Apache Cochise Staffel 1 – Western. Diverse Autoren
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Ein Wall aus Steinen umgab das Lager. Sie durchritten diesen Wall an einer offenen Stelle, die durch sehr dichtes Strauchwerk besonders gut geschützt wurde.
Erstmalig in seinem Leben sah John eine der Hochgebirgsfestungen der Chiricahuas. Er wußte von ihnen nur durch Erzählungen der Scouts und von Indianern anderer Stämme, die die Apacherias mehr als die Pest fürchteten.
Der Trupp hielt an. Man löste die Fußfesseln der Gefangenen und riß sie brutal von den Pferden. Bill Harwig fiel so unglücklich, daß seine ganze rechte Seite taub wurde. Er fluchte in allen Tonarten und spuckte einem Krieger ins Gesicht.
»Mach keinen Blödsinn, Bill, sie mißhandeln dich sonst.«
»Sauhunde! Kein Funken Menschlichkeit in ihren…«
»Mensch, sei still!«
Cochise kam heran. Lautlos wie eine große Katze bewegte er sich auf den dicken Sohlen der Mokassins. Sein Gesicht wirkte verschlossen, abweisend. Er wandte sich an John Haggerty:
»Deine Stunden sind gezählt, Bleichgesicht. Meine Krieger werden dich morgen bei Sonnenuntergang töten und…«
»Warum nicht gleich, Häuptling?« unterbrach John ihn.
»Nicht alle meine Krieger sind anwesend. Sie müssen erst verständigt werden. Hast du einen Wunsch?«
Humane Seiten bei einem Chiricahua? John traute seinen Ohren kaum.
»Well, ich habe einen Wunsch. Behandelt meinen schwerverwundeten Gefährten etwas menschlicher. Siehst du nicht, daß er am Verbluten ist?«
Cochise zuckte mit den Achseln.
»Es wird ihm tausend Martern und Qualen ersparen. Laß ihn sterben.«
»Ich will nicht, daß er stirbt. Ich will, daß er am Leben bleibt. Gib mir ein Wickiup.«
»Du wirst im Freien übernachten, es ist so oder so egal.«
»Ich verlange ein Wickiup! Oder soll später die Kunde umgehen, daß der große Häuptling der Chiricahuas einem Sterbenden eine letzte Bitte abschlug?«
»Kunde? Von was? Von wem?«
»Vom Krieg an der Grenze. Vom großen Kampf der roten gegen die weiße Rasse. Von einem Indianerführer, der weit über diesen Kontinent hinaus bekannt ist, vor dem sich die Weißen fürchten und vor dem sie zittern.«
»Du zitterst nicht, obwohl der sichere Tod neben dir steht.«
»Ich habe das Zittern und Fürchten verlernt, Cochise. Wer die Wüsten und die Gebirge dieses Landes kennt, braucht sich nicht zu fürchten. Der Tod sagt mir nichts, er stand immer an meiner Seite, seit ich das Gebiet der Chiricahuas betrat.«
Cochises Kopf hatte sich gesenkt. Er dachte nach und wurde sich nicht darüber schlüssig, ob es Mut oder Angst war, was aus dem Weißen sprach. Langsam wandte er sich ab.
John blickte ihm nach. Eine wahrhaft fürstliche Erscheinung, die sich mit einer sanften Handbewegung und ruhiger Stimme an die Krieger wandte. Cochise sprach eine Weile auf seine Leute ein, die ihm mit stoischem Gleichmut zuhörten. Dann verschwand er im wallenden Bodennebel.
Abseits von den anderen Jacales, aber noch im geschlossenen Ring des Steinwalls, bauten Frauen und Halbwüchsige in aller Eile ein kleines Wickiup. Als es errichtet war, brachte man die Gefangenen und den Verwundeten hinein. Ein Feuer wurde entzündet, Decken und Felle wurden gebracht. Kurz darauf erschien eine alte Squaw mit einem tönernen Gefäß und stellte es auf die Flammen. Alles das geschah völlig lautlos und schweigend.
John bemühte sich um Lefty Roman. Er war noch ohne Bewußtsein und lag wie tot auf den Decken. Sein bleiches Gesicht mit der spitzen Nase verriet, wie sehr ihm der Transport auf dem harten Pferderücken zugesetzt hatte. John Haggerty gab keinen Nickel mehr für Leftys Leben.
»Wird er diese Tortur durchhalten?« fragte Bill Harwig.
»Keine Ahnung, schließlich bin ich kein Arzt. Nur weiß ich, zu welchen Strapazen Menschen fähig sind, wenn sie überleben wollen und noch einen Funken Hoffnung haben.«
»Besteht eine?«
»Sieht nicht so aus, Bill. Sie werden uns martern und schließlich das Herz bei lebendigem Leib aus der Brust reißen. Oder sie nehmen uns den Skalp bei vollem Bewußtsein. Ich kann dir nicht sagen, was sie tun werden.«
»Tolle Aussichten! Sag mal, kocht das alte Schreckgespenst etwa für uns? Riecht appetitlich. Was ist das?«
Die Alte war fertig, nahm den Topf vom Feuer, stellte ihn auf einen erhitzten Stein und verließ das Wickiup. Nach ein paar Minuten kam ein Junge und stellte mit scheuen Seitenblicken auf die Weißen Holzteller und ebenso viele Holzlöffel neben das Tongefäß. Auch er verschwand ohne einen Laut.
Harwig ging zum Feuer, hob den Topf hoch und schnüffelte.
»Fleisch«, sagte er. »Mann, Fleisch, und noch etwas. Aber ich finde nicht heraus, was es ist. Gemüse?«
»Gemüsepflanzen. Sie kennen sich da aus und verstehen es, schmackhafte Gerichte aus Wildgemüse herzustellen. Probier mal.«
Bill tauchte einen Löffel in das Gefäß und kostete.
»Großartig! Komm zum Feuer, John.«
John Haggerty warf einen letzten Blick auf den Verwundeten. Lefty war noch immer ohne Bewußtsein. John ließ sich neben Bill im Schneidersitz nieder, direkt am ersterbenden Feuer. Sie aßen.
Es schmeckte wirklich ausgezeichnet.
Ein leichter Luftzug strich durch den Jacale. John Haggerty sah auf, aber niemand hatte die Behausung betreten. Sein zweiter Blick streifte Roman.
Lefty war tot, gestorben, während sie gegessen hatten. Still und heimlich war er hinübergegangen.
Seine mageren, abgezehrten Hände hatten sich in die schmutzigen Decken verkrallt, die weit offenen Augen starrten nach oben.
Auf seinem schmalen, eingefallenen braunen Gesicht lag ein sonderbarer Ausdruck, fast wie Erleichterung, denn das Halbblut war für immer fertig mit dem Schnaps und der unverstandenen Welt.
»Lefty ist tot«, sagte John Haggerty zu Bill. »Einer weniger, den sie nicht mehr martern können.«
»Es ist so unheimlich hier drin. Bringen wir ihn hinaus.«
Haggerty sagte:
»Er war unser Kamerad, ein guter Kamerad, der zwar den Schnaps
mehr liebte als sich selbst… Trotzdem: Lefty war neben dir mein bester Kumpel und ein ausgezeichneter Scout.«
»Danke«, murmelte Bill Harwig. »Verdammt, John, ich kann seine toten Augen nicht mehr sehen. Bring ihn raus.«
John stand auf, und dann ging er zum Eingang, der mit einer zerschlissenen Armeedecke verhängt worden war.
Als er ins Freie trat, streckte