Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher
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Der Mundwinkel des jungen Grafen verzog sich. Betrübt nickte er ihr zu und verließ den Salon.
*
Nach dem Gespräch mit Ria Stubler ging es Angela besser. Die Suppe hatte ihr gutgetan, und das Angebot, jederzeit mit der Wirtin über ihr Problem sprechen zu können, gab ihr die Gewißheit, doch nicht so ganz allein auf sich gestellt zu sein, wie sie zuvor noch gedacht hatte. Es war schön zu wissen, daß es da einen Menschen gab, dem ihr Schicksal nicht gleichgültig war.
Die junge Frau hatte beschlossen, einen Spaziergang zu machen. Die fröhlichen Gesichter der Menschen, die ihren Urlaub genossen, munterten ihre Stimmung weiter auf. Angela Holzer spazierte weit aus dem Dorf hinaus, bis sie an einen Wegweiser kam, der anzeigte, welche Wege zu den verschiedenen Almen führten.
Vielleicht sollte ich doch eine Wanderung machen, überlegte sie.
Sie hatte bemerkt, wie wohl ihr die gute Luft tat. Es roch nach frisch gemähtem Gras und wilden Kräutern. Auf den Wiesen über ihr standen Kühe, und das Läuten der Glocken um ihren Hälsen vermittelten der jungen Frau ein Gefühl von Geborgenheit. Hier herrschte die heile Welt, nach der sich die Menschen immer sehnten, wenn große Katastrophen über sie hereingebrochen waren.
Angela bemerkte, daß sie schon über eine Stunde gewandert war. Bis zum Dorf zurück, würde sie noch mal so lange brauchen. Zwar schien die Sonne noch recht lange, dennoch beschloß sie, umzukehren.
Ria Stubler hatte ihr empfohlen, die Kirche zu besichtigen. Vielleicht sollte sie diesem Rat folgen. Gotteshäuser, besonders in dieser Gegend, waren immer aufwendig gestaltet und ausgeschmückt. Bestimmt lohnte sich ein Besuch in der Kirche von St. Johann.
Die Abendmesse war vorüber, als Angela durch die Tür trat. Die letzten Gläubigen waren ihr auf dem Kiesweg, der zur Straße hinunterführte, begegnet. Angela trat erwartungsvoll ein und hielt unwillkürlich die Luft an.
Die Pensionswirtin hatte nicht übertrieben. Rot, Gold und Blau waren die vorherrschenden Farben, mit denen die weißen Innenwände verziert waren. Aufwendige Fensterbilder zeigten Szenen aus dem Alten und Neuen Testament, und die Orgel über dem Eingang schien ein wahres Kunstwerk zu sein.
Langsam schritt sie durch den Mittelgang hinunter, bis vor den Altar. Unter dem Kreuz brannten noch die Kerzen, und der Blumenschmuck verströmte einen betörenden Duft.
Angela sah sich um. Wunderschön! Das war alles, was ihr in den Sinn kam.
Im rechten Seitenschiff entdeckte sie eine Madonnenstatue. Sie stand auf einem Sockel, darunter stand der Name des Holzschnitzers, und das Datum in welchem Jahr der Künstler sein Werk vollendet hatte. Überrascht stellte sie fest, daß die Figur kaum ein Jahr alt war.
»Gefällt sie Ihnen?« hörte sie plötzlich eine Stimme hinter sich.
Verwundert drehte sie sich um und schaute auf einen Mann, dessen Schritte sie gar nicht gehört hatte.
»Entschuldigen S’, ich wollt’ Sie net erschrecken«, sagte Sebastian zu der Besucherin. »Ich bin Pfarrer Trenker, herzlich willkommen. Ich freu’ mich immer, wenn jemand meine Kirche besucht.«
Angelas Verwunderung wurde noch größer. Wie ein Pfarrer sah der Mann nun wirklich nicht aus. Eher – ja, eher wie einer auf den Bildern in den Illustrierten, die in ihrem Zimmer lagen.
Sebastian ließ sich nicht anmerken, daß ihm ihre Verwunderung nicht entgangen war. Er kannte dieses Phänomen, denn er entsprach wirklich nicht dem landläufigen Bild, das die Menschen von einem Geistlichen hatten. Groß und schlank, mit einem markanten Gesicht ausgestattet, das vom vielen Aufenthalt in der Sonne stets leicht gebräunt war, hatte er eher Ähnlichkeit mit einem prominenten Filmstar oder Sportler. Sportlich war Hochwürden auch, denn zu seinen Leidenschaften gehörte körperliche Ertüchtigung, und die bekam er durch regelmäßiges Wandern und Bergsteigen. Nichts liebte der gute Hirte von St. Johann so sehr, wie seine Heimat und wie kein zweiter kannte er sich in den Bergen aus.
Bergpfarrer – der Name kam nicht von ungefähr. Freunde hatten ihn geprägt. Denn Sebastian Trenker fühlte sich in schwindelnder Höhe ebenso wohl, wie in seiner Kirche.
»Ja, sie ist sehr schön«, deutete Angela Holzer auf die Madonnenstatue, als sich ihre Verwunderung gelegt hatte.
»Ein alter Senner hat sie gemacht«, erklärte der Seelsorger. »Jahraus, jahrein lebte er allein in seiner Hütte, droben auf der Alm, und schnitzte Figuren, die er an die Touristen verkaufte, die zu ihm herauf kamen. Und dann hat er dieses Kunstwerk geschaffen. Wir sind alle sehr stolz darauf.«
»Das glaub’ ich gern«, nickte die junge Frau. »Ich stell’s mir ziemlich einsam vor, in so einer Sennerhütte.«
»Na ja«, lachte Sebastian, »wie man’s nimmt. Zu tun gibt’s immer was. Schließlich ist die Arbeit eines Senners in erster Linie ja, Kühe zu hüten, zu melken und Käse zu machen.«
»Ich hab’ davon in einem Prospekt gelesen«, sagte Angela. »Bestimmt ist es sehr interessant, sich so etwas mal anzuschau’n.«
»Auf jeden Fall. Aber jetzt sind S’ erstmal hier, und wenn Sie’s möchten, dann zeig’ ich Ihnen ein bissel was.«
»Das ist wirklich sehr nett, Hochwürden«, freute sich Angela. »Aber ich möchte Ihre Zeit net in Anspruch nehmen.«
»Keine Spur«, schüttelte der Seelsorger den Kopf. »Kommen S’ nur. Wir haben da drüben nämlich noch eine wunderschöne Figur stehen.«
Sie folgte ihm zum linken Kirchenschiff hinüber.
»Entschuldigen S’, Hochwürden, ich hab’ mich noch gar net vorgestellt«, sagte die junge Frau verlegen. »Angela Holzer.«
»Angenehm«, erwiderte Sebastian lächelnd.
Er hatte natürlich schon längst geahnt, wer die Besucherin war. Ria Stubler hatte sie eindeutig beschrieben.
»Schau’n S’, Frau Holzer, diese Madonna hier ist gut und gerne dreihundert Jahre alt«, erklärte der Bergpfarrer. »Über den Künstler weiß man nix. Aber Experten haben die Figur untersucht und schreiben ihr einen net unbeträchtlichen Wert zu.«
»Haben S’ denn keine Angst, daß sie gestohlen werden könnt?«
»Das ist schon einmal geschehen«, antwortete Sebastian und erzählte, wie die Madonna Opfer eines Kirchenraubes geworden war. »Zum Glück haben wir sie wohlbehalten zurückbekommen, und die Diebe sitzen hinter Schloß und Riegel. Schau’n S’ da.«
Er deutete auf einen kaum sichtbaren Punkt in der Wand hinter der Mauer.
»Das ist ein Infrarotauge, das zu der Alarmanlage gehört, die dann installiert wurde«, fuhr er fort. »Sobald jemand die Figur vom Sockel nimmt, wird der Alarm ausgelöst. Die Anlage läßt sich nur drüben im Pfarrhaus ein- und ausschalten.«
Angela bemerkte, daß ihre Füße weh taten.
»Ich glaub’, ich muß mich einen Moment setzen«, sagte sie. »Normalerweise macht es mir nichts aus, lange zu stehen oder zu laufen. Aber ich war einige Zeit im Krankenhaus...«
»Kommen S’, setzen wir uns einfach