Herrenfahrrad "Partizan". Dragan Aleksić
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Rührei
Ich laufe gerne. Ich mache das ständig. Ich renne die Straßen entlang, auf dem Weg zur Nera und zurück, das sind zwei mal zwei Kilometer. Ich renne durch den Wald hinter dem See, an den Gleisen entlang. Ich renne zum Kino und zurück. Ich renne zur Schule und zurück. Ich renne den Berg Urvan und den Berg Kalvarija hinauf. Auf dem Kalvarija stehen drei große Holzkreuze. Wenn keiner da ist, und es ist fast nie jemand da, springe ich ganz hoch, hänge mich an den Balken eines der beiden kleineren Kreuze und schaue mir von dort oben die Stadt und die blauen Berge dort hinter der Nera in Rumänien an.
Wenn auf meiner Straße jemand ist, renne ich über den Rasen zur Fahrbahn und dann weiter am Fahrbahnrand, immer geradeaus nach vorn schauend. Ich grüße nur ungern die Nachbarn. Ich schaue nur mit dem Augenwinkel, ob sie mich ansehen. Manchmal stehen da ein paar Frauen und reden irgendetwas. Manche dieser Omas sind frech, ich höre sie sagen: „Da, dieses verrückte Kind rennt schon wieder. Er ist schon groß, er sollte endlich vernünftig werden und aufhören, so kopflos in der Gegend herumzurasen.“
Wenn er nicht betrunken ist, ruft Rajko, genannt der Antifaschist, mir hinterher: „Lauf, Kleiner, lauf! Mens sana in corpore sano!“ Betrunken ruft er andere Dinge.
Jeden Morgen frühstücke ich Rührei von drei Eiern, in das ich Brot eintunke. Meine Mutter sagt immer, ich solle nicht so viel Brot nehmen: „Du isst jeden Morgen einen halben Laib Brot. Abends fehlt es uns dann für das Abendbrot. Wie viele Brote soll ich denn für uns beide kaufen? Ich werde wohl das billigere Mischbrot kaufen müssen.“ Ich mag Weißbrot. Es ist so samtig weich, wie Mamas Watte im Badezimmer. Mama kauft es sehr selten, nur wenn das Mischbrot und das Graubrot alle sind. Bis zum zwanzigsten im Monat kauft Mama Mischbrot, danach Graubrot, bis zum Zahltag.
Auf dem Schulweg kann ich die Sonja-Marinković-Straße entlang rennen, dann rechts in die Straße der Volksarmee, von da aus links in die Žarko-Zrenjanin-Straße, in der sich meine Schule befindet, die genau so heißt wie die Straße. Aber ich renne nicht diese Strecke. Ich renne durch Straßen, die in Zick-Zack-Linien bis zur Schule führen: Sonja-Marinković-Straße, dann die Nemanjina, Car-Dušan-Straße, Boris-Kidrič-Straße die Karađorđe-Straße, Straße der Volksarmee und Žarko Zrenjanin.
Ich hoffe darauf, in diesem Frühjahr die Stafette für Tito zum Tag der Jugend tragen zu dürfen, und zwar in der Hauptstraße, nicht in irgendeiner Seitenstraße. Ich muss ja nicht derjenige sein, der sie dem Vorsitzenden der Jugendorganisation übergibt, das kann ruhig jemand anderes machen, jemand älteres. So wäre ich in der Mitte, links und rechts von mir jeweils ein Mädchen, unweit der Bühne reiche ich dann den Staffelstab einer Gymnasiastin, die auf die Bühne klettert und diesen nebst einer kleinen Rede dem Vorsitzenden überreicht, der vor einem großen Tito-Bild steht. Die Hauptstraße ist voll, alle schauen uns an, alle schauen mich an. Im Publikum sind auch meine Mutter und auch meine Ex-Freundin.
Ein Mann, der mit meiner Mutter in der Druckerei arbeitet, sagte mir, die Tochter seines Nachbarn arbeite als Sekretärin beim Jugendleiter und könne das klarmachen, dass ich die Tito-Stafette trage – wenn ich ihn an meine Mutter ranlasse. Ich sagte ihm: „Fick dich ins Knie“ und haute ab, um nicht verprügelt zu werden. Als ich klein war, hat mir meine Mama gesagt, wenn jemand auf mich zu käme und mir sagte, meine Mutter sei schön und ich solle ihn mal an sie ranlassen, solle ich ihm sagen: „Fick dich ins Knie.“
Ich hatte eine Freundin, einen Monat lang. Es war meine erste Liebe. Sie ging in die 7a, ich in die 8b. Wir gingen abends auf der Promenade spazieren, dann standen wir eine Weile in ihrer Hauseinfahrt. Ich wusste nicht, wie ich sie küssen sollte. Ich redete, sie erwartete, dass ich sie umarme und küsse, aber ich wusste nicht, wie. Ich wollte mich nicht lächerlich machen. Mein Herz schlug furchtbar stark. Dann sagte sie: „Ich muss jetzt gehen. Tschüss.“
Sie schaute mir in die Augen. Ich antwortete nervös: „Tschüss.“
Ich dachte mir, am nächsten Abend würde ich sie ganz bestimmt küssen. Aber ich schaffte es nicht. Sobald sie das Tor hinter sich geschlossen hatte, rannte ich die Straße hinunter wie blöd, wütend auf mich selbst. Ich rannte eine Runde um den See, in der finsteren Nacht, und dann nach Hause. „Lauf doch, Kleiner, lauf“, rief einmal Rajko, der Antifaschist, hinter mir her, als er aus der Kneipe gegenüber dem Bahnhof kam. „Ein gesunder Schwanz in einem gesunden Körper!“ Im Bett machte ich es mir dann selbst, aber dabei stellte ich mir nicht meine Freundin vor, sondern irgendwelche älteren, verdorbenen Mädchen aus der Berufsschule, über die man alles Mögliche erzählte.
Ich bin in der achten Klasse. Bald bin ich damit fertig. Ich weiß noch nicht, ob ich danach aufs Gymnasium will oder in die Berufsschule. Der Klassenlehrer meint, es wäre besser, wenn ich einen Beruf erlernte.
Der Klassenlehrer meinte auch, es wäre vielleicht besser für mich, nicht mit zur Klassenfahrt an die Adriaküste zu fahren, da ich dort nicht würde rennen können. In Dubrovnik rannte niemand durch die Straßen. Meine Mutter sagte: „Hm, hm, ein Schwerenöter. Schöner Mann, aber verdorben. Wenn er Druck hat, sagt er manchmal: Hey, Rührei, sag deiner Mama, sie soll morgen nach der Schule vorbeikommen, ich will ihr deine Noten zeigen.“
Als mich meine Freundin wegen eines Jungen aus der 7b verließ, der in der C-Jugend von Radnički Fußball trainierte, war ich traurig und sang eine ganze Woche lang beim Rennen das Lied der Gruppe Indexi „Sie hat alles den Bach runtergehen lassen.“ Tagelang rannte ich wie blöd. Auf dem Weg zur Nera sah mich mein Sportlehrer. Er fuhr gerade auf der Stange seines Fahrrads irgendein Mädel in der Abenddämmerung zur Nera, um ihr den Fluss zu zeigen. Er war unverheiratet und brachte ziemlich oft in der Abenddämmerung Mädchen zur Nera. In der kommenden Woche siegte ich bei den Wettbewerben der Südbanater Grundschulen in allen Disziplinen: einhundert Meter, zweihundert Meter, vierhundert Meter, achthundert Meter. Die Teilnehmer aus anderen Schulen nannten mich fliegender Weißkirchener, meine Schulfreunde sagten: Da ist das fliegende Rührei.
Ich mag Schlager. Im Fernsehen schaue ich mir alle Musikfestivals an. Ich verpasse weder den „Belgrader Frühling“, „Ihr Schlager der Saison“, das Zagreber noch das Spliter Festival der Unterhaltungsmusik, genau so wenig wie das im Kristallsaal des Hotels Kvarner in Opatija. Mama und ich schauen das immer gemeinsam. Wir machen das Licht aus, die Mama auf der Couch, ich auf dem Stuhl am Tisch. Ich sage Mama, welches Lied mir am besten gefällt und sie sagt mir ihre Wahl. Ihr gefallen immer zwei-drei Lieder gleich gut. Mir nur eins. Ich singe das Lied dann später tagelang beim Rennen vor mich hin. Ich bin traurig, wenn mein Lied nicht gewinnt. Meine Mama mag das Festival in Split am meisten, weil sie das Meer mag, aber noch nie am Meer war. Ich auch nicht. Die Klassenfahrt wäre eine Chance gewesen, das Meer zu sehen, aber ich fuhr nicht mit. Ich hätte es mir wirklich nicht vorstellen können, drei Tage nicht zu laufen, das hätte ich nicht ausgehalten. Ich wäre wahnsinnig geworden, ganz sicher.
Prinzessin Elethia
Ich war zehn Jahre alt, als ich meiner Mama beschrieb, wie die Hebamme und der Arzt aussahen, die ihr dabei geholfen hatten, mich endlich auf die Welt zu bringen. Ich sagte ihr außerdem, dass Papa im Wartezimmer auf die Frage, ob ich ein Junge oder ein Mädchen sei, zu der versammelten Familie sagte, er wisse es nicht, aber ich sei vollkommen gesund und Mama sei wohlauf.
Ich sagte ihr nicht, dass ich mich daran erinnern konnte, dass es später Nachmittag war, dass der Himmel schmutzig-orange war und der Turm der nächsten Kirche sechs Mal gegen das Tor des Himmels schlug.
Mama schaute mich eine Zeitlang stumpf an. Dann lächelte sie säuerlich und sagte: „Du erfindest Sachen.“
Später, im Laufe unseres