Bangkok Rhapsody. Thomas Einsingbach

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Bangkok Rhapsody - Thomas Einsingbach

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weißen Mittelschicht. Ein Schauprozess gegen einen Feind Amerikas, der im südostasiatischen Dschungel brave amerikanische Farmerjungs aus dem mittleren Westen gefoltert und ermordet hatte, war insofern für sie ein probates Mittel zum Zweck.

      Nurathat Chatchawan blinzelte benommen auf das Display seines Smartphones. Er hatte mit Freunden gepokert, dabei etliches getrunken und noch mehr verloren. Spät in der Nacht war er ins Bett getaumelt, ohne noch das ganze Ausmaß seines Verlustes wahrgenommen zu haben. Wer wollte ihn nun um halb fünf morgens sprechen? Etwas Angenehmes konnte das kaum sein. Als er die Nummer des ankommenden Anrufs erkannte, schoss er in die Höhe.

      „Andy am Apparat. Sir? Was kann ich für Sie tun? Es ist sehr früh …“, stammelte dieser mit schwerer Zunge.

      „Ich habe eine Aufgabe für dich. Es ist dringend.“ Die schneidende Stimme des Anrufers ließ keinen Zweifel offen, dass bei einem Misserfolg Unangenehmes zu erwarten war. Die nächsten Minuten saß Andy kerzengerade an der Bettkante und hörte so konzentriert, wie es in seinem Zustand möglich war, zu. Er bestätigte immer wieder mit „Yes, Sir!“ oder „Verstanden, wird erledigt!“, um dann ein letztes Mal seine Dienstbeflissenheit zu bekunden. „Sir, Sie können sich auf mich verlassen.“

      Als der Auftraggeber seine Anweisungen beendet hatte, sank Andy ermattet zurück ins Laken. An Schlaf war nicht mehr zu denken. Der Anrufer hatte schier Unmögliches von ihm verlangt. Würde es ihm dennoch gelingen, einigermaßen glimpflich aus dieser verzwickten Situation herauszufinden?

      Sie fuhren schweigend mit der Rolltreppe in die zweite Etage des BACC, dem Kunst- und Kulturzentrum von Bangkok. Dort betraten sie ein Café, das belgische Waffelspezialitäten anbot. William bestellte einen Cappuccino, Andy einen Doubleshot, der einem doppelten Espresso entsprach. Andys Haare standen wirr in alle Richtungen, sein jugendliches Gesicht wirkte in dem künstlichen Licht des Lokals blutarm und gelblich-fahl.

      „Ich habe erfreuliche Nachrichten“, verkündete Andy, der seine Augen hinter einer Sonnenbrille versteckte.

      „Ich höre.“

      William rührte in seinem Cappuccino und dachte dabei, in welch jämmerlichem Zustand Jonathan ihn vor nicht einmal zwei Wochen in seinem Büro in Hoboken angetroffen hatte. Andy hatte vermutlich nur ordentlich mit Freunden gefeiert und stand nun tapfer seinen Mann. Dieser junge Ermittler gefiel ihm. Penelope hatte bei der Selektion seines Assistenten die richtige Wahl getroffen.

      „Möchten Sie etwas essen?“

      William schob Andy die Speisekarte zu.

      „Nein, danke“, lehnte Andy ab. „Es gibt eine erste Spur. Ich habe einen Hinweis von einem früheren Kollegen erhalten, der mittlerweile im Immigrationsbüro tätig ist.“

      Ein Touristenpaar nahm an einem Ecktisch Platz. Sie bestellten Waffeln mit Zimtsahne und Nougatcreme. Dann bauten sie ihre Tablets auf und jeder für sich entfloh schweigend in seine private Virtualität. William zog den Löffel aus der Tasse und legte ihn behutsam auf die Untertasse.

      „Das ist Herbert C. Persitzky. Ich habe mir erlaubt, ein paar Fotos aus der Entfernung zu schießen. Bitte entschuldigen Sie die schlechte Qualität.“ William nahm die Aufnahmen entgegen, die einen älteren Herrn mit schütterem, grauem Haar und einer altmodischen Hornbrille zeigten.

      „Laut Auskunft der Ausländerbehörde wurde Persitzky am 20. April 1951 in Buenos Aires geboren, ist amerikanischer Staatsbürger und seit 2003 mit einem Dauervisum und einer Arbeitserlaubnis in Bangkok gemeldet. Ich werde in den nächsten Tagen die Echtheit der von Persitzky vorgelegten Immigrationsdokumente überprüfen“, erläuterte Andy seine Nachforschungen. William untersuchte auf den Fotografien die Gesichtspartie und, soweit erkennbar, die Hände Persitzkys.

      „Gute Arbeit, Andy. Womit verdient der Mann seinen Lebensunterhalt?“

      „Er arbeitet stundenweise als Verkäufer für Importweine und Spirituosen in einem Feinkostgeschäft in der Shoppingmall Siam Paragon. Außerdem schreibt er unter einem Pseudonym Kriminalromane, Thriller und Ähnliches.“

      „Unter Pseudonym?“ William spürte ein leichtes Kribbeln im Bauch. Andys Entdeckung schien vielversprechend.

      „Sein Autorenname ist Lawrence Fisher. Sein Thriller Lost Souls of Bangkok hat sich vor ein paar Jahren gut verkauft. Es gab sogar Pläne für eine Verfilmung, die aber im Sande verlaufen sind“, erklärte Andy.

      „Lawrence Fisher? Nie gehört. Wo wohnt Persitzky?“

      „Er hat sich erst kürzlich ein Apartment in Sukhumvit Soi 31 gekauft, eine ziemlich teure Gegend. Dort leben viele Expatriates, leitende Angestellte ausländischer Konzerne und reiche Ausländer.“

      Andy schob seine Sonnenbrille auf die Stirn und William sah in rotgeränderte Augen.

      „Das haben Sie ausgezeichnet gemacht!“, lobte William ein weiteres Mal. „Legen Sie sich jetzt ein paar Stunden aufs Ohr. Ich rufe Sie an, wenn ich Persitzky gesehen habe.“

      „Okay, Boss.“

      Andy tippte sich zum Abschied militärisch knapp an die Schläfe und verließ das Café in Richtung des Museumsausgangs. William legte ein paar Geldscheine auf den Tisch und betrat den Rampenaufgang, der sich spiralförmig um den Lichthof des kathedralen Gebäudeinnenraumes wand und in die Ausstellungsebenen der höher gelegenen Etagen führte. Er fühlte sich in diesem architektonisch gelungenen Kultur- und Ausstellungspalast wohl, das einen angenehmen Gegensatz zu dem allgegenwärtigen Kommerzhype Bangkoks bot und ihm schon zu FBI-Zeiten eine Oase der Besinnung gewesen war.

      William schlenderte durch eine Sonderausstellung, die eine Auswahl des fotografischen Frühwerks des vom thailändischen Volk gottähnlich verehrten, seit nahezu sieben Jahrzehnten amtierenden Königs Bhumibol zeigte. William betrachtete nostalgische Aufnahmen aus der Zeit, als der heute hochbetagte Monarch in jungen Jahren einige Zeit in Europa gelebt hatte: ein erleichtertes, optimistisches Nachkriegs-Paris, die Lavendelblüte in Südfrankreich, natürlich die Schweizer Alpen mit ihren schneebedeckten Gipfeln. Schließlich ein behagliches, schwarz-weißes Lausanne, wo der junge Bhumibol studiert hatte.

      William setzte sich auf eine lederbezogene Bank. Die Person auf Andys Observationsfotos hatte ohne Zweifel Mazzinis Physiognomie. Die Augenpartie hatte Andy recht ordentlich erwischt, obwohl die zweidimensionale Ansicht für William nicht aussagekräftig genug war. Schließlich gab es den verkrüppelten Finger, auf den in seinem Dossier immer wieder hingewiesen wurde. William LaRouche blickte hinüber zu einer Fotografie, die einen Sonnenaufgang über dem Genfer See zeigte. Der junge König hatte die zuversichtliche Stimmung eines jungfräulichen Tagesanbruchs gekonnt eingefangen, obwohl ihn an diesem Ort ein schwerer Schicksalsschlag getroffen hatte, als er 1948 bei einem Autounfall ein Auge verlor und sich eine unheilbare Gesichtslähmung zuzog.

      Penelope hatte bewusst ein paar Tage nach dem denkwürdigen Telefonat mit Melinda Rodriguez und Jonathan Robson verstreichen lassen. Die Justizministerin hatte sie unmissverständlich aufgefordert, sich William LaRouches anzunehmen. Im Auftrag der vielleicht nächsten Präsidentin der Vereinigten Staaten von Amerika griff Penelope nun zum Telefon.

      „William?“

      „Wie geht es Ihnen, Penelope?“

      „Haben Sie heute Abend schon etwas vor?

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