Tage und Nächte in Urwald und Sierra. Kurt Faber
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»Siegreich wollen wir –
Ich derfs nit sagen!«
Der Fall war interessant genug für eine nähere Untersuchung. Ich ging auf sie zu und erkundigte mich nach dem Woher und Wohin und nach dem Zusammenhang dieser doch recht seltsamen Dinge. In etwas war mir ja die Erkenntnis schon aufgedämmert.
»Sin ihr ebbe von Milhüse,« fragte ich in meinem schönsten Elsässer Deutsch. Nein, von Mülhausen kamen sie nicht, aber von Buchsweiler, von Sennheim und von Wattweiler. Und sehr erfreut waren sie, einen Landsmann zu treffen in so fernem Lande. Obwohl sie bereits des Guten zuviel getan hatten, gingen wir dennoch in eine benachbarte Kneipe, wo sie nicht müde wurden, von ihren Abenteuern an Bord des »Jules Michelet« zu erzählen, wohin man sie gebracht hatte, um aller Welt kund zu tun, welch gute und waschechte Franzosen doch die Elsässer waren, und wie schön sie Französisch sprächen. Aber das Leben an Bord des »Jules Michelet« war anscheinend doch nicht ganz so herrlich gewesen, trotz der schönen weißen Mütze mit der roten Quaste. Im Elsaß – so sagten sie – sei das Leben jetzt nur noch eine halbe Freude, aber auf dem »Jules Michelet« sei es die Hölle. Eine Hölle mit dem contre maitre als Teufel und mit harten, wassergekochten Bohnen, die man täglich dreimal zu essen bekomme. Am Weihnachtsabend wollten sie ihnen nicht einmal ein Bäumchen gönnen, weil das eine Bochesitte wäre. Darauf wollten sie Weihnachtslieder singen.
»Silence! pas d'chansons Boches!«
Da stimmten sie aus Trotz »Heil dir im Siegerkranz« an, ein Unterfangen, das wider Erwarten glücklich ablief, da der contre maître das Lied für die englische Nationalhymne hielt und der erste Offizier sie zum Lohne dafür mit einer Flasche Schnaps beschenkte.
Während wir noch dasaßen und von alten Zeiten plauderten, kamen noch weitere elsässische Matrosen herein und setzten sich zu uns. Es war in einer deutschen Wirtschaft, in der hauptsächlich Deutsche verkehrten. Einer von diesen, der eben von den Bergwerken heruntergekommen war und deshalb das Geld lose sitzen hatte, hielt das ganze Haus frei. So wurde die Stimmung immer angeregter und die Lieder immer lauter. Sie fingen an mit dem »Brunnen vor dem Tore«; dann kamen Soldatenlieder an die Reihe.
»Drum Mädchen weine nicht,
Sei auch nicht traurig,
Grad weil ein Infanterist
Ins Feld muß ziehn. –«
Auf einmal, als die Orgie auf ihrem Höhepunkt angelangt war, sprang einer von den »Franzosen« auf den Tisch, schüttelte das lange Haar aus dem weingeröteten Gesicht und schwenkte die weiße Mütze:
»Jetzt hän mir alles gsunge. Jetzt singe mer au noch Deutschland über alles.«
Und so taten sie. Stehend sangen sie mit großer Andacht das Lied zu Ende, und die umherstehenden Peruaner standen auch auf und summten mit, weil sie in ihrer franzosenfreundlichen Einfalt sich einbildeten, es sei die Marseillaise.
So war es alles in allem ein recht erhebender Abend. Welches unangenehme Nachspiel er gehabt haben mochte für die sangeslustigen Matrosen weiß ich nicht. Ich weiß nur, daß er üble Folgen hatte für einen anderen derzeitigen Mußfranzosen mit Namen Kurt Faber.
Am anderen Tage begab es sich nämlich, daß ich gedankenlos durch die Hauptstraße von Lima schlenderte, gerade dort, wo ein gewisser Monsieur Boursot – eben jener kleine Südfranzose vom grünen Tisch im Bureau der Hafenverwaltung – einen Kramladen mit allerlei Spielwaren und kleineren Haushaltungsgegenständen betrieb. Es war ein bekanntes, fashionables Geschäft und hieß »La petite ménagerie« – die kleine Menagerie –. Ich war eben vorübergegangen, als der junge Mann des Geschäfts atemlos hinter mir hergelaufen kam.
»Monsieur Faber! Monsieur Fabe–e–er!«
– – ?
»Monsieur Boursot wünscht Sie zu sprechen!«
Monsieur Boursot? Was konnte der von mir wollen? Zögernd und mit einem bösen Gewissen folgte ich ihm in den Laden, wo Monsieur mich schon an der Schwelle empfing.
»Est ce que vous êtes Français ou Boche?«
»Monsieur Boursot–«
»Nichts da! Keine Ausflüchte! Français ou Boche?«
»Wenn Sie mich einmal zu Wort kommen ließen –«
»Ah, nom d´un chien! Sie haben lange genug geredet. Ich weiß genug. – Espèce d´un imposteur! Ich habe es aus Ihrem eigenen Munde. Sie sind ein Boche!«
»Monsieur Boursot–«
»Nix, Monsieur Boursot! Wagen Sie es, mich anzureden, mich einen Franzosen! Sie sind ein Boche, Boche, Boche! – Tonnerre de Dieu! Sie sind ein su – per – boche!«
»Und Sie Monsieur Boursot–«
»Kein Wort weiter! Hinaus aus meinem Laden! Boche!«
»Langsam, Monsieur Boursot! Ich gehe auch so schon. Aber ich wollte es mal doch sagen: Vous êtes le plus gros chameau de la petite ménagerie.«
Unnütz zu sagen, daß es am anderen Tage zu Ende war mit meiner Stellung als employé der Hafenverwaltung. Mir war das nicht unlieb, denn meine Haupteinnahmequelle, der Guayavabaum, war inzwischen restlos geplündert, und was übrig geblieben war von meinem fortlaufenden Gehalt verlockte nicht zu einer Lebensstellung, auch bei bescheidenen Ansprüchen.
Der Kassierer händigte mir meinen noch fälligen Wochenlohn aus und versäumte nicht, ihn mit einigen nicht eben wohlwollenden französischen Segenssprüchen zu begleiten. Aber ich trug nicht schwer unter der Schande. Ich ging nach dem Hafen und betrachtete die große Schar der arbeitslosen Kavaliere, die da mehr malerisch als vertrauenerweckend auf der Mole saßen, und sah das glitzernde Wasser im hellen Sonnenschein und die unternehmenden Schiffe, die qualmend vorüberzogen, und die Möwen, die mit ihnen flogen, und träumte einmal wieder den alten Traum von großen Reisen und von fernen Meeren und war mit mir und aller Welt vollauf zufrieden. Aller Anfang ist schwer.
Der Anfang in Peru war gemacht!
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