren Risikofaktor diskutiert man die B und die C-Hepatitis.

      Gallengangsentzündungen (primär sklerosierende Cholangitis) sowie ein Reflux der Bauchspeicheldrüsensäfte sind Risikofaktoren für außerhalb der Leber entstehende Gallengangskarzinome.

       Gallenblasenkarzinom

      Neben Gallensteinen, einer chronischen Gallenblasenentzündung sowie entzündlichen Darm- und Lebererkrankungen (Primär sklerosierende Cholangitis) zählt starkes Übergewicht zu den bedeutendsten Risikofaktoren (World Cancer Research Fund International 2015, 2018). Metaanalysen von Studien zeigen eine relative Risikoerhöhung um 67 % (Behrens et al 2018). Als Ursache vermutet man chronische Entzündungen im Zusammenhang mit Gallensteinen (unter denen Übergewichtige häufig leiden). Sie verursachen narbige Veränderungen und einen ständigen Wachstumsreiz auf die Schleimhaut.

      Kommentar und Empfehlungen: Gewichtsreduzierende Maßnahmen schützen sowohl vor Gallensteinen als auch vor Gallenblasenkrebs. Die Gallenblasenentfernung bei chronischen Entzündungen dient auch zur Krebsprophylaxe.

      Kommentar zur Relevanz der Krebsvorsorge-Früherkennung: Bei stark Übergewichtigen werden regelmäßige Lebersonographien empfohlen.

       Die Entfernung der Gallenblase (Cholezystektomie) wird prophylaktisch bei Patienten mit einer primär sklerosierenden Cholangitis und Gallenblasenpolypen mit 8 mm Durchmesser empfohlen.

       Darmkrebs

      Risiken für Darmkrebs, im Vergleich zur Normalbevölkerung (X = wahrscheinlich erhöht, XX = doppelt so hoch, XXX = mehr als doppelt so hoch, XXXX = sehr hohes Risiko; modifiziert nach: Delbrück 2015)

Familiäre adenomatöse Polyposis:XXXX
Hereditäres kolorektales Karzinom:XXXX
HNPCC = Lynch-Syndrom:XXXX
Angehörige ersten Grades, die im Alter von < 50 Jahren an Darmkrebs erkrankten:XXX
Angehörige ersten Grades, die im Alter von > 55 Jahren an Darmkrebs erkrankten:XX
Angehörige zweiten Grades:X
Mindestens ein Adenom > 10 mm < 20 mm:XXX
Mindestens ein Adenom > 20 mm:XXXX
Starkes Übergewicht in der Jugend (BMI > 30):XXXX
Starkes Übergewicht als Erwachsener (BMI > 30):XXX
Bewegungsarmut, körperliche Inaktivität:XXX
Weit überdurchschnittliche Körpergröße und ausgeprägtes Bauchfett:XXX
Rotes und verarbeitetes Fleisch:XXX
Hoher Alkoholkonsum (> 70 g täglich):XXX
Typ-2-Diabetes, der mit Insulin behandelt wird:XXXX
Typ-2-Diabetes (nicht mit Insulin behandelt):XXX
AIDS (unbehandelt):XX
Pancolitis (chronische Entzündung des gesamten Darms):XXX
Colitis ulcerosa (linke oder rechte Darmhälfte):XX
Colitis ulcerosa (auf den letzten Darmabschnitt begrenzt):XX
Rauchen:XX
Vitamin-D-Mangel:X
Dysbiom (gestörte Darmflora):XX
Niedriger sozioökonomischer Status:XX
Häufige Antibiotikatherapien in der Jugend:X
Häufige Wechsel- und Nachtschicht-Arbeit:X

      Bei den Risikofaktoren steht – neben der erblichen Disposition und einem Typ-2-Diabetes – der Lifestyle mit an der vordersten Stelle. Neben Bewegungsarmut – und noch vor Nikotin, rotem Fleisch und Alkohol – gilt Übergewicht unter den Lifestylerisiken als der größte Risikofaktor.

      Nicht nur die Krebsentstehung und der Zeitpunkt der Diagnose, sondern auch der Krankheitsverlauf und das Wiedererkrankungsrisiko werden durch Übergewicht negativ beeinflusst. In Metaanalysen, in denen man das Krebsrisiko von über- und normalgewichtigen Personen verglich, wurde das Erkrankungsrisiko bei

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