Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher

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Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman - Toni Waidacher Der Bergpfarrer

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gewesen, durch die sie geschaut hatte, und die Ernüchterung tat furchtbar weh.

      Wie durch eine Wand aus Watte hörte sie die Vorwürfe, die Tobias dem Bruder machte, und die höhnische Antwort, die Markus darauf gab. Es war, als erwache sie aus einem Traum, und in diesem Moment sah sie, wie der Mann, dem ihre ganze Liebe galt, wirklich war.

      Kalt, egoistisch, zynisch.

      Durch einen Schleier aus Tränen nahm sie wahr, daß die beiden auf dem Boden lagen und miteinander rangen. Flüche wurden ausgestoßen, und Fäuste geschwungen. Der eine blutete hier am Kopf, der andere hatte eine aufgeplatzte Lippe, wo ihn die Faust des Bruders getroffen hatte.

      »Hört auf! So hört doch endlich auf!« schrie Vroni.

      Sie hatte sich nach vorn durchgezwängt und stand über den Kämpfenden. Sich zwischen sie zu werfen, wagte sie nicht. Zu leicht hätte sie einen Schlag abbekommen können. Dafür schrie sie so laut, daß Erika Anstetter im Haus aufmerksam wurde und herausgelaufen kam.

      »Auseinander!« herrschte sie ihre Söhne an. »Seid ihr vollkommen narrisch geworden?«

      Beherzt riß sie den über Markus knienden Tobias hoch. Benommen rappelte er sich auf. Der Jüngere erhob sich ebenfalls. Keuchend standen sie sich gegenüber, und der Haß loderte immer noch in ihren Augen.

      »Könnt’ mir vielleicht mal einer sagen, was hier los ist?« forderte ihre Mutter sie auf.

      Tobias sah sie mit leerem Blick an.

      »Frag’ den da«, erwiderte er und drehte sich um.

      Kopfschüttelnd sah Erika ihm hinterher. Dann wandte sie sich an Markus.

      »Also, was ist los? Warum

      seid ihr übereinander hergefallen?«

      »Da mußt’ schon Tobias fragen«, antwortete er. »Der hat angefangen.«

      Die Bäuerin war nahe daran, die Geduld zu verlieren.

      »Himmelherrgottnocheinmal! Bekomm’ ich endlich eine Antwort?«

      Markus zuckte die Schultern und wandte sich um. Fassungslos sah seine Mutter ihm nach, wie er im Haus verschwand.

      Vroni stand neben ihr. Sie hatte die Hände vor das Gesicht geschlagen und schluchzte ununterbrochen. Erika Anstetter strich ihr über das Haar.

      »Was ist denn bloß los mit den beiden?« fragte sie.

      Ihre Ziehtochter konnte nicht antworten. Mehr noch, als über die Rauferei der zwei Brüder entsetzte sie, die Wahrheit aus Markus’ Mund gehört zu haben.

      Ein Zeitvertreib, mehr war sie nicht für ihn. Eine Abwechslung im Urlaub.

      Die beiden Frauen wollten gerade ins Haus zurückgehen, als die Tür aufgerissen wurde und Tobias herausstürzte. Er lief zu seinem Wagen, sprang hinein und raste, wie von Furien gehetzt, vom Hof.

      Erika und Vroni sahen sich an und liefen hinein. In der Diele blieben sie entsetzt stehen. Markus lag vor ihnen auf dem Boden. Er hatte die Augen geschlossen und blutete aus einer Wunde am Kopf.

      *

      Sebastian saß beim Abendessen, als ihn der Anruf erreichte.

      »Ich muß zum Anstetterhof«, rief er hastig in die Küche. »Etwas Furchtbares ist gescheh’n.«

      Seine schlimmsten Befürchtungen waren wahr geworden. Als er auf dem Hof eintraf, hatte Dr. Wiesinger den Verletzten schon versorgt. Markus saß in der Diele auf einem Stuhl, um den Kopf einen Verband.

      »Das schaut schlimmer aus, als es ist«, erklärte der Arzt.

      »Wo ist Tobias?« fragte der Geistliche.

      Der Bauer und seine Frau zuckten die Schultern, Vroni war nicht fähig etwas zu sagen. Sie schluchzte ununterbrochen.

      Wolfgang Anstetter war nach Hause gekommen, kurz nachdem Tobias fortgefahren war. Er hatte auch den Arzt alarmiert und Sebastian angerufen und ihn gebeten, herzukommen. Der Bergpfarrer sah den Ingenieur an.

      »Was hat’s zwischen euch gegeben?« wollte er wissen.

      Markus erwiderte stumm den Blick, sagte aber nichts. Vroni war es, die sich endlich aufraffte. Sie berichtete, wie sie nach den zwei Brüdern gesucht hatte und in der Scheune Zeugin der Auseinandersetzung geworden war. Beinahe Wort für Wort wiederholte sie den Streit.

      Wolfgang senkte beschämt den Kopf.

      »Ich fürcht’, ich hab’ doch mehr versäumt beim Tobias, als ich gedacht hab’«, sagte er zerknirscht. »Dabei hab’ ich immer nur das Beste für meine Kinder gewollt.«

      »Das ist aber net immer das, was die Eltern glauben«, erwiderte Sebastian. »Aber lassen wir das mal beiseite. Jetzt ist’s wichtig, daß wir Tobias finden, ehe er eine Dummheit begeht.«

      Erika Anstetter griff sich entsetzt ans Herz.

      »Sie meinen, er könnt’… sich was antun…?`«

      »Das will ich net hoffen. Aber Tobias muß sonst etwas gedacht haben, als er seinen Bruder blutend und reglos am Boden liegen sah. Weiß einer, wo er stecken könnte? Gibt’s einen Platz, an dem er gern’ ist?«

      Die anderen sahen sich fragend an. Vroni wußte ebenso wenig eine Antwort auf die Frage, wie Tobias’ Eltern. Nach einer Weile räusperte sich Markus. Er schien sich inzwischen erholt zu haben.

      »Gibt’s die alte Hütte noch, droben, am Hang zwischen dem Bergwald und der Klamm?«

      Sein Vater nickte.

      »Ja. Meinst’, daß er sich da verstecken könnt’?«

      »Möglich. Wir haben als Kinder oft dort gespielt.«

      »Dann los, Anstetterbauer, laß uns keine Zeit verlieren«, sagte Pfarrer Trenker. »Wir sollten vorsichtshalber Lampen mitnehmen, es wird bald dunkel.«

      »Ich pack’ alles zusammen«, nickte Wolfgang und eilte hinaus.

      »Ich komm’ mit, Hochwürden«, sagte Vroni.

      Sebastian überlegte. Vielleicht war es keine schlechte Idee, außerdem überzeugte ihn, was das Madel noch erklärend hinzufügte:

      »Ich muß mit Tobias sprechen. Ich hab’ ihm weh getan und trag’ einen großen Teil Schuld an dem, was geschehen ist.«

      »Also gut«, nickte der Geistliche.

      »Ich zieh’ mich nur schnell um«, rief Vroni und lief die Treppe hinauf.

      Sebastian wandte sich an Markus.

      »Soweit hätt’s net kommen müssen…«

      »Ich weiß, Hochwürden«, nickte er. »Auch ich bin schuld, und ich weiß, was ich zu tun hab’.«

      Der Seelsorger verstand. Er drückte Markus die Hand und wünschte ihm alles Gute.

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