Auferstehung. Лев Толстой

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Auferstehung - Лев Толстой

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Nechludoff Katuscha vor acht Jahren verführt und verlassen, nichts zu thun; er dachte nicht gern daran, und nie wäre es ihm in den Sinn gekommen, hierin ein Hindernis zu seiner Heirat mit der jungen Prinzessin zu suchen. Der Grund war der, daß Nechludoff geheime Beziehungen zu einer verheirateten Frau unterhielt, die zu brechen er sich allerdings kürzlich entschlossen hatte.

      Nechludoff war sehr schüchtern den Frauen gegenüber; und gerade diese Schüchternheit hatte Maria Wassiljewna, der Frau eines Adelsmarschalls, den Wunsch eingegeben, ihn zu ihrem Sklaven zu machen. Sie hatte ihn tatsächlich in eine Liaison verstrickt, die Nechludoff täglich mehr in Anspruch nahm und ihm tagtäglich drückender wurde. Noch zuerst hatte er der Verführung nicht widerstehen können, und später konnte er sich, weil er sich ihr gegenüber schuldig fühlte, nicht entschließen, die Fesseln zu brechen, ohne daß sie damit einverstanden war. Aber anstatt sich damit einverstanden zu erklären, sagte sie ihm, sie würde sich sofort töten, wenn er sie jetzt, da sie ihm alles geopfert, im Stiche ließe.

      Unter Nechludoffs Post befand sich gerade an diesem Morgen ein Brief ihres Gatten; der Fürst erkannte die Handschrift und das Siegel. Er errötete und empfand jene Aufwallung, die er beim Nahen der Gefahr stets verspürte. Doch seine Erregung legte sich, als er den Brief geöffnet hatte. Maria Wassiljewnas Gatte, der Adelsmarschall des Bezirks, in welchem die hauptsächlichen Besitzungen der Familie Nechludoff lagen, schrieb dem Fürsten, gegen Ende Mai würde eine außerordentliche Sitzung des Rates, dem er präsidierte, abgehalten werden; er bitte ihn, derselben auf jeden Fall beizuwohnen und ihm »ein bißchen behilflich zu sein«; denn man wollte zwei sehr ernste Fragen beraten, die Schulfrage und die der Bicinalwege, und in beiden Punkten dürfte man sich auf eine lebhafte Opposition von seiten der reaktionären Partei gefaßt machen. Dieser Adelsmarschall war in der That liberal gesinnt; mit einigen anderen Liberalen derselben Art kämpfte er gegen die Reaktion, die immer stärker zu werden drohte; und dieser Kampf nahm ihn vollständig in Anspruch, so daß, er nicht einmal zu bemerken Zeit hatte, daß seine Frau ihn hinterging.

      Nechludoff erinnerte sich, welche Angst er schon so oft durchgemacht; er erinnerte sich, wie er sich eines Tages eingebildet, der Mann habe alles entdeckt und sich auf ein Duell mit ihm vorbereitet, bei dem er die Absicht gehabt, in die Luft zu schießen; er durchlebte wieder die schreckliche Szene, die er mit der Frau an jenem Tage gehabt, als sie in ihrer Verzweiflung nach dem Garten gestürzt und auf den Teich zugelaufen war, um sich darin zu ertränken.

      »Ich kann jetzt nicht hingehen und nichts unternehmen,« dachte er. Vor acht Tagen hatte er ihr einen Brief geschrieben, in welchem er sich schuldig bekannte und sich zu allem bereit erklärte, um seinen Fehler wieder gut zu machen, zum Schluß aber sagte er, ihre Beziehungen müßten im Interesse der jungen Frau auf immer aufhören. Auf diesen Brief erwartete er eine Antwort, die aber nicht kam. Das Ausbleiben der Antwort erschien ihm übrigens als ein gutes Zeichen. Wäre sie nicht auf den Bruch eingegangen, so hätte sie ihm schon lange geschrieben oder wäre selbst gekommen, wie sie es schon einmal gethan hatte. Nechludoff hatte von einem Offizier gehört, der Maria Wassiljewna den Hof machte und der Gedanke an diesen Nebenbuhler bereitete ihm Qualen der Eifersucht. Gleichzeitig aber freute er sich darüber, denn er hatte dadurch die Hoffnung, sich endlich von einer ihn drückenden Lüge befreien zu können.

      Ein anderer Brief, den Nechludoff unter seiner Post fand, war von dem ersten Inspektor der Güter seiner Mutter, die jetzt ihm gehörten. Dieser Inspektor schrieb, Nechludoff müßte um jeden Preis nach seinem Gute kommen, um die Bestätigung seiner Erbschaftsrechte in Empfang zu nehmen, wie auch, um die Frage zu entscheiden, in welcher Weise seine Güter in Zukunft geleitet werden sollten. Die Frage bestand darin, ob die Güter weiter so geleitet werden sollten, wie sie es zu Lebzeiten der verstorbenen Fürstin wurden, oder ob man, wie der Inspektor es dieser geraten und wie er es jetzt dem jungen Fürsten riet, nicht besser that, die Verträge aufzulösen und den Bauern alle Güter, die man ihnen verpachtet hatte, wieder fortzunehmen. Der Inspektor behauptete, die direkte Ausbeutung der Güter würde bedeutend einträglicher sein. Er entschuldigte sich dann, daß er die Absendung der Rente von 3000 Rubel, die dem Fürsten zukam, etwas verzögert habe, er würde diese Summe mit der nächsten Post erhalten; die Verzögerung kam daher, daß der Inspektor die größte Mühe von der Welt hatte, das Geld von den Bauern einzubekommen, die ihre Gewissenlosigkeit so weit trieben, daß man, um sie zur Zahlung zu veranlassen, seine Zuflucht zur Gewalt nehmen mußte.

      Dieser Brief war Nechludoff gleichzeitig angenehm und unangenehm. Er empfand es als etwas Angenehmes, sich als Herrn eines Vermögens zu wissen, das sein bisheriges übertraf. Andererseits dagegen erinnerte er sich, daß er sich in seiner ersten Jugend mit der Großherzigkeit und Entschlossenheit seines Alters für die soziologischen Theorien von Spencer und Henry George begeistert hatte; er hatte nicht allein gedacht, erklärt und geschrieben, daß die Erde kein Gegenstand individuellen Eigentums sein dürfe, sondern hatte sogar den Bauern ein kleines Gut geschenkt, das er von seinem Vater ererbt, um seine Handlungen seinen Grundsätzen anzupassen. Jetzt aber, da der Tod seiner Mutter ihn zum Großgrundbesitzer gemacht, hatte er zwischen zwei Entschlüssen zu wählen. Er konnte entweder auf alle seine Güter verzichten, wie er es vor zehn Jahren bei den 200 Hektaren gethan, die er von seinem Vater ererbt, oder er konnte, indem er von seinen Gütern Besitz nahm, die Grundsätze, die er einst aufrecht erhalten, stillschweigend, aber ausdrücklich, als falsch und lügnerisch hinstellen.

      Den ersten dieser beiden Entschlüsse zu fassen, war ihm unmöglich, denn seine Besitzungen bildeten sein ganzes Vermögen. Wieder in den Dienst zu treten, hatte er nicht den Mut; und er war zu sehr an sein müßiges und luxuriöses Leben gewöhnt, um darauf verzichten zu können. Dann wäre das Opfer auch unnütz gewesen, denn Nechludoff fühlte nicht mehr die Kraft der Ueberzeugung und die Entschlossenheit, die er in der Jugend besessen hatte.

      Doch der zweite Entschluß, die uneigennützigen und großherzigen Vorsätze, auf die er einst so stolz gewesen, ausdrücklich zu verleugnen, dieser Entschluß war ihm unangenehm, und deshalb berührte ihn der Brief seines Inspektors peinlich.

      Als Nechludoff sein Frühstück beendet hatte, ging er in sein Kabinet. Er wollte aus der Vorladung ersehen, um wieviel Uhr er im Gerichtsgebäude sein mußte, und außerdem hatte er auch der Prinzessin Kortschagin zu antworten. Er ging, um sich in sein Kabinet zu begeben, durch sein Atelier, wo ein angefangenes Gemälde auf einer Staffelei stand und verschiedene Studien an den Wänden hingen. Der Anblick dieses Bildes, an dem er seit zwei Jahren arbeitete, ohne es vollenden zu können, dieser Studien und des ganzen Ateliers belebte das unaufhörlich stärker werdende Gefühl seiner Ohnmacht, Fortschritte in der Malerei zu machen, und das Bewußtsein seines Talentmangels aufs neue. Er schrieb dieses Gefühl allerdings seinem übertrieben fein entwickelten künstlerischen Geschmack zu; doch er konnte sich des Gedankens nicht erwehren, daß er die Armee vor fünf Jahren verlassen hatte, weil er ein großes Talent als Maler in sich zu entdecken geglaubt.

      So kam er denn in melancholischer Gemütsverfassung in sein ungeheuer großes Arbeitszimmer, das mit jedem möglichen Zierrat und allen Bequemlichkeiten versehen war. Er schritt auf einen großen Schreibtisch mit etiquettierten Schubladen zu, öffnete die Schublade, die die Bezeichnung »Vorladungen« trug und fand darin sofort die Anzeige, die er suchte. Diese Anzeige sagte ihm, daß er um 11 Uhr im Justizgebäude sein mußte. Nechludoff setzte sich, schloß die Schublade und begann einen Brief, in dem er der Prinzessin sagen wollte, er danke ihr für ihre Einladung, und hoffe, am Nachmittag zum Diner kommen zu können. Nachdem er aber den Brief geschrieben, zerriß er ihn; er war zu intim. Der zweite, den er schrieb, war zu kühl, fast unhöflich, und er zerriß, ihn wieder. Er klingelte, und ein Lakai trat in das Zimmer, ein älterer Mann, mit ernster Miene und rasiertem Gesicht, der eine Schürze von grauem Kaliko trug.

      »Lassen Sie mir einen Fiaker kommen.«

      »Sofort, Exzellenz!«

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