Die Eroberung von Plassans. Emile Zola

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Die Eroberung von Plassans - Emile Zola страница 9

Автор:
Серия:
Издательство:
Die Eroberung von Plassans - Emile Zola

Скачать книгу

und ließen durch die weißen Vorhänge den Schatten der hohen Decken erkennen. Aber vergebens lauerte Mouret, nie konnte er die Hand bemerken, die das Fenster öffnete und schloß; er hörte nicht einmal das Knarren der Fensterflügel. Kein menschlicher Laut kam aus dieser Wohnung. Im Verlaufe von acht Tagen hatte Mouret noch nicht ein einziges Mal den Abbé wiedergesehen, so daß dieser Mensch, der neben ihm wohnte, und dessen Schatten er nicht einmal bemerkte, ihm schließlich eine nervöse Unruhe einflößte. Trotz seiner Bemühungen, gleichgültig zu bleiben, fing er doch wieder an zu fragen, und begann eine förmliche Untersuchung.

      Du bekommst ihn also nicht zu Gesicht? erkundigte er sich bei seiner Frau.

      Ich glaube, daß ich ihn gestern sah, als er heimkehrte. Aber ich weiß es nicht genau ... Da seine Mutter immer schwarz gekleidet geht, kann auch sie es gewesen sein.

      Auf seine weiteren Fragen erzählte sie ihm alles, was sie wußte:

      Rosa behauptet, daß er jeden Tag ausgeht und sehr lange außen bleibt ... Die Mutter ist regelmäßig wie eine Uhr. Täglich kommt sie um sieben Uhr herunter, um ihre Einkäufe zu machen. Ihren Handkorb hat sie immer geschlossen und bringt in ihm alles, was sie braucht: Kohlen, Brot, Wein und andere Lebensmittel; denn man sieht nie, daß jemand ihnen etwas herbrächte ... Übrigens sind sie die Höflichkeit selbst. Rosa sagte, daß sie immer grüßen, sooft sie ihr begegnen. Aber zumeist hört Rosa sie gar nicht die Treppe herunterkommen.

      Die müssen eine sonderbare Wirtschaft oben führen, erwiderte Mouret, den das Gehörte nicht befriedigte.

      Als eines Abends Octave erzählte, daß er den Abbé in die Kirche Saint-Saturnin habe treten sehen, fragte der Vater, wie er gegangen sei, ob die Vorübergehenden ihm nachgeblickt hätten und was er in der Kirche zu tun gehabt hätte.

      Du bist gar zu neugierig! rief der junge Mann lachend ... Schön nahm er sich mit seinem verschossenen, fast roten Talar am hellichten Tage nicht aus. Es entging mir nicht, daß er absichtlich an den Häusern entlang im Schatten ging, damit sein Talar ein bißchen schwarz aussehe ... Er geht sehr schnell, den Kopf hat er immer gesenkt ... Zwei Mädchen fingen an zu lachen, als er über den Platz ging. Er hob den Kopf und sah sie freundlich an; nicht wahr, Serge?

      Dieser erzählte, daß er schon einigemal, als er aus dem Kolleg kam, den Abbé von weitem gesehen habe, wie er die Kirche verließ. Er geht durch die Straßen, meinte der junge Mann, ohne mit jemandem zu sprechen, scheint niemanden zu sehen und fühlt gewiß beschämt das höhnische Lächeln, das er allenthalben erregt.

      Spricht man denn von ihm in der Stadt? fragte Mouret mit regem Interesse.

      Mit mir hat niemand von dem Abbé gesprochen, erwiderte Octave.

      O ja, sagte Serge, man spricht von ihm. Der Neffe des Abbé Bourrette erzählte mir, daß er nicht gern in der Kirche gesehen werden, denn man könne die fremden Priester nicht leiden. Dann sieht er auch gar so elend aus ... Wenn man sich an ihn gewöhnt hat, wird man von dem armen Manne nicht mehr sprechen. In der ersten Zeit will man aber doch wissen, welche Bewandtnis es mit ihm habe.

      Martha riet dann ihren Söhnen, sich nicht ausfragen zu lassen, wenn man von ihnen etwas Näheres über den Abbé erfahren wolle.

      Ach was! Das können sie ruhig sagen, rief Mouret aus. Was wir von ihm wissen, tut ihm nichts.

      Von diesem Augenblicke an machte er seine Kinder, ohne etwas Schlechtes zu denken, zu Spionen, die er an die Fersen des Abbé heftete. Octave und Serge mußten ihm alles sagen, was in der Stadt von ihm gesprochen wurde; ja noch mehr, sie erhielten den Auftrag, dem Priester zu folgen, wenn sie im begegneten. Aber diese Quelle war schnell versiegt. Das Gerede, das durch die Ankunft des fremden Priesters veranlaßt wurde, verstummte bald. Die Stadt kümmerte sich um den »armen Mann mit dem schäbigen Talar« nicht mehr und beachtete ihn einfach nicht. Anderseits begab sich der Priester nur in die Kirche und aus ihr nach Hause, wobei er immer durch dieselben Gassen ging. Octave meinte lächelnd, er zähle die Pflastersteine.

      Zu Hause suchte Mouret Desirée auf seine Seite zu ziehen, da sie nie ausging. Er führte sie deshalb abends in den Garten, fragte sie aus, was sie den Abend über getan und gesehen habe und suchte immer das Gespräch auf die Partei im zweiten Stock zu bringen.

      Höre, sagte er eines Tages zu ihr, morgen wirst du, wenn das Fenster offen steht, deinen Ball in das Zimmer; dann gehst du hinauf und verlangst ihn.

      Am folgenden Tage warf das Mädchen tatsächlich den Ball in das Zimmer; aber er wurde von unsichtbarer Hand sofort auf die Terrasse hinabgeworfen, noch ehe das Kind die Treppe erreicht hatte. Mouret, der auf die Anmut des Kindes gerechnet hatte, um die gleich am ersten Tage abgebrochenen Beziehungen wieder aufzunehmen, sah das Spiel verloren; er stieß augenscheinlich auf den klaren Willen des Abbé, sich in seiner Wohnung einzuschließen. Dadurch aber wurde seine Neugierde nur noch gesteigert. Er klatschte in allen Winkeln mit der Köchin zum großen Ärger Marthas, die ihm wegen dieses unwürdigen Betragens Vorwürfe machte. Er wurde darüber böse und suchte alle möglichen Ausflüchte. Er fühlte jedoch sein Unrecht und sprach deshalb von dem Abbé mit Rosa nur im geheimen.

      Eines Morgens gab ihm Rosa ein Zeichen, ihr in die Küche zu folgen.

      Denken Sie sich, gnädiger Herr, sagte sie, nachdem sie die Türe zugemacht hatte, ich warte schon seit einer Stunde, daß Sie aus Ihrem Zimmer herunterkommen.

      Hast du etwas erfahren?

      Sie werden es gleich hören ... Gestern abend habe ich länger als eine Stunde mit Frau Faujas gesprochen.

      Mouret zitterte vor Freude. Er setzte sich auf einen zerrissenen Strohsessel inmitten der Wischlappen und der Küchenabfälle nieder.

      Also schnell! Heraus damit!

      Ich stand gestern, begann Rosa, in der Türe und wünschte dem Dienstmädchen des Herrn Rastoil einen guten Abend, als Frau Faujas die Treppe mit einem Kübel schmutzigen Wassers herunterkam. Sonst geht sie gleich wieder hinauf, ohne sich umzusehen; diesmal blieb sie aber einen Augenblick stehen und sah mich an. Ich entnahm daraus, daß sie mit mir reden wollte, und sagte ihr, daß es schönes Wetter sei und daher ein guter Wein wachsen werde ... Sie antwortete mir »Ja, ja,« wie eine Frau, der dies ganz gleichgültig ist, weil sie keinen Weinberg besitzt. Aber sie setzte den Kübel auf die Erde, blieb stehen und lehnte sich neben mir an die Wand ...

      Nun, was hat sie dir denn erzählt? fragte Mouret voll Ungeduld.

      Ich war nicht so dumm, sie auszufragen ... Ich brachte das Gespräch auf das, was sie angeht. Der Pfarrer zu Saint-Saturnin, der liebe Herr Compan, ging eben vorüber. So erzählte ich ihr, wie er lebe, daß er sehr krank sei, daß er es nicht lange mehr aushalten werde, und wie schwer er zu ersetzen sei. Sie war jetzt ganz Ohr und fragte mich sogar, was dem Herrn Compan fehle. Dann kam ich von einem zum anderen, sprach von unserem Bischof Rousselot und erzählte ihr, was für ein trefflicher Mann er ist. Sie wußte nicht, wie alt er sei; ich sagte, daß er sechzig Jahre vorüber, ebenfalls weichen Gemütes sei und sich an der Nase führen lasse; man rede auch viel von Herrn Fenil, dem Großvikar, der in der bischöflichen Residenz tue was er wolle ... Das war Wasser auf ihre Mühle; die Alte wäre bis Sonnenaufgang vor der Türe stehen geblieben.

      Mouret machte eine Gebärde der Verzweiflung.

      Ganz recht! Jetzt hast du mir

Скачать книгу