Mami Bestseller Staffel 4 – Familienroman. Jutta von Kampen

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Mami Bestseller Staffel 4 – Familienroman - Jutta von Kampen Mami Bestseller Staffel

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nicht mehr zu denken. Ein Mann, der einen Seitensprung beging, war für sie erledigt.

      »Ja, es ist wahr.« Er nickte, ohne seinen Blick von ihrem Gesicht zu wenden. »Ich habe schon genug für diese Dummheit bezahlt, Angie. Darum wollte ich nicht darüber sprechen. Vielleicht hätte ich dir später einmal alles genau erklärt.«

      »Wann, später?« wollte sie wissen. Ein spöttisches Lächeln zeichnete sich auf ihren Lippen ab. Thomas bemerkte es. Es schmerzte ihn. War sie schon so weit von ihm entfernt? Sie stand doch nur wenige Schritte vor ihm!

      »Später, wenn ich mir deiner Liebe sicher gewesen wäre.«

      »Und was hättest du mir dann erklärt?«

      »Daß auch ich einmal einer sehr jungen Frau begegnete. Drüben in den Staaten, als ich noch glücklich verheiratet war. Sie schwärmte für den einzigen deutschen Mann in der Stadt, und der war ich nun einmal. Sie kam in meine Praxis und klagte mir ihr Leid über ihren Mann. Sie war hübsch, weiß Gott, sie war wirklich hübsch. Ich beging den Fehler, sie in den Arm zu nehmen und zu küssen. In diesem Augenblick kam meine Praxishilfe herein. Sie sorgte schnell dafür, daß sich diese Ungeheuerlichkeit wie ein Lauffeuer in der ganzen Stadt verbreitete.«

      »Und deine Frau?«

      »Natürlich erfuhr sie davon. Ausgerechnet über ihre Eltern. Ich konnte sie nicht von meinem Schuldbewußtsein überzeugen. Schließlich schlug ich ihr vor, die Stadt und den Herd der Gerüchte für eine gewisse Zeit zu verlassen. Sie verreiste nach Kalifornien, ich blieb dort, stürzte mich in die Arbeit und versuchte alles, um meinen angeschlagenen Ruf wiederherzustellen. Es gelang mir.

      Nach einem halben Jahr rief meine Frau mich an und bat mich, zu ihr zu kommen. Ich war überglücklich. Aber als ich einige Tage später vor ihr stand, stellte sie mir ihren zukünftigen Ehemann vor. Sie hatte ihn in Kalifornien kennengelernt. Meine Reue, meine Verzweiflung, meine Überredungskünste – nichts konnte sie von ihren Plänen abbringen. Da verkaufte ich alles und kehrte nach Europa zurück. Ich habe nicht gearbeitet, Angie. Ich konnte nicht. Erst als ich den Ort entdeckte und die Remise an der Birkenallee kaufte, fand ich wieder zu mir. Seitdem ich aber dich kenne, bin ich wirklich glücklich. Glücklicher als je zuvor. Verstehst du nun, warum ich auf deine Fragen nach Nora keine Antwort gab?«

      In Angie war etwas zerrissen. Sie sah Thomas Hassberger in seiner Praxis mit einer jungen Frau im Arm. Und unwillkürlich verglich sie ihn mit Peter, ihrem verstorbenen Mann. Peter hatte nur immer Blicke, Gesten, Gefühle für sie gehabt. Er war nicht besonders tüchtig gewesen, aber seine Liebe zu ihr hatte ihr gereicht. Sie hatte immer Vertrauen zu ihm gehabt. In diesem Sinn hatte sie auch ihren Sohn erzogen. Wie sollte Hubs in Thomas jemals einen Freund sehen? Wie sollte sie sich ihm jemals vertrauensvoll hingeben können?

      Sie schüttelte den Kopf. »Nein, Thomas. Ich verstehe dich nicht.«

      Thomas griff nach ihren Schultern. Sein Blick flehte um Geduld, Verständnis und Großzügigkeit. Aber sie blickte kalt und azurblau an ihm vorbei.

      »Wann fährst du, Angie?«

      »Gleich nach dem Wochenende. Hubs wird dann längst wieder reisefähig sein. Sowie mein Bruder zurückkehrt, sitze ich im Zug.«

      »Ich bitte dich, noch einmal alles zu überdenken.«

      »Nein.« Sie bewegte sich, seine Hände glitten von ihren Schultern. Angie wandte sich um. Sie riß das Blatt Papier mit dem Herzen vom Block, faltete es zusammen und übergab es ihm.

      »Du kannst es behalten, Thomas. Ich werde einen Ehebrecher niemals lieben können. Und so ist wieder alles in Ordnung.«

      Er sah ihr nach, wie sie mit ihren sämtlichen Utensilien zurück in den Kahn stieg, das Boot durch das Schilf hinaus auf den See glitt.

      »Nichts ist in Ordnung«, brummelte er vor sich hin. Es klang bitter, aber nicht ganz hoffnungslos.

      *

      »Hier, geliebte Schwägerin«, sagte Natalie leise und schob Angie einen Kasten Pralinen hin. »Meine Mutter hat sie extra für dich besorgt. Mit einem größeren Geschenk kann ich im Moment nicht aufwarten, Angie. Dabei bin ich dir zu übergroßem Dank verpflichtet. Ja, ich bin tief in deiner Schuld. Aber meine Abreise verlief so schnell. Und ich hatte ja auch gar nicht damit gerechnet, daß Gerd so plötzlich vor der Tür stehen würde.«

      Seit einigen Stunden waren Gerhard und Natalie zurückgekehrt. Es hatte gedauert, bis sich die beiden Frauen in aller Ruhe und unter vier Augen zusammensetzen konnten. Hubs und Gerhard gingen im Dämmerlicht durch den Garten, Xenia und Wolfi hopsten glücklich um sie herum, und Natalie und Angie hatten sich oben ins Erkerzimmer zurückgezogen. Die Rufe der Kinder klangen bis hier hoch, und Angie mußte im stillen zugeben, daß sie nie so glücklich geklungen hatten. Natalie war heimgekehrt. Die Eltern waren strahlend und in offensichtlichem Einverständnis aus dem Wagen gestiegen. Trotzdem konnte Angie nicht so ganz an der Freude teilnehmen. Da halfen auch die Pralinen nichts.

      »Danke, Natalie«, sagte Angie leise. Dabei strichen ihre Hände über das Zellophanpapier der Schachtel. »Ich habe kaum Appetit auf etwas Süßes. Jetzt schon gar nicht.«

      Natalie trug ein khakifarbenes Kleid, große ringförmige Ohrclips und ein indisches Tuch um den Hals geschlungen. Angie hatte zwar keine Lust auf die Pralinen, aber es machte ihr sehr viel Spaß, ihre schöne Schwägerin zu betrachten. Und das tat sie auch. Allerdings wurden ihre Blicke immer nachdenklicher. Beim besten Willen konnte sie nicht verstehen, warum Natalie ihrem Bruder so schnell verziehen hatte.

      Sie räusperte sich, bevor sie eine Frage an sie richtete.

      »Du hast diese Nora Anderson niemals gesehen, nicht wahr?«

      »Nein, Angie. Aber Gerd hat mir alles berichtet. Du weißt nicht, wie er sein Verhalten dir gegenüber bereut. Vielleicht konnte er es nicht so ausdrücken. Aber ich weiß es.«

      Natalies dunkle wunderschöne Augen sahen sie an. Aus ihnen sprachen Güte, Einfühlungsvermögen und Glück.

      »Sag mal«, erkundigte Annie sich, »kannst du das, was Gerhard dir angetan hat, so schnell vergessen? Denkst du wirklich an das, was er mir in seiner ersten Wut an den Kopf geworfen hat? Leidest du nicht mehr unter seinem Verhalten? Dir muß er doch viel mehr weh getan haben!«

      Natalie lächelte und zupfte nachdenklich an den Ecken ihres bunten Tuches. Dann nickte sie.

      »Aber natürlich, Angie. Natürlich war ich unglücklich. Ich habe schreckliche Tage und Nächte hinter mir. Aber…«

      »Gerhard«, unterbrach Angie sie und schob die Packung Pralinen näher zu sich heran, »muß wahnsinnig von sich überzeugt sein. Nun gut, er ist mein Bruder, und ich habe ihn von Herzen lieb.« Ratsch! machte es, das Zellophanpapier war entzweigerissen. »Aber so geht es nicht weiter. Er muß lernen, die Konsequenzen aus seinem dummen Verhalten zu ziehen. Man hat es ihm immer zu leicht gemacht. Meine Mutter, ich und nun auch noch du, Natalie. Nein, an deiner Stelle wäre ich nicht so schnell zurückgekommen. Wenigstens hätte ich ihn zappeln lassen.«

      »Zappeln?« lachte Natalie. »Aber, Angie! In einer Ehe zappelt nie nur einer. Es sind immer beide, die an der Angel hängen und leiden. Was hätte ich denn von meinem Groll? Ich müßte Xenia und Wolfi noch länger vermissen und jeden Morgen ohne Gerhard im Bett bei meiner Mutter aufwachen. Da frage ich mich doch, wer mehr unter der Strafe zu leiden hätte.«

      Angie hatte eine Likörbohne herausgenommen und wollte gerade hineinbeißen.

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