Deutschland – deine Politiker. Friedemann Weckbach-Mara

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       Manfred Wörner im Interview

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      Dagegen war die Krankheit von Hans Eichel geradezu eine Lappalie, mit der er im Februar 2001 er sehr offen umging. Gut beraten von seinem Sprecher Torsten Albig machte Eichel seinen Krankenhausaufenthalt ganz bewusst öffentlich: Als Ursache für seinen Bandscheibenvorfall wurde eine Verrenkung bei der Hausarbeit („Putzen“) des sparsamen Ministers genannt. Das kam gut an. War wohl auch fast wahr. Nach der Bandscheibenoperation besuchte ich ihn in seinem kargen Krankenzimmer. Professor Wolfgang Lanksch erklärte mir am ersten Februarwochenende 2001 im Eichel-Krankenzimmer: „Die Operation hat 50 Minuten gedauert. Es ist alles so gut verlaufen, dass Herr Eichel bereits am Freitag zum ersten Mal aufstehen konnte. Er wird auch schneller als sonst üblich am Montag oder Dienstag das Krankenhaus verlassen. Doch dann muss er mindestens 14 Tage kürzer treten, sich schonen. Am besten gar nicht sitzen, erst recht nicht im Flugzeug.“ Der Eingriff ist für Mediziner zwar Routine, doch Professor Lanksch schränkte ein: „Natürlich kann eine solche Operation auch schiefgehen. Wenn die Nervenwurzeln verletzt werden, hat der Patient hinterher noch mehr Lähmungserscheinungen und Schmerzen, die sogar chronisch werden können. In Deutschland gibt es etwa 40.000 bis 50.000 Bandscheibenoperationen. Ich muss aber leider sagen, dass viele davon gar nicht notwendig wären.“ Zur Vorbeugung, um einen Bandscheibenvorfall zu verhindern, wusste Professor Lanksch auch keinen Rat: „So was trifft selbst Hochleistungssportler genauso wie Nicht-Sportler. Ab dem 15. Lebensjahr degeneriert die Bandscheibe bei jedem Menschen. Das Einzige, was man wirklich raten kann, ist: möglichst wenig sitzen.“

      Genau das nahm sich Hans Eichel zu Herzen: „In Zukunft vertausche ich meinen Schreibtisch mit einem Stehpult. Das finde ich ohnehin ganz angenehm.“ Angst hatte Eichel nach eigenen Worten vor der Operation „überhaupt keine. Mir geht es auch schon wieder richtig gut. Ich hoffe, bald ist alles wieder wie vorher.“ Wurde es auch.

III.Skandale, Amtsmissbrauch und der Griff in die Staatskasse

      Erheblich länger hatten so manche Politiker an ganz anderen Problemen zu knabbern. Vor allem an ihren Skandalen bis hin zum Amtsmissbrauch. Das gilt besonders für eine Affäre an der norddeutschen Waterkant, die unsere Republik so heftig erschütterte, dass schon früh das Wort von ‚Waterkantgate‘ die Runde machte. In Anlehnung an die Watergate-Affäre, bei der im Juni 1972 Einbrecher in den Räumen der Demokratischen Partei im Washingtoner Watergate-Häuserblock erwischt wurden, wie sie für das Wahlkomitee von US-Präsident Richard Nixon beim politischen Konkurrenten Abhörwanzen anbringen wollten. Zwei Jahre später trat bekanntlich Nixon zurück.

      Für CDU-Ministerpräsident Uwe Barschel29 kam das Ende viel schneller. Bei seinem SPD-Herausforderer Björn Engholm30 dauerte es umso länger. Er stieg erst noch mächtig auf, wurde als angeblich unwissendes Barschel-Opfer dessen Nachfolger, SPD-Bundesvorsitzender und sollte bereits Kanzlerkandidat werden, als ihn seine Lügen einholten und er alles verlor.

      Auch im kleinen Kiel (240.000 Einwohner) gab es in der Affäre Barschel-Engholm wie in Washington den geplanten Einsatz von Wanzen. Aber nicht etwa, um den ungeliebten Gegner – in dem Fall die SPD – auszuspionieren, sondern um den falschen Verdacht aufkommen zu lassen, der Gegner SPD habe Wanzen bei der CDU-Spitze eingesetzt. Es war auch sonst alles etwas komplizierter. Im Hauptstadt-Distrikt der USA mit 7,6 Millionen Einwohnern gab es die Partei der Bösen mit dem Präsidenten an der Spitze und die Oppositionspartei der ahnungslosen Guten. Anfangs sah es zwar auch in Kiel danach aus, aber nur anfangs.

      Und das kam so: Punktgenau am Montag vor der Landtagswahl vom 13. September in Schleswig-Holstein meldet der „Spiegel“, dass SPD-Spitzenkandidat Björn Engholm von Privatdetektiven beschattet wird, gegen ihn eine anonyme Anzeige wegen Steuervergehen vorliege und das alles mindestens mit Wissen des amtierenden CDU-Ministerpräsident Uwe Barschel. Dann legt der „Spiegel“ nach. Am Samstag direkt vor der Wahl liefert das Magazin in Vorabmeldungen eine eidesstattliche Erklärung, wonach Barschels Medienreferent Reiner Pfeiffer (*1939) die Anzeige wegen Steuerhinterziehung und die Bespitzelungsaktion in direktem Auftrag seines Chefs Uwe Barschel gestartet habe. Genauer, Barschel habe ihm im Januar die anonyme Anzeige bei der Steuerfahndung und ein Schreiben an den Finanzminister „selbst diktiert“. Die Typenräder der genutzten Schreibmaschine seien danach „in einen privaten Mülleimer“ geworfen worden. Obendrein habe Barschel „persönlich“ Ende Januar angeordnet, Engholm zu überwachen. Eine zuverlässige Agentur solle mit Fotos beweisen, dass Engholm als smarter Frauentyp „homosexuell“ sei, zugleich aber auch ein „ausschweifendes Leben mit dem anderen Geschlecht führt“. Die Kosten von 50.000 D-Mark für die Bespitzelung Engholms wollte demnach der Direktor des Schwarzkopf-Kosmetikkonzerns, Karl Josef Ballhaus, übernehmen.

      Pfeiffers Schmutzkampagne steigerte sich von Warnungen vor „rotgrünem Chaos“ über Engholm als Mann mit „Gummirückgrat“, der „Kommunisten und Neonazis“ in den Staatsdienst holen und „Abtreibung bis zur Geburt freigeben“ will. Mit Telefonaten streute er das Gerücht, Engholm sei AIDS-infiziert, er und seine SPD wollten „straffreien Sex mit Kindern“.

      Am Dienstag vor der Wahl will Pfeiffer nach eigenen Angaben von Barschel auch noch die Anweisung erhalten haben, eine „Wanze oder ein ähnliches Abhörgerät“ zu beschaffen. Angebracht nicht im Engholm-Büro, sondern am Telefon des Ministerpräsidenten, sollte die Wanze dort bei einer von Barschel angeordneten Überprüfung als SPD-Werk gefunden werden. Dazu habe Barschel gesagt, wenn das gelingt, dann „sähe Herr Engholm ja wohl schlecht aus“. Später wird Pfeiffer dazu erklären, diese geplante Abhörintrige habe ihn veranlasst, nicht mehr mitzumachen.

      Besorgt fragt der amtierende SPD-Bundesvorsitzende Hans-Jochen Vogel am 8. September bei SPD-Landeschef Günther Jansen an, was es mit dem „Spiegel“-Artikel über die Barschel-Aktionen gegen Engholm auf sich habe. Jansen sinngemäß: Es gibt Informationen, dass dies stimmen könne. Vogel darauf: „Um Gottes Willen, das ist doch unmöglich! Seid bloß vorsichtig und macht jetzt im Wahlkampf keinen Fehler!“

       Der Kieler Skandal im ersten Überblick

      Was Jansen verschweigt: Zu dem Zeitpunkt hatte Pfeiffer bereits selbst die gesamte SPD-Spitze von Schleswig-Holstein über seine Schmutzkampagne informiert, ohne dass ihn jemand aus der SPD aufgefordert hätte, damit aufzuhören. Diese guten Kontakte der SPD zu Pfeiffer liefen als geheime Kommandosache weiter. So entsteht in der Öffentlichkeit der kuriose Eindruck, dass Pfeiffer in direktem Auftrag des amtierenden CDU-Ministerpräsidenten Barschel den ahnungslosen SPD-Kandidaten mit einer nie dagewesenen Schmutzkampagne um einen Wahlerfolg bringen soll. Diese angebliche Wahrheit wird durch Pfeiffer selbst gerade rechtzeitig vor der Wahl am 13. September bekannt. Die Stimmung der Wähler für die CDU schlägt um und bringt der SPD jede Menge Stimmen. So verliert die CDU mit Ministerpräsident Uwe Barschel ihre Regierungsmehrheit im Kieler Landtag. Die SPD legt von 43,7 auf 45,2 Prozent zu, die CDU fällt von 49 auf 42,6 Prozent und die FDP schafft mit 5,2 Prozent (2,2 Prozent) den Sprung in den Landtag.

      Noch am Wahlabend behauptet Pfeiffer, er könne alles über den schuldigen Barschel belegen, und der „Spiegel“ versichert: „Die Geschichte ist hundertprozentig wasserdicht.“ Außerdem habe Pfeiffer kein Geld bekommen. In der Wahlnacht betont der in Wirklichkeit längst informierte Björn Engholm mehrfach, dass er unwissendes Opfer der Pfeiffer-Machenschaften sei.

      Der erste Untersuchungsausschuss des Kieler Landtags verstärkt zunächst bis zur vorgezogenen Neuwahl den Eindruck von Barschel als Oberbösewicht und Pfeiffer als dessen gehorsames Werkzeug für die Schlammschlacht. Engholm betont immer wieder, von den Pfeiffer-Hintergründen nichts gewusst zu haben. Der SPD-Spitzenkandidat

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