Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher
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Jörg hatte seine Sachen wieder in die Tasche gepackt und winkte dem Knecht freundlich zu. Von dem Tanzabend hatten schon Elena und Toni erzählt. Das sollte, ihren Worten nach, die große Attraktion in St. Johann sein.
Er verließ den Verschlag und schaute nach der Kuh, die vor ein paar Tagen erst gekalbt hatte. Mutter und Kalb waren wohlauf.
Wer weiß, überlegte er, während er zum Bauernhaus hin-überging, vielleicht schau ich’s mir wirklich mal an, wie’s auf diesem Tanzabend zugeht.
Xaver Wendler kam ihm entgegen.
»Alles bestens«, konnte der Tierarzt berichten. »Ich denk‘, eine Spritze noch am Sonntag und dann hat er’s überstanden.«
»Da bin ich wirklich froh«, freute sich der Bauer. »Der Hubert ist schon was ganz Besond’res. Wissen S’ eigentlich, daß er schon etliche Preise auf der Landwirtschaftsausstellung gewonnen hat?«
»Die Frau Wiesinger hat mir davon erzählt. Deshalb hat sie sich ja auch solche Mühe gegeben, das richtige Mittel herauszufinden.«
»Ja, sie ist schon eine Tüchtige, uns’re Frau Doktor«, bekräftigte Xaver Wendler. »Wenn S’ gleich hineingehen, Herr Doktor, ich hab’ der Christine gesagt, sie soll ein ordentliches Stück Schinken abschneiden. Das nehmen S’ bitte schön mit.«
»Mach’ ich, danke schön, Herr Wendler. Bis zum Sonntag dann.«
Der Bauer winkte ihm zu, und Jörg betrat die Diele.
*
Seit dem Bügelnachmittag, als Christine von Kathie Wendler die Äußerung Franz Raudingers erfahren hatte, behandelte die hübsche Magd den Knecht wie Luft. Immer noch stieg Ärger in ihr auf, wenn sie daran dachte, daß er sie als seine Verlobte betrachtete.
Natürlich hatte er schnell gemerkt, daß sie nicht gut auf ihn zu sprechen war, doch als er einmal versuchte, sie zu fragen, was sie denn habe, sah sie ihn nur finster an, so daß Franz schnell den Kopf einzog und sich aus dem Staub machte.
Ärgerte sie sich zwar auch über die Unverfrorenheit, so blühte ihr Herz jedesmal auf, wenn sie an den jungen Tierarzt dachte.
Und sie dachte eigentlich ständig an ihn!
Seit Jörg Urban sie das erste Mal angeschaut hatte, war Christine Brunner rettungslos verliebt. Sie konnte kaum erwarten ihn wiederzusehen, und hoffte inständig, daß er es wäre, der heute heraufkäme, um nach dem kranken Zuchtbullen zu sehen. Immer wieder schaute sie aus dem Fenster und als sie ihn dann tatsächlich auf den Hof fahren sah, da tat ihr Herz einen gewaltigen Sprung.
Die Magd wollte gerade hinauslaufen und unter einem Vorwand in den Verschlag gehen, als der Bauer hereintrat und ihr auftrug, ein ordentliches Stück Schinken abzuschneiden und dem Tierarzt mitzugeben. Rasch war sie in die Räucherkammer gegangen und hatte den schönsten Schinken ausgesucht. Während sie zum Messer griff, und das Stück immer größer wurde, dachte sie, wie gut es war, daß die Bäuerin gerade nicht auf dem Hof war. Sie würde es bestimmt nicht gutheißen, daß das Geschenk so riesig ausfiel.
Christine wickelte den Schinken in ein Papier und steckte ihn anschließend in eine Tüte. So stand sie in der Küche und wartete mit klopfendem Herzen auf Jörg. Endlich kam er hinter dem Stall zum Vorschein und überquerte den Hof. Nach einem kurzen Gespräch mit dem Bauern, näherte er sich schnell dem Haus.
Sie hatte die Küchentür geöffnet und sah ihn eintreten.
Zwar tat die Magd, als wäre sie in der Küche beschäftigt, doch mit einem Auge spähte sie immer wieder durch die halb geöffnete Tür.
»Wo das Bad ist, wissen S’ ja inzwischen«, rief sie, als Jörg in der Diele stand.
»Ja, dank’ schön, Christine«, antworte er und ging sich die Hände waschen.
Als er zurückkehrte, stand die Magd schon bereit.
»Vergessen S’ nur net den Schinken.«
Der junge Tierarzt schmunzelte. Das Madel war ihm schon bei seinem ersten Besuch aufgefallen und wenn er es sich auch nicht hatte anmerken lassen, so hatte er doch den Blick bemerkt, mit dem sie ihn angesehen hatte.
Es war derselbe Blick, wie jetzt.
Jörg nahm ihr die Tasche ab, und als sich dabei für einen winzigen Augenblick ihre Finger berührten, da war es, als durchfahre sie ein elektrischer Strom. Christine zuckte zusammen, und ihr Mund wurde ganz trocken.
»Das ist aber lieb«, sagte Jörg und wog den Schinken.
»Himmel, der wiegt ja mindestens ein Kilo.«
Die junge Magd lächelte.
»Ich hoff’, er schmeckt Ihnen, Herr Doktor.«
»Das wird er bestimmt.«
Sie standen sich gegenüber, und irgendwie schien es keinem zu gelingen, einen Abschiedsgruß zu sprechen.
»Ja dann…«, sagte Jörg schließlich. »Ich glaub’, ich muß mal wieder weiter. Es warten noch ein paar Patienten auf mich. Einen schönen Tag noch. Wir seh’n uns bestimmt bald wieder.«
»Vielleicht morgen…, auf dem Tanzabend…?« fragte Christine unvermittelt und erschrak im selben Moment über ihre Kühnheit.
Wenn er mich doch bloß net so anschauen würd’, dachte sie dabei und ihre Knie schienen butterweich zu werden. Du liebe Zeit, was hast bloß gemacht? Ihn einfach zu fragen.
»Warum net«, antwortete Jörg zu ihrer Überraschung. »Ich würd’ mich wirklich freuen, mit Ihnen ein paar Runden übers Parkett zu tanzen.«
»Wirklich…?« kam es zaghaft über ihre Lippen, und er konnte deutlich die feine Röte sehen, die vor Verlegenheit das hübsche Gesicht überzog.
»Ja«, bekräftigte er. »Also abgemacht, morgen abend im Löwen. Ich freu mich schon.«
Christine sank auf die Eckbank und schloß die Augen, nachdem Jörg hinausgegangen war.
Es war einfach unglaublich.
Immer noch nicht konnte sie es fassen, daß sie so mutig gewesen war, den ersten Schritt zu tun, und vor allem, daß er zugestimmt hatte.
Mit einem Jauchzer sprang sie auf und tanzte durch die Küche. Dabei bemerkte sie nicht, daß die Tür geöffnet wurde und Kathie hereinkam.
»Was ist denn hier los?« rief die Bauerntochter. »Hast etwa einen Sechser im Lotto?«
Die junge Magd war stehengeblieben. Ihrem Strahlen nach konnte es nur ein Hauptgewinn sein.
»Viel besser«, antwortete Christine und umarmte Kathie. »Viel, viel besser. Ich bin die glücklichste Frau der Welt!«
»Warum, hat Franz dir endlich einen Heiratsantrag gemacht?«
Abrupt ließ die Magd die Bauerntochter los. Ihre Augen funkelten wieder wild.