Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman - Toni Waidacher Der Bergpfarrer

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oder andere Teil, doch das konnte sie ganz sicher immer noch besorgen.

      Sie packte ihre Sachen in den Kleiderschrank und setzte sich anschließend auf das Bett. Das Zimmer gefiel ihr. Es war schlicht, im typischen alpenländischen Stil. An den Wänden hingen Bilder mit bäuerlichen Motiven, der Schrank war mit bunten Farben bemalt. Blumen – Edelweiß, Enzian und Schneeglöckchen. Über dem Kopfteil des Bettes hing ein Kruzifix. Nebenan ein kleines Duschbad. Nichts Aufwendiges, aber ausreichend.

      Einen Kaffee, das war es, was Angela Holzer jetzt gerne trinken würde, überlegte sie.

      Mit der Bahn war sie am frühen Morgen losgefahren. Beinahe drei Stunden hatte die Fahrt gedauert, weil der Zug an jeder kleinen Station gehalten hatte. Dann mußte sie noch auf den Bus warten, der sie nach St. Johann weiter beförderte. Alles in allem hatte sie eine knapp fünfstündige Reise hinter sich. In aller Herrgottsfrühe war sie aufgestanden, jetzt war sie entsprechend erschlagen und hoffte, daß ein Kaffee ihr wieder auf die Beine half.

      Draußen war es herrlich warm, so daß Angela auf eine Jacke verzichtete. Sie ordnete noch einmal das Haar, vergewisserte sich, daß die Geldbörse in der Handtasche steckte und verließ das Zimmer.

      Rita Stubler saß an der Rezeption. Sie erwartete noch Gäste, die im Lauf des Tages anreisen wollten. Als sie Angela Holzer die Treppe herunterkommen sah, erhob sie sich.

      »Gefällt Ihnen das Zimmer?« erkundigte sie sich.

      Die junge Frau lächelte.

      »Sehr«, antwortete sie. »Bestimmt werd’ ich mich die zwei Wochen darin wohl fühlen.«

      »Das freut mich«, nickte die Wirtin. »Und wenn S’ mal einen besond’ren Wunsch haben – vielleicht ein extra Ei zum Frühstück, oder eine besond’re Wurst – dann lassen S’s mich nur wissen.«

      »Dank’ schön«, freute sich die junge Frau und drehte den Zimmerschlüssel in der Hand. »Was mach’ ich damit?«

      »Entweder lassen S’ ihn hier oder Sie nehmen ihn mit. Wenn’s abends mal später werden sollt’, dann kommen S’ damit auch durch die Haustür.«

      Angela schüttelte den Kopf.

      »Ich glaub’ net, daß ich abends noch ausgeh«, erwiderte sie und legte den Schlüssel auf den Tresen.

      Nachdenklich schaute Ria ihr hinterher, wie sie das Haus verließ. Angela Holzer war ihr auf den ersten Blick sympathisch gewesen, und in ihrer mütterlichen Art beschloß sie, ein besonderes Auge auf diesen Gast zu haben.

      Vor allem aber auch, weil man sie extra darum gebeten hatte...

      *

      Mit einer Handvoll Prospekte setzte Angela sich in den Kaffee- und Biergarten des Hotels ›Zum Löwen‹. Tische und Stühle standen unter riesigen, bunten Sonnenschirmen, und fast überall saßen Urlauber und genossen das herrliche Wetter, die Tortenportionen und verführerische Eisbecher.

      Kleine Aufsteller auf den Ti-schen priesen hausgemachte Erdbeertorte an. Angela, die einen freien Tisch in einer verdeckten Ecke des Hotelgartens gefunden hatte, bestellte sich ein Stück davon und ein Kännchen Kaffee. Auf die Sahne verzichtete sie lieber. Die junge Frau war ohnehin davon überzeugt, in den letzten Wochen zugenommen zu haben. Da wollte sie nicht unbedingt noch etwas dazu tun.

      Bald hatte sie das Stimmengewirr rings um sich vergessen und blätterte konzentriert die Prospekte durch, die sie teils aus dem Pensionszimmer mitgenommen, sich teils bei der Touristikinformation, am Rathaus, besorgt hatte. St. Johann lag direkt an der Grenze zu Österreich, über den Koglerpaß gelangte man auch zu Fuß in das Nachbarland, las sie. Die Zwillingsgipfel hießen ›Himmelspitz‹ und ›Wintermaid‹, und in der Nähe gab es den Achsteinsee, ein beliebtes Ausflugziel mit der Möglichkeit zum Segeln, Surfen, Bootfahren und Schwimmen.

      Ein anderer Prospekt enthielt eine kleine Faltkarte, auf der Wanderwege ausgewiesen waren. Angela las Namen wie ›Höllenbruch‹ und ›Hohe Riest‹, ›Floriansfelsen‹ und ›Wendelstein‹.

      Geführte Wanderungen zu den Almen wurden angeboten und Besichtigungen mit Verkostung in verschiedenen Käsereien.

      Trotz der großen Vielfalt merkte die junge Frau sehr schnell, daß sie sich nicht würde entscheiden können.

      Genausogut hätt’ ich auch zuhaus’ bleiben können, dachte sie, und im selben Augenblick ging ihr auf, daß sie gar kein Zuhause hatte!

      Der Kaffee schmeckte plötzlich bitter, Angela gab, ganz gegen ihre Gewohnheit, Zucker hinzu. Unwillkürlich mußte sie an den jungen Assistenzarzt in der Münchner Klinik denken.

      »Mit ein bissel Zucker schmeckt auch die bitterste Medizin«, hatte er immer gescherzt, wenn sie sich weigerte, die grauenhaft schmeckenden Tropfen einzunehmen.

      Dr. Roland Ferbach.

      Angela sah das sympathische Gesicht direkt vor sich. Rührend hatte er sich um sie gekümmert, und es war schnell zu merken, daß mehr als nur berufliches Interesse dahinterstand.

      Nachdem sie endlich, nach Wochen, das Bett verlassen und aufstehen durfte, war er auch zu ihr gekommen, wenn er schon Feierabend hatte. Sie saß im Rollstuhl, den er durch den Klinikpark schob. Stundenlang saß er dann neben ihr, auf einer Bank, und sie unterhielten sich über Gott und die Welt.

      Roland Ferbach hatte eine besondere Art an sich. Es fiel Angela leicht, über sich zu reden und über das, was geschehen war. Er war es auch, der ihr den Tip mit dem Alpendorf gegeben hatte.

      »Sie brauchen Ruhe und Erholung, Angela«, hatte er eindringlich gesagt. »Körperlich sind S’ wieder ganz hergestellt, aber Ihre Seele, die leidet immer noch. Net unter den Folgen Ihres Unfalls, sondern unter dem, was davor geschehen ist.«

      Natürlich hatte sie ihm auch davon erzählt. Und von Alexander...

      »Wenn S’ meinen Rat hören wollen – dann fahren S’ irgendwo hin, wo net so ein Trubel herrscht. Jetzt ist Ferienzeit. Suchen S’ sich einen Ort aus, der net von Touristen überlaufen ist. Sankt Johann zum Beispiel. Ich hab’ früher dort immer Urlaub gemacht. Heut’ schaff’s ich leider net mehr so oft. Aber der Ort lohnt wirklich.«

      Gleich am nächsten Tag war er mit einem Prospekt zu ihr gekommen, das er in einem Reisebüro besorgt hatte.

      »In einer guten Woche werden S’ entlassen, Angela. Da sollten S’ net zu lang’ warten und bald ein Zimmer reservieren. Wenn S’ möchten, übernehm’ ich das gern’ für Sie«, hatte er angeboten.

      Sie brauchte nicht lange, um zuzustimmen. Im Grunde war auch er es, der die Entscheidung traf, und Angela war ihm dankbar dafür. Als sie sich dann eine Woche später von einander verabschiedeten, da hielt Roland Ferbach ihre Hand sehr, sehr lange. Es schien, als wolle er sie nicht wieder loslassen.

      »Ich wünsch’ Ihnen schöne Tage«, sagte er. »Und ich würd’ mich freu’n, wenn wir uns recht bald wiederseh’n.«

      »Vielen Dank, Roland«, hatte sie geantwortet. »Für alles, was Sie für mich getan haben.«

      »Das war doch selbstverständlich«, wehrte der junge Arzt ab. »Für eine Frau wie Sie, da muß man doch alles tun!«

      Angela Holzer lächelte, als sie sich daran erinnerte.

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