Mami Bestseller Staffel 4 – Familienroman. Jutta von Kampen
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Mami Bestseller Staffel 4 – Familienroman - Jutta von Kampen страница 23
»Wovon redest du eigentlich?« fragte er phlegmatisch.
Da beugte sie sich blitzschnell vor und klebte ihm noch eine. Ihr Blick funkelte stahlblau und versetzte ihn in Unruhe. Er richtete sich auf und hielt sich die Backe.
»Aber ich wollte mir doch gar nichts antun, Mami! Ich wollte nur Zeit gewinnen und nicht gleich die Flinte ins Korn werfen.«
»Du wolltest nur Zeit gewinnen? Und deshalb mußte Dr. Hassberger kommen?«
»Klar. Wer denn sonst? Der ist doch prima.«
»Er ist ein Spinner und ein Lügner dazu.«
»Das macht nichts. Ich habe Manschetten vor ihm. Er hat mir nämlich auf den Kopf zugesagt, daß ich die Vergiftung selbst verursacht habe. Das hätten Frieda und du niemals herausbekommen!«
»Die Ohrfeige hast du trotzdem zu Recht verdient!« fuhr sie ihn an.
»Nee, Mami. Die wolltest du eigentlich Thomas geben. Aber der ist ja nicht da. Schade, nicht?«
Sie erhob sich so abrupt, daß sie fast das Gleichgewicht verloren hätte.
Trotzdem konnte sie noch die Fäuste ballen.
»So geht es nicht weiter mit deiner Frechheit! Nora hat dich verdorben. Ich bin froh, wenn wir wieder in München sind.«
Sie schlug die Tür hinter sich zu, stapfte in ihr Zimmer, riß das Papier von der Staffelei und räumte ihr Malzeug zusammen. Xenia und Wolfi waren mit Frieda im Garten, die Handwerker hatten nach einem längeren Gespräch mit Gerhard wieder alle Hände voll zu tun. Sie wollte allein sein und endlich malen. Der Kinderarzt in München sollte schließlich seine acht Aquarelle bekommen.
Im Jachthafen lieh sie sich den Kahn. Der Bootswart behauptete wieder, es hätte in der Nacht geregnet. Aber das kannte Angie schon. Hubs hatte es ihr alles erzählt. So bat auch sie um eine alte Konservendose, damit sie das überflüssige Wasser herausschöpfen konnte.
Mit langen Zügen ruderte sie auf den See hinaus. Dabei starrte sie in die Pfütze, die sich zu ihren Füßen vergrößerte. Weil sie schon fürchtete, ihr Malzeug aus dem See fischen zu müssen, machte sie sich bald an die Schöpfarbeit. So trieb der Kahn über den spiegelglatten See. Es war bedeckt, aber regnen würde es nicht. Die Sonne hatte sich nur hinter einigen leichten Wolken verborgen.
Angie arbeitete fieberhaft, und allmählich klang die Erregung über Hubs und dessen freche Reden ab. Sie fragte sich nur, wie es weitergehen sollte. Hatte ihre Durchsetzungskraft durch alle diese Aufregungen nachgelassen? Oder war es die Enttäuschung über Thomas, die sie schwach und energielos werden ließ?
Sie sah zur Villa hinüber. Wenn sie innen renoviert worden war, hatte Gerhard gesagt, würde er sie von außen hellblau anstreichen.
Angie betrachtete das alte Haus, dessen alter fahlgelber Anstrich durch das Grün der Bäume schimmerte, mit halbgeschlossenen Augen. Nein, hellblau war zu kitschig. Dann schon lieber weiß. Aber Natalie hatte da ja auch noch ein Wörtchen mitzureden. Wenn sie überhaupt zurückkam.
Da bemerkte sie eine Bewegung am Erkerfenster. Sie hob den Kopf, um den merkwürdigen Gegenstand erkennen zu können. Und plötzlich beschlich sie ein unangenehmes Gefühl. Sie glaubte sich beobachtet. Irgend jemand stand dort in ihrem Zimmer und richtete ein Fernglas auf sie. Das war bestimmt einer der Handwerker. Kaum waren alle Respektspersonen aus dem Haus, vertrieben sich die Burschen die Zeit, indem sie die Landschaft betrachteten! So etwas geschah eben in einem Paradies. Zu Hause in München wäre es ihr nie in den Sinn gekommen, die Umgebung mit einem Fernglas zu betrachten! Sie dachte an die Betonklötze vor ihrem Fenster und ruderte schnell weiter. Lange blieb sie nicht mehr in Lüttdorf. Da galt es jede Minute zu nutzen.
Am anderen Ufer des Sees ließ sie den Kahn durchs Schilf gleiten und befestigte ihn an einer winzigen Buche. Sie nahm ihre Utensilien und stieg in den Wald hinauf. Nicht lange, und sie hatte schon einen idealen Platz mit einer bezaubernden Aussicht gefunden.
Sie stellte die Staffelei und den Malblock zurecht, klappte ihren Hocker auf, öffnete die Tasche mit den Farben und Pinseln. Aber sie hatte vergessen, Wasser mit nach oben zu nehmen. Also lief sie noch einmal zum See hinunter.
»Ach, du meine Güte!« rief sie erschrocken und dankte dem Schicksal, das sie noch einmal an das Ufer gezwungen hatte. Die Kette hatte sich durch die Schaukelbewegungen des Bootes von der Buche gelöst, und das Boot trieb langsam, aber sicher, aus der Schilfschneise hinaus.
Angie mußte Schuhe und Strümpfe ausziehen, die Jeans hochkrempeln und durch das seichte Wasser hinterherwaten. Sie fürchtete sich vor Blutegeln und Fischen, die womöglich beißen würden. Aber sie erreichte das Boot noch. Als sie es diesmal befestigte, ging sie gründlich zu Werk, suchte einen dicken Stein, mit dem sie die Kette beschweren konnte, und legte sie dann um einen dicken Busch, so daß sie die Enden der Kette an den Zweigen verhaken konnte.
»Uff!« Als alles getan war, blieb sie vorsichtshalber noch ein wenig auf dem Moos sitzen. Sie wollte das Boot beobachten. Ihre Patentlösung schien erfolgversprechend. Der Stein rollte trotz der Bewegungen der Kette nicht fort.
Angie erhob sich. Sie schaute nach oben in die Baumwipfel. Das Laub der Buchen rauschte geheimnisvoll. Es war das einzige Geräusch, das weit und breit zu hören war.
Wieder stellte Angie fest, daß sie hier an einem paradiesischen Plätzchen gelandet war. Am liebsten wäre sie für immer hiergeblieben. Aber die Ereignisse der letzten Tage waren nicht spurlos an ihr vorübergegangen.
Die unberührte Landschaft, die Lichter auf dem Wasser, das Hell und Dunkel des Grüns konnten sie nicht mehr täuschen. Gerhard betrog seine Frau, und wahrscheinlich würde Natalie ihm nicht verzeihen können. Sein siegessicheres Lächeln konnte das Geschehen nicht wieder vergessen machen. Und seine Kinder, Angie seufzte, würden nun auch ohne Vater aufwachsen müssen. Wie Hubs.
Am meisten ärgerte sie, daß sie sich für eine Aufgabe hergegeben hatte, die ihrem Wesen in keiner Weise entsprach.
Nein, sobald Gerhard zurückkam, würde sie fortfahren.
Sie ging wieder auf ihre Staffelei zu und setzte sich mit einem leisen Stöhnen auf den Schemel. Vielleicht versetzte die Arbeit an den Aquarellen für den Münchener Kinderarzt sie in bessere Stimmung.
Aber was war das? »Oh!« kam es überrascht von ihren Lippen. Denn mitten auf dem frisch gespannten Papier leuchtete ihr ein rotes Herz entgegen. Sie sah sich hastig um, aber weit und breit war kein Mensch zu sehen. Aber irgend jemand mußte sich doch gerade an ihren Pinseln und Farben vergriffen haben! Nein, das war keine Fata Morgana. Aber wo war dieser Witzbold?
Plötzlich wurde sie ängstlich, denn ihre Überlegungen machten ihr klar, wie allein sie hier in diesem Wald am See war. Sie fragte sich schon, ob sie nicht ihre Utensilien in aller Eile zusammenraffen und wieder in den Kahn steigen sollte. Da vernahm sie auch noch ein Knacken. Vor Furcht schrie sie auf! Und dann erkannte sie ihn. Er stand hinter einem Baum.
»Thomas! Nein, was bist du für ein Idiot! Mich so zu erschrecken!«
Er lächelte sie stolz und schelmisch an. Er war wirklich ein Spinner. Da mochte Gerhard ein noch so schlechter Ehemann sein, als Menschenkenner hatte