Der Bergpfarrer Paket 2 – Heimatroman. Toni Waidacher
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»Wenn’s aber so ist. Ich liebe dich nun einmal, und da ist’s doch ganz klar, daß ich an eine Hochzeit denk’. Noch dazu an solch einem Ort.«
»Trotzdem…«
Ihre Erwiderung wurde durch Schritte unterbrochen. Beide drehten sich um. Claus Rendel schaute stirnrunzelnd auf den Mann, der das Kirchenschiff entlang schritt.
War das der, mit dem Daniela…?
Glühende Eifersucht brandete in ihm auf, als er den gutaussehenden Mann betrachtete. Markantes Gesicht, leicht gebräunt, eine sportliche, durchtrainierte Figur. Ganz im Gegenteil zu ihm selbst. Der Lehrer war alles andere als ein sportlicher Typ. Zwar hatte auch er eine schlanke Gestalt, aber jede körperliche Betätigung war ihm zuwider. Wenn er mal in der Schule Sportunterricht geben mußte, weil der Fachkollege ausgefallen war, dann rettete er sich, in dem er den Schülern Bälle gab, mit denen sie spielen konnten. Er selber setzte sich dann lieber auf eine Bank und korrigierte irgendwelche Arbeiten. Der Unterricht lief eher nebenher.
»Grüß Gott, Hochwürden«, hörte er im selben Moment Daniela rufen.
Erst da bemerkte er den Priesterkragen, den der Mann trug und der ihn als Geistlichen auswies.
»Claus, darf ich dir Pfarrer Trenker vorstellen? Der beste Bergführer, den man sich wünschen kann. Hochwürden, das ist mein Kollege, Claus Rendel.«
Die beiden Männer reichten sich die Hände. Der verwunderte Blick in den Augen des Besuchers war Sebastian nicht entgangen. Er kannte ihn nur zu gut. Fremde waren immer wieder erstaunt, wenn sie merkten, daß es sich bei ihm nicht um einen Prominenten vom Film oder Fernsehen handelte, sondern um einen ganz normalen Landpfarrer.
»Ich hab’ schon von Ihnen gehört«, sagte der Seelsorger.
In Claus’ Augen flackerte es unmerklich auf.
Was hatte sie wohl über ihn gesagt? Etwa daß er sie…?
»Daniela erzählte, daß Sie sich überraschend in Sankt Johann über den Weg gelaufen sind«, erklärte Sebastian rasch. »Das ist wirklich ein netter Zufall.«
Auch dieses Flackern hatte der Bergpfarrer beobachtet und geahnt, was in Claus Rendel vorging. Deshalb hatte er schnell diese Erklärung abgegeben. Der Lehrer sollte nicht das Gefühl haben, Daniela hätte irgendwelche intimen Details über seine Bemühungen um sie erzählt.
»Jedenfalls herzlich willkommen, in Sankt Johann«, fuhr er fort. »Ich wünsch’ Ihnen schöne Ferien bei uns.«
Er deutete mit den Armen einen Halbkreis an.
»Daniela wird Ihnen sicher schon die Sehenswürdigkeiten uns’rer schönen Kirche gezeigt haben. Inzwischen ist sie ja eine wahre Kennerin der Geschichte uns’res Dorfes und der Kirche.«
»Stimmt«, lachte Claus erleichtert auf. »Und eine gute Fremdenführerin.«
Sie führten eine an sich belanglose Unterhaltung. Sebastian wollte sich erst einmal ein Bild von dem Lehrer machen, um dann besser, in einem günstigen Augenblick das Gespräch mit ihm zu suchen.
Solch ein Augenblick konnte eine gemeinsame Bergtour sein. Schon so manches Mal hatte der Geistliche diese Gelegenheit genutzt, um ein Problem aus der Welt zu schaffen.
»Haben S’ net Lust, auch einmal mit hinaufzukommen?« lud er Danielas Verehrer ein, als sie später wieder draußen waren.
Claus Rendel zuckte eher lustlos die Schulter.
»Vielleicht«, antwortete er ausweichend. »Wenn’s net zu anstrengend ist…«
»Mein lieber Kollege ist net so sportlich wie Sie, Hochwürden«, warf Daniela, mit leichtem Spott in der Stimme, ein.
»Warum eigentlich net«, ließ Claus sich zu ihrem Erstaunen hören. »Für dich würd’ ich sogar auf den Montblanc steigen!«
Die junge Frau ärgerte sich über diese erneute Liebesbekundung, noch dazu in der Gegenwart eines Dritten – auch wenn dieser über alles Bescheid wußte.
»Ich denk’ für’s erste wird eine ausgiebige Wanderung reichen«, rettete Sebastian die Situation. »Schließlich soll man’s net übertreiben, wenn man so gar keine Erfahrung hat. Es gibt ein paar hübsche Routen, die zu bewältigen überhaupt net anstrengend ist.«
»Prima, dann können wir ja vielleicht wirklich mal was verabreden«, nickte Claus.
»Ich möcht’ net, daß du so mit mir sprichst, wenn jemand anderer dabei ist«, sagte Daniela, als sie im Wirtshaus saßen.
Den ganzen Weg dorthin hatte sie geschwiegen. Jetzt, nachdem sie das Essen bestellt hatten, konnte sie ihren Ärger nicht mehr länger zurückhalten. Es war ohnehin schon schwer genug für sie gewesen, hierher zu gehen, wo sie und Andreas so manches Mal gesessen hatten.
»Sei net bös«, bat Claus und machte ein Gesicht, wie ein Schulbub, den man bei einem Streich erwischt hatte. »Es ist nun mal so. Ich hab’s dir in der Kirche schon gesagt – ich liebe dich und kann an nix and’res mehr denken.«
Er schwieg einen Moment, als die Bedienung kam und die Getränke brachte. Dann prostete er ihr zu.
»Du, ich hab’ gehört, hier findet Samstag abend ein Tanzvergnügen statt«, sagte er dann, in aufgeräumter Stimmung, weil er annahm, Daniela habe ihm wieder verziehen. »Hast’ net Lust, mal mit mir dorthin zu gehen? Das soll immer eine Gaudi sein, haben’s mir auf dem Hof erzählt.«
Er trank einen weiteren Schluck.
»Ach, das weißt’ ja bestimmt selbst«, fuhr er dann fort, ohne auf eine Antwort zu warten. »Du warst doch sicher schon mal dabei, oder?«
Daniela nickte stumm.
Ob sie schon mal dabeigewesen wäre, fragte er sie!
Am liebsten hätte sie ihm gesagt, daß sie hier die schönsten Stunden ihres Lebens verbracht hatte. Die Stunden, in denen sie ihre große Liebe fand, und daß er endlich heimfahren und sie in Ruhe lassen solle.
Aber dann schwieg sie doch. Sie aß mit wenig Appetit und hatte Mühe, ihre Tränen zurückzuhalten. Claus hingegen ließ es sich schmecken und war ganz und gar unbekümmert.
»Was fangen wir denn nun mit dem schönen Nachmittag an?« fragte er unternehmungslustig, als sie wieder auf der Straße standen.
Es war ein strahlendblauer Himmel, der über dem Wachnertal stand, und die Menschen, Einheimische und Touristen, strahlten nicht weniger. Der Tag schien wie geschaffen für Unternehmungen. Wandern, Radfahren oder Schwimmen, alles war möglich. Aber Daniela stand nicht der Sinn nach alledem. Sie wollte allein sein und über alles nachdenken. Vor allem darüber, wie es mit Claus weitergehen sollte. Am liebsten hätte sie ihren kaum begonnenen Urlaub abgebrochen und wäre wieder nach Hause gefahren.
Aber das wollte sie Ria, Pfarrer Trenker und vor allem sich selbst nicht antun. Außerdem wußte sie, daß sie nicht in Ruhe zu Hause sitzen konnte, ohne sich noch einmal mit Andreas ausgesprochen zu haben. Ihr ganzes Denken drehte sich eigentlich nur um ihn, und einige Male hatte sie sich bereits ertappt, daß sie Claus beinahe mit dem Namen des anderen hatte anreden