Mami Staffel 11 – Familienroman. Edna Meare
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»Ich weiß. Es tut ihr bestimmt schon leid.«
»Das glaube ich nicht. Sie wird ihre Unverschämtheit auf den Brief schieben, der sie so erzürnte.«
Er lachte leise. »Ja, das war ein frecher Brief von einem Jungen aus der Schule. Claudia weiß eben noch nicht, wie man mit aufdringlichen Burschen umgeht.«
Sie hatten den Innenhof durchquert, so daß er ihr jetzt die Tür zum Krankenhausgebäude aufhielt. Sie führte in einige Räume, die nur fürs Personal zugänglich waren.
»Bitte, sagen Sie mir, was inzwischen mit Ihnen geschehen ist, Astrid.« Er stellte sich ihr in den Weg.
Eingeklemmt zwischen seine Arme, die die Tür offenhielt, erzählte sie ihm von dem Tag, an dem sie Claudia von der Schule abholte, um ihr schonend beizubringen, daß sie vielleicht als Oberärztin nach Hannover übersiedeln wollte.
»Durch diesen Brief, kam ich nicht mehr dazu, ihr Einzelheiten und meine Beweggründe aufzuzählen. Was sie von mir erfahren hatte, reichte ihr. Sie warf mich sozusagen im hohen Bogen hinaus. Hat sie es Ihnen nicht erzählt?«
»Nicht in allen Einzelheiten. Seltsam, dabei dachte ich doch, ich bin jetzt ihr Vertrauter, ihr einzig geliebter Musterpapa.«
Astrid lächelte. »Wir alle können uns täuschen, nicht wahr? Aber seitdem habe ich nichts mehr von Claudia gehört.«
Seine Arme sanken hinab. Er ergriff ihre Hände.
»Also dann doch die Friedenspfeife. Sie könnten sie selbst vorbeibringen. Und dann unternehmen wir an Claudias Geburtstag einen Ausflug an den Starnberger See. Zu dritt. Da behalte ich die Übersicht, wenn ihr beide dann auf dem Dampfer die Friedenspfeife raucht.«
»Ich… ich weiß nicht, Fabian.«
Er zog ihre Hände an seine Brust. »Aber ich weiß es. Du und ich, Astrid, wären uns längst viel nähergekommen, wenn ich den Mut gefunden hätte, dir von mir als schlechtem Ehemann zu erzählen.«
»Du meinst«, schmunzelte sie, »das hätte mich nicht abgeschreckt?«
»Das hat ja noch keine abgeschreckt. Alle Frauen denken doch, ihre Liebe würde mich zu einem Mustergatten bekehren.«
Sie sah zu ihm auf. »Ja, zu denen gehöre ich auch.«
Da küßte er sie. Es war ein zarter, flüchtiger Kuß.
»Ich weiß seit fast einem Jahr, daß ich viel mehr als Dankbarkeit für dich empfinde. Ich konnte meine Gefühle dahinter nur verbergen, weil ich Claudia und mir nicht eingestehen wollte, daß mein Herz so bald nach Annalenas Tod für eine andere Frau, für dich, schlug. Heute kann ich es sagen. Und ich danke diesem…«
»… Wolfgang.«
»… für seinen Mut und seine Ehrlichkeit. Damit hat er mich von meinem hohen Roß gestürzt. Es hat wehgetan, aber es hat mich befreit.«
Sie schloß die Augen, zog ihre Hände aus seinen und legte sie ihm um den Nacken.
»Ich werde kommen, Fabian. Herzlich gern. Und dir bleibt Zeit, um zu überlegen, ob es für immer sein soll.«
Er küßte sie diesmal leidenschaftlich, und sie erwiderte seinen Kuß, obwohl sie damit rechnen mußte, daß einige Kollegen sie beobachten konnten.
Danach hielt Fabian sie fest an sich gepreßt. »Ja, eine Woche Zeit, Astrid. Mehr nicht. Genau bis zu Claudias Geburtstag.«
*
Ein stürmischer Wind blies über den Starnberger See, denn mal wieder hatte das Wetter nicht mitgespielt, wenn Claudia ihren Geburtstag feierte. Das kannte sie schon. Einmal, da war sie noch recht klein gewesen, hatte es an diesem Tag so gehagelt, daß das Cabriolet ihrer Mama wie eine Badewanne voller Wasser gestanden hatte.
»Weißt du das noch, Papa?« schrie sie gegen den Wind an, weil sie oben an der Reling standen. »Da war ich ein Baby, nicht?«
Fabian grinste Astrid an. »Annalena hat andauernd vergessen, ihr Verdeck zu schließen. Ich habe ihr danach nie wieder ein Cabriolet gekauft.«
»Mama fand das nicht so schlimm«, lachte Claudia. »Sie fuhr sowieso lieber in Autos, die so richtig schnell…«
Sie sprach nicht weiter. Da sie zwischen Astrid und Fabian stand, umarmten die beiden sie gleichzeitig. Ihre Hände berührten sich. Sie tauschten einen Blick.
Annalena würde immer bei ihnen sein. Das war gut so, weil Claudia ihre Mama nie vergessen durfte.
»Was für ein toller Wind!« begann Claudia nach einer Weile unbekümmert. »Was für ein toller Geburtstag, Papa. Was für eine tolle Überraschung, daß Astrid gekommen ist.«
Da beugte Astrid sich vor. Ihre Lippen berührten Claudias Haar und ihr Herz lief über voller Liebe zu diesem Kind.
»Ja, und was ist nun mit der Friedenspfeife?« fragte er.
»Was für eine Friedenspfeife?«
»Die brennt bei diesem Wetter doch gar nicht, Fabian«, schmunzelte Astrid.
»Weil du eine aus Lakritze gekauft hast, du Schwindlerin!« Er lachte. Claudia sah die beiden abwechselnd an.
»Lakritze ist gut. Aber wozu eine Friedenspfeife?«
»Ich wollte mich mit dir versöhnen, weil du mich im Frühsommer einmal so rüde fortgeschickt hast, Claudia.«
»Quatsch! Hab ich nicht!« Claudia schmiegte sich an sie. »Das redest du dir ein. Das kommt vom Sekt, den ihr getrunken habt.«
»O nein. Du hattest damals einen unangenehmen Brief von einem Jungen aus der Schule bekommen und dich furchtbar darüber geärgert, mein Schatz«, beharrte Astrid auf der zurückliegenden Tatsache.
»Mir schreibt kein Junge aus der Schule.«
Astrid blickte Fabian an. Der zuckte mit den Schultern. Seine Stirn legte sich in Falten. Worum ging’s hier? Etwa um ein lächerliches Mißverständnis, um das sich die beiden liebsten Menschen, die er hatte, streiten wollten?
»Eine Postkarte vom Gardasee lag dabei, Claudia«, erinnerte Astrid sie unerbittlich, denn trotz aller verliebten Blicke von Fabian und der Gewißheit, an seiner Seite alles zu finden, was sie seit Jahren ersehnt hatte, ließ sie sich nicht für dumm verkaufen.
»Gardasee?« wiederholte Claudia. Ihr Blick wäre wohl am liebsten hinunter in die gischtigen Wellen getaucht. »Ach, das meinst du. Ja, die hat mir so ein ätzender Typ geschickt. Die lag im Brief. Kann sein, ich hab’ mich geärgert.«
»… und mich deshalb weggeschickt?«
»Nein, nicht deshalb. Du wolltest doch fort, oder?« Sie lehnte sich gegen Astrid und lächelte sie schelmisch an. »Aber Papa hat dich im letzten Moment festgehalten. Ist es so?«
»So ist es, und so bleibt es«, antwortete Fabian, wobei sein Gesicht ein wenig