Jahrbuch der Baumpflege 2020. Группа авторов
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Abbildung 1: Beanstandungen in den EU-Mitgliedstaaten in den Jahren 2014-2018 aufgrund von Schadorganismenbefall nach Waren arten (verändert nach EU 2018b)
3 Pflanzengesundheitsregime in der EU – Historie
Für die EU-Mitgliedstaaten wurden im Jahr 1976 harmonisierte phytosanitäre Einfuhrvorschriften in der Richtlinie 77/93/EWG „[…] über Maßnahmen zum Schutz gegen die Einschleppung von Schadorganismen der Pflanzen oder Pflanzenerzeugnisse in die Mitgliedstaaten“ festgelegt. Diese Richtlinie wurde mehrfach überarbeitet. Die Überarbeitungen wurden im Jahre 2000 mit einer Neufassung in der Richtlinie 2000/29/EU zusammengeführt (EU 2000).
Im Laufe der Zeit erfolgten in den EU-Mitgliedstaaten trotz der bestehenden phytosanitären Einfuhrvorschriften Nachweise von Einschleppung neuer Schadorganismen an verschiedenen landwirtschaftlichen Kulturen und Bäumen, wie z. B. für den Kiefernholznematoden B. xylophilus im Jahr 1999 in Portugal oder für den Asiatischen Laubholzbockkäfer A. glabripennis im Jahr 2001 im österreichischen Braunau, worüber auch bei den Deutschen Baumpflegetagen regelmäßig berichtet wurde. Abbildung 2 gibt eine Übersicht über die Anzahl der von den EU-Mitgliedstaaten gemeldeten Erst- oder Neuauftreten von Pflanzenschadorganismen über alle Kulturarten hinweg für die Jahre 2010 bis 2016.
Abbildung 2: Anzahl der von den 28 EU-Mitgliedstaaten gemeldeten ersten oder neuen Auftreten von Pflanzenschadorganismen in ihrem Hoheitsgebiet über alle Kulturarten hinweg für die Jahre 2010-2016 (Datenquelle: EU 2017)
Die Zunahme des globalen Handels und des Tourismus sowie der Klimawandel stellten das bestehende phytosanitäre System, wie bereits ausgeführt, zunehmend vor weitere Herausforderungen. Auch im Rahmen der Deutschen Baumpflegetage wurden kritische Stimmen laut, die die Wirksamkeit der phytosanitären Einfuhrvorschriften infrage stellten (TOMICZEK 2012). Die EU-Kommission führte auf Ersuchen des Europäischen Rates in der Zeit von 2008 bis 2010 eine Evaluierung des bestehenden Pflanzengesundheitssystems durch, mit dem Ergebnis, dass die Richtlinie 2000/29/EG ersetzt werden sollte (FCEC 2010). Im Jahr 2013 erfolgte der erste Verordnungsvorschlag der EU-Kommission an den EU-Rat. Dieser wurde bis zum Juli 2016 technisch und politisch beraten. Am 24.11.2016 erfolgte die Veröffentlichung der Verordnung (EU) 2016/2031 „über Maßnahmen zum Schutz vor Pflanzenschädlingen […] und zur Aufhebung der Richtlinien […] 2000/29/EG […]“, die ab 14.12.2019 anzuwenden ist (EU 2016).
3.1 Ergänzungen der Verordnung (EU) 2016/2031
Zu verschiedenen Artikeln der Verordnung (EU) 2016/2031 hat die EU-Kommission die Verpflichtung bzw. die Möglichkeit, durch sogenannte Durchführungs- oder delegierte Rechtsakte weitere Konkretisierungen vorzunehmen. Entwürfe von delegierten Rechtsakten der EU-Kommission werden durch das EUParlament und den Rat geprüft, bevor sie in Kraft treten, wohingegen Durchführungsrechtsakte im Ständigen Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel (Standing Committee on Plants, Animals, Food and Feed, PAFF), Sektion Pflanzengesundheit, in dem alle EU-Mitgliedstaaten vertreten sind, beraten und direkt abgestimmt werden. In allen Fällen erfolgt vorab eine intensive Diskussion mit den Mitgliedstaaten.
Für einen Großteil der infrage kommenden Artikel ist dies für die EU-Kommission verpflichtend gewesen, so dass in der Zeit von der Veröffentlichung des Basisrechtsaktes bis zum Anwendungstermin mehr als zehn zusätzliche delegierte und Durchführungsverordnungen beraten und erlassen wurden, die insgesamt mehr als 30 Artikel der Pflanzengesundheitsverordnung zusätzlich konkretisieren.
4 Wesentliche Elemente der Verordnung (EU) 2016/2031
In den nachfolgenden Kapiteln werden die wesentlichen Elemente des neuen Pflanzengesundheitsregimes vorgestellt. In der deutschen Übersetzung der neuen Pflanzengesundheitsverordnung (EU) 2016/2031 (PGVO) wird der Begriff „Schädlinge“ synonym für Krankheitserreger (Pilze, Viren, Bakterien) und tierische Schädlinge („pest“ auf Englisch) verwendet. Dies stellt für den deutschen Sprachgebrauch eine Unschärfe dar. Im vorliegenden Beitrag und in den nationalen Rechtstexten wird daher weiterhin oft der Begriff „Schadorganismus“ gebraucht, wenn sowohl tierische Schädlinge als auch Krankheitserreger gemeint sind.
Der bisher in der Pflanzengesundheitsrichtlinie 2000/29/EG gebräuchliche Begriff „Schadorganismus“ wird in Abhängigkeit des phytosanitären Risikos in der PGVO näher definiert:
Quarantäneschädlinge: taxonomisch eindeutig; in dem fraglichen Gebiet nicht oder nicht weit verbreitet mit der Fähigkeit zur Ansiedlung und Ausbreitung; fähig, nicht hinnehmbare wirtschaftliche, soziale und ökologische Folgen zu verursachen; es stehen wirksame Maßnahmen zur Verfügung, um das Eindringen, die Ansiedlung oder Ausbreitung in einem Gebiet zu verhindern.
Unionsquarantäneschädling: tritt in der EU noch nicht auf oder ist nicht weit verbreitet und unterliegt amtlichen Überwachungsmaßnahmen. Falls ein Unionsquarantäneschädling in der EU auftritt, muss der Befall unter amtlicher Überwachung ausgerottet werden. Falls dies nicht möglich ist, muss dafür gesorgt werden, dass sich der Befallsherd nicht ausweitet.
Prioritärer Schädling: Unionsquarantäneschädling mit erheblichen wirtschaftlichen, sozialen oder ökologischen Folgen (siehe auch Kapitel 4.4).
4.1 Schadorganismenlisten, Warenarten und phytosanitäre Anforderungen
Die Anhänge der Richtlinie 2000/29/EG, in denen die geregelten Schadorganismen, Pflanzen und Pflanzenprodukte sowie die pflanzengesundheitlichen Anforderungen beim Import sowie im innergemeinschaft lichen Handel gelistet waren, wurden in die Durchführungsverordnung (EU) 2019/2072 mit insgesamt 14 Anhängen überführt (EU 2019a). Ergänzt wurden diese Listen um die Anhänge IV und V, in dem sogenannte Regulierte Nicht-Quarantäneschädlinge (RNQP) gelistet sind. Dabei handelt es sich um Schadorganismen, die nicht oder nicht mehr als Unionsquarantäneschädlinge gelistet werden, weil sie zu weit verbreitet sind. Bei Befall können RNQPs jedoch erhebliche wirtschaftliche Schäden an Pflanzen zum Anpflanzen verursachen. Relevantes Vermehrungsmaterial muss daher bei der Vermarktung und Einfuhr frei von RNQPs sein oder bestimmte Toleranzgrenzen eines Befalls dürfen nicht überschritten werden. Für forstliches Vermehrungsgut sind Kiefern mit Dothistroma pini,