Norderende. Tim Herden
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Dora schaute Rieder an: „War mehr so eine Redensart.“ Dabei knetete sie ihre Hände. Sie wurde ungeduldig. „Ich muss dann jetzt mal. Der Zuschauerraum säubert sich nicht von selbst.“
Die Untersuchung des Tatortes brachte kaum neue Erkenntnisse. Behms Team konnte Fingerabdrücke auf dem Kiel des Bootes sichern, neben dem Peter Stein gefunden worden war. Die konnten aber auch den beiden jungen Leuten gehören, die sich auf das Boot gesetzt hatten, bevor sie Steins Leiche gefunden hatten.
„Wir lassen die Abdrücke mal durch den Rechner laufen. Vielleicht gibt es einen Zufallstreffer. Aber die Fußspuren können wir vergessen“, stellte Behm fest. Dann suchten die Polizisten die Umgebung des Bootes nach Steins Handy ab. Im Dickicht des Strandwäldchens fanden sich aber nur leere Flaschen und Reste von Eisverpackungen. Außerdem hatte mancher Urlauber hier seine Notdurft verrichtet, statt die nahe öffentliche Toilette am Strandzugang beim Häuschen der Rettungsschwimmer zu benutzen. „Schöne Sauerei“, stöhnte Behm. „Hier könnte Damp sich mal auf die Lauer legen und Bußgelder verteilen.“ Von Steins Handy gab es keine Spur.
Behm und Rieder gingen zurück zum Zeltkino. Plötzlich blieb der Spurensicherer stehen. „Was mich wundert“, wandte er sich an Rieder, „wir haben keine Ruder gefunden. Da lag zwar der Bootswagen unter dem Boot. Aber keine Ruder. Komisch.“
„Die Fischer nehmen ihre Ruder immer mit nach Hause“, meinte Rieder. „Von denen liegen auch noch ein paar Boote am Strand. Und die schleppen die Dinger immer hin und her. Sonst könnte man doch die Boote leicht klauen.“
„Aber wenn ich mich erinnere, dann haben die einen Handwagen dabei. Das ist der ganze Kram drauf. Netze, Fässer und eben die Ruder. Aber Stein wird doch nicht mit den Rudern hierhergewackelt sein. Über die halbe Insel. Egal, ob er nun von seinem Haus in Kloster oder von seinem Haus am Süderende gekommen wäre.“
„Wir können die Kinofrau fragen.“
Dora Ekkehard war gerade dabei, eine Filmrolle in den Projektor einzulegen.
„Frau Ekkehard. Wir hätten noch eine Frage“, meldete sich Rieder. Dora Ekkehard schreckte auf und griff sich mit einer Hand ans Herz. „Um Gottes Willen. Können Sie nicht anklopfen?“
„Entschuldigung. Wir fragen uns, ob Peter Stein die Ruder von seinem Boot immer mitgenommen hat oder ob sie am Boot waren?“
Dora Ekkehard überlegte. „Sie müssten am Boot sein. Stein ist ja nicht oft rausgefahren. Meist nur zum Heringsangeln im Frühjahr. Und da hatte er ...“, sie schien intensiv zu versuchen, sich zu erinnern, „ ... da hatte er nur die Angeln dabei.“
„Sicher?“, fragte Rieder nach.
„Sicher.“
VIII
Über Hiddensee hingen noch ein paar dunkle Wolken. Als Rieder wieder im Revier angekommen war, zeigte sich am Horizont über der Ostsee schon wieder blauer Himmel. Behm war mit seiner Mannschaft wieder zurück auf dem Weg nach Stralsund. Er hatte versprochen, sich um einen Verbindungsnachweis von Steins Handy zu kümmern. Vielleicht ergaben sich daraus neue Ansatzpunkte für die Ermittlungen.
Rieder und Damp saßen sich schweigend gegenüber. Rieder war ungeduldig. Bei der neuen Arbeitsteilung im Revier musste er sich mit Damp abstimmen und konnte nicht einfach machen, was er wollte. So fragte er in das gemeinsame Schweigen: „Wie wollen wir weiter vorgehen?“
Damp saß hoch aufgerichtet auf seinem Stuhl und starrte vor sich hin. Doch Damps äußerliche Lethargie täuschte. In seinem Kopf arbeitete es. Er wollte Initiative zeigen. Er musste doch jetzt allen beweisen, dass er der richtige Mann für den Posten war. Einen Rückschlag hatte er allerdings schon hinnehmen müssen. Damp hatte gehofft, der Zeugenaufruf würde schnellere Ergebnisse bringen. Deshalb war er schnell ins Revier zurückgegangen. Er hatte sogar Rieder den Wagen überlassen, damit er die Spurensicherer zum Hafen in Vitte bringen konnte. Er wollte unbedingt im Büro sein, falls sich Zeugen meldeten. Es musste doch Strandgänger und Kinobesucher gegeben haben, die etwas gesehen hatten. Doch kein Mensch hatte sich bisher gemeldet, und Damp hatte nicht den gewünschten Informationsvorsprung, mit dem er auch vor Bürgermeister Durk hätte glänzen können.
Jetzt blieb Damp nur eine Chance. Er musste sich an Rieder dranhängen. Vielleicht kam er da auf eine erfolgversprechende Spur. Man muss den Feind mit seinen eigenen Waffen schlagen, dachte er sich.
„Was schlagen Sie vor?“, fragte er zurück.
„Ich denke, wir fahren in Steins Haus und schauen uns mal genauer um. Akten, Kalender, Adressbücher, der ganze Kram“, schlug Rieder vor. „Vielleicht bringt uns das weiter.“
„Gute Idee“, antwortete Damp. Er rückte seinen Stuhl zurück, stand auf und zurrte schon mal seine Uniform zurecht. Doch Rieder machte nun plötzlich gar keine Anstalten mehr, aufzustehen. Stattdessen nahm er ein Lineal, klopfte damit in seine Hand und schaute nachdenklich: „Wer könnte ein Motiv haben, Stein zu ermorden?“
„Woher soll ich das wissen?“, antwortete Damp trotzig.
„Sie sind doch schon so viele Jahre auf der Insel, müssen Stein doch gekannt und vielleicht auch gehört haben, was über ihn geredet wurde?“
„Wer redet denn schon mit mir? Hier auf der Insel!“ Da hatte Damp zwar Recht, wie Rieder aus eigener Beobachtung wusste, aber so völlig unwissend konnte selbst er nicht sein.
„Hatten Sie denn nie mit ihm zu tun?“
„Selten. Er kam vorbei, wenn es um Absperrungen für Baustellen ging oder er eine Straßensperrung haben wollte, wenn er mit seiner Truppe die Schlaglöcher und Kuhlen in den Wegen zuschüttete. Aber was sollte er sonst mit mir reden und ich mit ihm? Fragen Sie besser Ihren allwissenden Nachbarn. Malte Fittkau.“
Rieder stutzte. „Ich dachte, seit der Geschichte mit dem Pfarrer kommen Sie besser miteinander aus?“ Jedenfalls hatte er letzte Nacht diesen Eindruck gehabt.
„Eine Schwalbe macht noch keinen Sommer und ein paar Bier keine Freundschaft“, antwortete Damp nicht ohne Bitterkeit.
Er ging in Richtung Tür und fragte ungeduldig: „Wollen wir nun los?“ Rieder stand auf und wollte seinem Kollegen gerade folgen. Da klopfte es.
Damp riss die Tür auf. Ein riesiger gelber Regenhut war das Erste, was die beiden Polizisten sahen. Damp machte vor Schreck einen Schritt zurück.
„Sind wir hier richtig? Bei der Polizei?“, fragte eine leise Stimme. Rieder stand auf. Unter dem Hut sah er das Gesicht einer älteren Dame. Bevor er etwas sagen konnte, drehte sich die Frau auf dem Absatz um und verschwand wieder im Treppenhaus. Von dort hörten die Polizisten die Frau rufen: „Helene, komm doch mal.“
Dann kam sie zurück. Nun in Begleitung. Beide Frauen glichen sich völlig in der Kleidung. Die gleichen Regenhüte, die gleichen Regenjacken, die gleichen Wetterhosen und natürlich auch die gleichen Gummistiefel. Wie Zwillinge. Doch im Körperbau waren sie völlig verschieden. Die angeklopft hatte, war klein und korpulent, ihre Begleiterin recht groß und hager.
„Guten Tag, meine Name ist Jahnke. Hildegard Jahnke“, begann die Frau noch einmal, etwas ängstlich im Ton. Sie fasste ihre Gefährtin an der Hand. „Und das ist meine Freundin Helene Witt.“ Die Hagere grüßte nur mit kurzem