Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Читать онлайн книгу Dr. Norden Bestseller Paket 1 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 275
»Sie ist nicht der Mensch, der jammert, und was hätte es ihr schon genützt? Ihre Mutter führte doch das Regiment in dem Haus, das durch Birgits Geld erhalten blieb. Ich muss Ihnen jetzt einige bittere Wahrheiten sagen, Herr Blohm. Birgit hätte darüber nie zu Ihnen gesprochen, aber sie war sich durchaus im Klaren, dass nur ihr Geld für Ihre Mutter entscheidend gewesen war. Für ihre Frau war es selbstverständlich, dass alles, was ihr gehörte, auch Ihnen gehören sollte. Sie folgte nicht meinem Rat, sich abzusichern, denn auch das muss ich Ihnen sagen, ich sah schwarz für Ihre Ehe. Ich kannte Birgit schon als Kind. Ich war mit ihrem Vater befreundet. Menschen ohne Fehl und Tadel waren ihre Eltern, ist auch sie. Wenn Birgit etwas geschehen ist, was nicht mehr gutzumachen ist, werde ich keine vornehme Zurückhaltung üben, wie Birgit es getan hat. Ich werde …«
»Bitte, sprechen Sie nicht weiter«, fiel ihm Bert ins Wort. »Ich weiß, was Sie empfinden, und ich empfinde ebenso. Ich bin entsetzt über das Benehmen meiner Mutter, aber bis heute ist mir das alles nicht bewusst gewesen. Und nun stehe ich mit meinem Jungen da und weiß nicht, wohin mit ihm.«
»Sie wollen nicht zu Ihrer Mutter zurück?«, fragte Dr. Biel.
»Nein.« Es klang sehr bestimmt. »Ich könnte es Toby nicht antun.«
Dr. Biel überlegte einen Augenblick und sagte schließlich:
»Toby könnte bei uns bleiben«, er warf Bert einen kurzen Blick zu, »meine Frau betreut oft unsere Enkelchen. Sie versteht es, mit Kindern umzugehen. – Aber nun ist es doch wohl wichtig, dass wir Birgit finden, bevor noch mehr Zeit verstreicht.«
Seine Privatwohnung war im selben Haus, ein Stockwerk höher. Dr. Biel rief seine Frau an. Frau Biel war sofort einverstanden, kam herunter und nahm sich Tobys an.
Der Kleine traf eine schnelle und bedeutsame Entscheidung.
»Wenn ich nur nicht zu Großmama zurück muss«, erklärte er, »sonst ist mir alles egal. Nur meine Mami will ich bald wiederhaben.«
Dr. Biel führte zahllose Telefongespräche, bis er endlich durch ein hörbares Aufatmen verriet, dass er eine Spur gefunden hatte. Bert hatte ihn nicht aus den Augen gelassen. Mit fieberhafter Spannung lauschte er, als Dr. Biel sagte: »Ja, Herr Dr. Behnisch, ich bin der Anwalt von Frau Blohm. Herrgott, bin ich froh, dass sie endlich gefunden ist. Ich werde gleich kommen. Sagen Sie ihr bitte noch nichts von meinem Anruf. Ich möchte erst noch persönlich mit Ihnen sprechen.«
»Sie lebt«, flüsterte Bert erleichtert, als Dr. Biel den Hörer aufgelegt hatte.
»Sie hat Glück gehabt«, erwiderte der Anwalt ernst. »Sie saß in dem Bus, der mit dem Zug zusammengestoßen ist. Sie haben sicher von dem Unglück gehört.«
»O mein Gott«, murmelte Bert und legte die Hände vor sein Gesicht. »Ist sie schwer verletzt?«, fragte er dann stockend.
»Birgit lebt, viel mehr weiß ich bisher nicht. Dr. Behnisch ist anscheinend ein sehr vorsichtiger Mann, mehr hat er am Telefon nicht verraten.«
»Ich möchte zu ihr. Ich muss mit ihr sprechen«, sagte Bert und erhob sich.
»Jetzt wollen wir aber mal hübsch bedächtig vorgehen«, war Dr. Biels Meinung. »Sie können mit mir fahren, aber ich spreche zuerst mit Birgit allein.«
*
Penny Holzmann war an diesem Tag in die Behnisch-Klinik überführt worden. Ihr Mann und Tim waren bei ihr. Ganz still saß der Kleine auf seines Vaters Knie, und sein Herzchen klopfte angstvoll, weil seine Mami noch viel schlimmer aussah, als jene Dame, zu der Dr. Behnisch ihn gebracht hatte. Aber Tim war erst zwei Jahre alt, und sein Verstand war noch nicht so entwickelt wie der von Toby. Seine Welt bestand aus Papi, Mami, Oppi und Ommi, seinem Bärle, Essen, Trinken und Schlafen. An das Unglück hatte er nicht die geringste Erinnerung.
Aber wenn Penny seinen Namen flüsterte, wusste er genau, dass das seine Mami war, obgleich sie von oben bis unten in Verbände gehüllt war.
Tim ahnte nicht, wie viel Lebenswillen seine Anwesenheit seiner Mami einflößte. Er ahnte nicht, wie sehr sein Papi um das Leben der angebeteten Frau bangte.
Dirk Holzmann ließ alle Begebenheiten vor seinem geistigen Auge wie einen Film abrollen, die ihn mit Penny verbanden, seit er sie zum ersten Mal gesehen hatte. Es war in London gewesen. Er hatte das bezaubernde junge Mädchen im Hyde-Park gesehen, wie es sich bückte und etwas zu suchen schien, und so hatte er sich auch gebückt und einen blanken Penny aufgehoben. »Einen Penny«, hatte er auf deutsch gesagt, und sie hatte spitzbübisch gelacht und gefragt: »Woher wissen Sie, dass ich Penny heiße?« Im besten Deutsch hatte sie es gefragt, und schon in diesem Augenblick hatte ihre Liebe begonnen. Alles liebte er an seiner Penny, die runde Stirn, die sie noch so kindlich wirken ließ und hinter der doch so viel gescheite Ideen entstanden. Das kecke Näschen, mit Sommersprossen bedeckt, das sich krauste, wenn sie nachdachte. Die weichen Lippen, die so gern lachten und dabei Zähne zeigten, von denen niemand glauben wollte, dass sie alle echt wären, so makellos waren sie.
Ihr sonniges Wesen, das alle Herzen gewann und doch nur wenige ganz gewinnen wollte, denn Penny baute sich ihre eigene Welt. Eine Welt, in der es einfach nichts Böses gab, in der noch Frieden herrschte und Verständnis füreinander.
Und wie hatten seine Eltern Penny gleich geliebt, als er sie aus diesem Urlaub mit heimbrachte und sagte, dass nur sie seine Frau werden solle. Und dann das unendliche Glück, als Tim zur Welt kam, mit einem Lachen seiner Mutter geboren.
Nun lag diese Penny still da und konnte kaum sprechen. Ihr süßes Gesicht war von Verbänden verhüllt, ihre Arme, die alle, die sie liebte, so liebevoll umfangen hatten, waren geschient. Ihr geschundener Körper wurde von einer leichten Decke versteckt.
»Ihr seid alle so lieb«, flüsterte Penny. »Ich möchte so gern wieder bei euch sein.«
»Du wirst wieder bei uns sein, mein Liebstes«, sagte Dirk zärtlich.
»Ich möchte leben, Dirk. Wir wollten doch lange miteinander leben.«
»Wir werden lange miteinander leben«, sagte er, obgleich es ihm fast das Herz zerriss, daran denken zu müssen, dass es ein qualvolles Leben für sie werden könnte.
»Die Götter neideten uns das Glück«, murmelte sie.
Auch andere hatten das gesagt, und die Frage, warum es Penny hatte so schlimm treffen müssen, bohrte sich wie ein Stachel in Dirk.
Nun wussten sie wenigstens, dass alles für Penny getan werden würde. Sie konnten bei ihr sein, wann immer sie wollten. Sie konnte Tim sehen, ohne dass eine Mordsaffäre daraus gemacht wurde, das Kind auf die Station zu bringen.
Nur konnte Tim eben nicht begreifen, dass seine Mami nicht mit ihm spielte und lachte.
*
Birgit war nach dem Gespräch mit Dr. Norden nicht mehr eingeschlafen. Sie lauschte in sich hinein, doch von den Ängsten, die sie bewegt hatten, war nichts geblieben. Sie war von ganz unbekannten Regungen erfüllt, die man als Kampfbereitschaft bezeichnen konnte. Jedenfalls gab es keine Resignation mehr. Schließlich keimte sogar Rachegefühl in ihr.
Hatte sie eigentlich Veranlassung, vor ihrer Schwiegermutter zu kuschen? War sie ihr etwas schuldig, nur weil sie die Frau ihres Sohnes geworden war?
Für ein paar Sekunden