Hätschelkind. Wimmer Wilkenloh

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Hätschelkind - Wimmer Wilkenloh

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ist ein Yogi-Tee mit einer Himalaja-Mischung!«

      »Dann ist ja alles in Ordnung!«, grinst Stephan Mielke verschmitzt und hebt seinen Kaffeebecher. »Wir dachten schon du bist krank!«

      »Nein, Kollegen, es geht mir sehr gut«, kontert Swensen gelassen und steht auf um die Sitzung zu eröffnen. Doch Peter Hollmann, der sich in die äußerste Ecke zurückgezogen hat, niest lautstark dazwischen.

      »Gesundheit Peter!«

      Hollmann putzt sich die Nase. Seine glänzenden Augen deutet Swensen als Fieber.

      »Wohl doch etwas zu früh im Dienst?«

      »Quatsch, es geht schon! Lasst euch durch mich nicht stören«

      »Wie du willst«, erwidert Swensen, obwohl er der Meinung ist, Hollmann sollte nach Hause gehen und sich ins Bett legen. Sein Blick wandert um den Tisch. Alle verstummen.

      »Also Kollegen, wir haben zwar noch keinen richtigen Fall, aber immerhin hat dieser Nichtfall schon einen Namen: Edda Herbst. Eins ist sicher, die Frau ist verschwunden und treibt wahrscheinlich tot irgendwo vor St. Peter-Ording im Wasser. Unfall, Suizid oder Mord, wir wissen es nicht. Aber gehen wir alles in der richtigen Reihenfolge durch. Was hast du rausgekriegt, Stephan?«

      »Edda Herbst, geboren 21. 3. 1957 in Husum. Größe: 168 cm, Augenfarbe: grün. Wohnt, oder vielmehr wohnte, in einem älteren Einzelhaus in der Deichstraße 22, ein Erbstück der Eltern, die vor 10 Jahren bei einem Unfall umgekommen sind. Keine Geschwister. Verwandte sind nicht bekannt. Die Nachbarn kennen sie nur flüchtig, meist nur so vom Sehen. Keiner kann sich daran erinnern, wann er Edda Herbst zuletzt gesehen hat. Sie lebte offensichtlich ziemlich unauffällig.«

      »Und am Dienstag, dem 14. November, hat sie in der Videothek von Herrn Hajo Peters gearbeitet.« mischt Swensen sich in Mielkes Ausführungen, in dem er seinen Notizblock zückt und seine Eintragungen überfliegt. »Hajo Peters ist der Mann, der Edda Herbst auf dem Bild in der Husumer Rundschau erkannt hat. Wahrscheinlich ist er auch die letzte Person, die sie lebend gesehen hat. Bei der Vernehmung sagte er, sie habe drei Wochen Urlaub genommen. Es ist ihm auch nichts Ungewöhnliches an ihrem Verhalten aufgefallen.«

      Swensen macht eine kurze Pause, um die Aufmerksamkeit der Anwesenden zu schärfen, und fährt mit Bedacht fort.

      »Vor einem halben Jahr soll sie eine längere Zeit einen Freund gehabt haben, mit dem sie ziemlich viel Ärger hatte. Hajo Peters hat sie mal vor seinem Laden beobachtet, wie sie sich handfest in den Haaren hatten und sich heftig anbrüllten. Sie hat dann, nach Peters Aussage, das Ganze abrupt beendet. Es wäre gut, wenn wir rauskriegen, wer dieser Freund war.«

      »Und Hajo Peters?« fragt Silvia Haman. »Welchen Eindruck hast du von dem?«

      »Auf meine Frage, ob er eine intime Beziehung mit Edda Herbst hatte, wurde er ziemlich wütend. Er wäre zwar ein paar Mal bei ihr zuhause gewesen, aber immer nur um berufliche Absprachen zu treffen, wer wann welche Schicht übernimmt, usw. Sie haben sich nämlich in der Videothek immer gegenseitig abgelöst.«

      Swensen nimmt einen Schluck Tee. Ein Gefühl sagt ihm, dass mit Hajo Peters etwas nicht stimmt. Doch das verschweigt er.

      »Auch meine Nachforschungen in den Fotoläden in Heide, und, wie ich von Jan erfahren hab, auch in denen in Husum, haben nichts ergeben.«

      Silvia Haman deutet mit dem Finger zum Reißbrett, auf das sie die gesamte Fotoserie gepinnt haben. »Der Absender der Fotos bleibt bis auf weiteres der große Unbekannte.«

      »Hoffentlich finden wir sie bald, unsere Fotoleiche!«, sagt Swensen und von der anderen Seite des Tischs meldet sich Peter Hollmanns verschnupfte Stimme.

      »Immerhin haben wir in der Wohnung alte Fotos von Edda Herbst gefunden. Wir wissen jetzt wie sie wirklich aussieht. Ansonsten können wir die Spuren wohl erst richtig auswerten, wenn wir die Leiche haben. Vielleicht müssen wir das Ganze auch noch mal gezielter wiederholen.«

      Swensen schaut demonstrativ auf die Uhr. Inzwischen ist es bereits kurz nach sieben. »Ich glaub’ das ist wohl alles für heute!«

      Alle springen auf. Während sich der Raum leert, ist Peter Hollmann am Reißbrett stehen geblieben und studiert eindringlich eines der Fotos. Er winkt Swensen zu sich und deutet auf die Totale von der Wattlandschaft mit dem Westerhever Leuchtturm im Hintergrund. Swensen sieht ihn neugierig an.

      »Schau dir mal das Bild genau an, Jan!«

      »Das hab ich mir schon öfter angeschaut.«

      »Der Bildausschnitt! Sieh dir mal die Kamerahaltung an, die leichte Schräge.«

      »Ja und?«

      »Solche Schrägen, die kenn’ ich. Das ist eindeutig der Stil eines bekannten Kunstfotografen. Der Name fällt mir jetzt auf Anhieb nicht ein, aber zuhause hab ich bestimmt einen Bildband von dem. Ich müsste mich schon sehr täuschen, wenn dieses Foto nicht von ihm ist, der ist international bekannt.«

      3

      Die Warnblinkanlage wirft lange rote Streifen auf den nassen Asphalt. Swensen nimmt den Lichtschein schon vor der Kurve wahr, bevor der Bahnübergang überhaupt in seinem Blickfeld auftaucht und steigt behutsam in die Bremsen. Der alte VW-Polo zieht sofort leicht nach rechts.

      Mist, ich muss unbedingt die Bremsen richten lassen.

      Nach der Besprechung war er in Gedanken an seine Auseinandersetzung mit Anna zuerst in seine Wohnung in der Hinrich-Fehrs-Straße gefahren. Wie schon am Morgen konnte er nicht entspannen und probierte es gar nicht erst mit Meditation. Dieses vertrackte Gefühl, nicht Fisch und nicht Fleisch, war ein Zustand, den er nie lange aushalten konnte. Er musste die Sache mit der gemeinsamen Wohnung noch heute Abend mit ihr klären.

      Mit lautem Pfeifen kündigt sich die Regionalbahn nach St. Peter an und rattert quer über die Straße. Die erleuchteten Fenster ziehen einen gelben Lichtstreifen durch die Nacht.

      Gähnend leer, denkt Swensen. Wer will auch um diese Zeit mit dem Zug von Husum nach St. Peter. So kutschiert sich die Bahn mit Sicherheit in die roten Zahlen.

      Auf der Geraden nach dem Übergang fährt der Triebwagen eine längere Strecke parallel zur Straße, immer auf gleicher Höhe mit Swensens VW. Im Schein der Zugfenster fliegen die flachen Marschwiesen mit den geduckten, windschiefen Weiden und vereinzelten Schafherden vorbei. Vorn sieht Swensen ein grelles Licht auf sich zukommen. Es stammt von der nagelneuen RaMi-Tankstelle, die hier mitten in die Einsamkeit gesetzt wurde. Swensen steuert seinen Wagen an den Zapfsäulen vorbei bis direkt vor die Eingangstür. Obwohl sich einige Häuser im Umfeld befinden, wirkt die ganze Anlage wie ausgestorben. Durch die Fensterfront kann er die Verkäuferin von draußen deutlich erkennen.

      Die steht da wie auf dem Präsentierteller, denkt er. Eine riesige Tankstelle, eine Verkäuferin, allein bis spät in die Nacht. Das ist doch nur eine Frage der Zeit, bis wir hier ermitteln dürfen.

      Er schnappt sich einen der mickrigen Blumensträuße, die in Plastikeimern vor der Tür stehen, bezahlt und ist schon wieder auf der Straße. Fünf Minuten später sieht er durchs linke Seitenfenster die Witzworter Meierei, die kurz vor dem Ortseingang steht.

      Immer wenn er hier vorbeikommt, denkt er unwillkürlich an den sagenhaften ›Eiderstedter Traum‹. Der sahnige Joghurt, der hier produziert wird, ist ein Geheimtipp

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