Deutschland – deine Politiker. Friedemann Weckbach-Mara

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Deutschland – deine Politiker - Friedemann Weckbach-Mara

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ging es um sein neues Familienleben.

      Seit Monaten gab es Trennungsgerüchte. Zur Klarstellung lud er mich zum gemeinsamen Gespräch mit seiner Noch-Ehefrau Jutta, die ich zuvor mehrmals bei Urlaubsinterviews getroffen hatte. Sein Plan war einfach: „Wir machen eine große Geschichte mit Ihnen und das war es dann. Wir hoffen, dass danach unser Privatleben respektiert wird, und werden uns künftig zu diesem Thema nicht mehr äußern.“ Ein Verfahren, das sich mehrfach bewährt hat, wenn man es einhält.

      Wir treffen uns in der gemeinsamen Wohnung in Lahnstein. Rudolf und Jutta Scharping nach 29 Ehejahren: „Ja, wir werden uns trennen und scheiden lassen. Aber es wird keine Schlammschlacht geben. Im Gegenteil. Wir bleiben auch nach der Trennung Freunde.“ Die drei Töchter sind zu dem Zeitpunkt 18, 24 und 26 Jahre alt. Als Grund für ihren Entschluss nennen Rudolf und Jutta Scharping „die Belastung durch die Politik, den Umgang damit und unterschiedliche Lebensperspektiven“. Aber: „Trotzdem werden wir uns auch in Zukunft gegenseitig unterstützen, uns immer wieder sehen, Feste miteinander feiern, denn auch in Zukunft verbinden uns die Kinder, eine große Familie, viele Freunde und die gute gemeinsame Zeit der Vergangenheit. Jeder von uns beiden hat seinen eigenen beruflichen Weg eingeschlagen.“

      Auf die Frage nach einem neuen Partner antworten sie gemeinsam: „Eine neue Beziehung ist kein Grund für die Scheidung.“ Zumindest nicht für sie, denn nach unserem Gespräch fuhr Rudolf Scharping für ein paar Tage in Urlaub nach Südfrankreich – und traf sich schon bald immer häufiger mit seiner Neuen.

      Erst ein paar Jahre später sickern Gerüchte darüber durch, aber noch kennt niemand den Namen der Neuen. Über Handy rufe ich Scharping in Irland an. Es ist Freitag, der 25. August 2000. Ich habe Sorge, dass mir die Exklusiv-Story im Laufe der nächsten Woche durch die Lappen geht. Denn als Leiter der „BamS“-Parlamentsredaktion brauchte ich die Story nun mal punktgenau zum Sonntag. Das sieht er ein („Ich halte Wort!“) und verkürzt seine Gesprächsrunde mit dem irischen Amtskollegen und den europäischen Sozialdemokraten, beordert seine Challenger der Luftwaffe und verabredet sich mit mir für den folgenden Samstag um elf Uhr am Bonner Flughafen.

      Vor dem Gebäude der Flugbereitschaft will ich auf die Panzerlimousine des Ministers warten, doch nichts davon ist in Sicht. Plötzlich sehe ich in einem einsamen roten VW Touran den Mann am Steuer heftig gestikulieren. Er ist es, ganz allein. Ich steige ein und frage, wohin der Fotograf kommen soll: „Später, wir fahren erst einmal los. Er soll in Richtung Taunus fahren, mehr sagen wir ihm unterwegs.“ Mehr Geheimniskrämerei geht nicht. Unterwegs erinnere ich ihn daran, dass am Samstag um 18.00 Uhr normaler Redaktionsschluss ist. Er drückt auf die Tube. Am Elzer Berg geht es noch einmal gut. Die Blitzlichtkameras reagieren nicht.

      Erst nach Stunden erfahre ich, ab welcher Kreuzung Marc Darchinger, der erfahrene Foto-Kollege und Sohn des legendären Jupp Darchinger, hinter uns herfahren darf. Vorbei an kleinen Taunusdörfern, kommen wir zu einer romantisch verborgenen Block-Hütte. Er steigt aus, wir warten noch. Vor der Garage steht ein Jaguar und schon bin ich bis zur Halskrause voller Vorurteile. Das unfeine Wort von der Cartier-Hippe geht mir durch den Kopf: „Was will er nur mit der?“ Doch dann kommt eine völlige unkapriziöse Frau in einfachem T-Shirt auf uns zu: „Schön, dass Sie da sind, kommen Sie doch rein!“ Meine Vorurteile gehen über Bord. Rudolf Scharping kommt um die Ecke wie ein verliebter Pennäler mit einem Silbertablett, auf dem er für seine neue große Liebe Kristina Gräfin Pilati-Borggreve (damals 51) jede Menge Gummibärchen in Herzform angeordnet hat. Beide posieren turtelnd vor der Kamera. Als alles im Kasten ist, suchen wir gemeinsam wie verabredet die Fotos aus. Sie sollten für Marc Darchinger zum Verkaufsschlager werden.

      Ich stimme mit Scharping den Text ab. Dann suchen wir im Dorf nach einer geeigneten Telefonverbindung zum Übermitteln der Fotos und werden beim örtlichen Arzt fündig. Die Zeit drängt. Erst die Fotos, dann gebe ich meinen Text durch. Ungläubig unterbricht mich die Redaktionssekretärin: „Das gibt’s doch nicht, hat er das wirklich gesagt, das ist ja wie bei Hedwig Courths-Mahler.“ Ich brumme: „Ruhe, weiterschreiben!“, und gebe durch: Das erste Wochenende ohne Heimlichkeit, dort, wo sie sich bisher nur ganz diskret treffen konnten – in der romantischen Block-Hütte eines verschwiegenen Freundes im Taunus. Beide wirken frisch verliebt wie Schüler: „Kopf und Herz sind sehr jung. So passen wir beide sehr gut zusammen“, strahlt Scharping seine „Tina“ an. Sie, die so erfolgreiche Anwältin und Notarin aus Frankfurt. Er hat seine Ministerakten dabei, sie ihre Prozessakten – aber erst mal fallen sie sich in die Arme: „Jetzt hat die Arbeit eine Pause!“ Rudolf Scharping ist erleichtert, dass er endlich seine neue Liebe auch öffentlich zeigen kann: „Wir wollen zusammenleben, so lange uns der liebe Gott leben lässt. Und vor allem ist jetzt Schluss mit der Heimlichkeit. Jetzt brauchen wir nicht mehr zu Hause kochen, sondern können auch mal essen gehen, tanzen, ins Konzert und ins Theater. Hartmut Engler von der Gruppe ,Pur‘ hat vor ein paar Tagen angerufen und uns ins Konzert eingeladen. Jetzt können wir ja in aller Öffentlichkeit zusammen hingehen.“ Er nennt sie: „eine gut aussehende, kluge, sehr zärtliche und fürsorgliche Frau, dabei selbständig und selbstbewusst.“ Und Tina schwärmt: „Ich bin wunschlos glücklich und hoffe, dass es ganz, ganz lange so bleibt.“

      Seine blind anmutende Verliebtheit hält an. Alle sollen seine Tina sehen. So lässt er sich später sogar mit ihr im Pool auf Mallorca ablichten. Der Flug dorthin im Luftwaffenjet und die Plansche-Fotos, während seine Soldaten in gefährlichem Auslandseinsatz sind, werden für ihn zum politischen Sargnagel. Er muss 2002 das Verteidigungsministerium verlassen, aber Tina hält zur Verwunderung skeptischer Beobachter (mich eingeschlossen) zu ihm. Sie lässt sich für ihren Rudolf scheiden und 2003 heiraten beide neu.

      ◆

      Von einer besonders verblüffenden neuen Heirat mit ungewöhnlichem Hintergrund erfuhr ich Ende 2001. In der zweiten Dezemberwoche rief mich die grüne Außen- und Sicherheitspolitikerin Angelika Beer11 an, um mir diese „Überraschung“ zu versprechen: „Sie waren doch gerade in Skopje. Es hat etwas damit zu tun, aber mehr noch mit der Art, wie Sie über Scheidungen und neue Verbindungen von Politikern geschrieben haben. So wie die anderen will ich auch Ihnen etwas anvertrauen.“ Ich war mächtig gespannt. Wir verabredeten uns zum Mittagessen im „Tucher“ am Brandenburger Tor. Das ist nicht nur ein Treffpunkt-Restaurant, sondern mit seiner großen Galerie zugleich so etwas wie ein Buchladen mit Messer und Gabel. Da kann man Bücher nicht nur lesen, sondern auch kaufen.

      Bei Salat und Mineralwasser plauderte Angelika Beer über ihren „Mann fürs Leben“. Selbst langjährige Freunde überraschte die bekannte Antimilitaristin mit der Mitteilung, dass der Neue an ihrer Seite ausgerechnet Oberstleutnant der Bundeswehr ist. Das erklärt sie so: „Ich besuche regelmäßig die Bundeswehr auch im Ausland. Dabei habe ich mehrmals den deutschen Militärattaché in Mazedonien getroffen. Es waren normale Dienstgespräche. Wir haben viel über Bundeswehreinsätze diskutiert. Am 17. September hat beim Abschied nach einer Besprechung der Blitz aus heiterem Himmel eingeschlagen. Der Abschied war nur von kurzer Dauer und seit dem 1. Dezember steht für uns fest, dass wir unser weiteres Leben gemeinsam verbringen werden.“

      Oberstleutnant Peter Matthiesen (damals 55) ordnete für sie sein ganzes bisheriges Leben neu, zog in Skopje aus der gemeinsamen Wohnung mit seiner Ehefrau aus: „Nach 27 Ehejahren habe ich ihre Gefühle tief verletzt. Ich hoffe auf eine gütliche Trennung. Wir sind und bleiben darüber im Gespräch.“ Er hat sieben Kinder: „Die drei Kinder in Mazedonien sind sehr enttäuscht. Es ist sicher schwer für sie. Aber ich laufe nicht weg, sondern bin auch in Zukunft für sie da.“ Auch Angelika Beer hatte mit ihrem 27-jährigen Sohn Markus aus einer kurzen frühen Ehe gesprochen, er freute sich auf ein gemeinsames Treffen, zumal es das neue Paar offenbar sehr ernst meinte. Für beide war „das Zusammensein das schönste Weihnachtsgeschenk. Die Heimlichkeit hat ein Ende. Wir lieben uns und stehen dazu.“

      Als sie mir damals ihre neue Liebe gestand, schaute Angelika Beer so glücklich drein, dass ich zum Ende unseres Gesprächs aufstand, ein wunderschön gestaltetes Buch mit Liebesgedichten aus dem Regal nahm, um es

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