Wienerwald für Entdecker. Beppo Beyerl

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Wienerwald für Entdecker - Beppo Beyerl

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Aufmerksamkeit widmen müssen. Denn erstens ist die im Wienerwald ohnehin omnipräsent (Stichwort Sisi-Kapelle) und zweitens gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass Elisabeth irgendein Naheverhältnis zum Kahlenberg hatte. Also gehen wir gleich weiter den Hügel hinauf und kommen so über einige Stiegen, die uns durch den Wald führen, zur Stephaniewarte. Diese könnte man als typische Wienerwald-Aussichtswarte abtun: aus der Spätphase der Monarchie stammend und daher mit dem Namen eines Habsburgers, in diesem Fall Stephanie, der Frau von Kronprinz Rudolf, ausgestattet. Doch mit der Stephaniewarte wollten die Erbauer keineswegs das Herrscherhaus feiern, sondern vielmehr ihren eigenen technischen und ökonomischen Triumph.

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      Eigentlich ein Siegesdenkmal: Die Stephaniewarte ließ die Zahnradbahn-Gesellschaft aus den Trümmern des in den Konkurs getriebenen Konkurrenzunternehmens errichten.

      Damit sind wir wieder bei dem Thema angelangt, mit dem wir unseren Weg auf den Kahlenberg begonnen haben: der Zahnradbahn. Neben der Warte war nämlich die Berg- und Endstation der Bahn. Weil die, wie das meiste von der Bahn, fast spurlos aus dem Wienerwald verschwunden ist, bleibt die 1887 errichtete Stephaniewarte die eindrücklichste Erinnerung an die Bahnlinie. Was heißt Bahnlinie, Bahnlinien! Denn die Steine der Warte hatte die Eisenbahngesellschaft, um ihren Triumph ganz besonders deutlich zu machen, aus der Konkursmasse eines anderen Unternehmens herausgekauft: der Drahtseilbahn auf den Leopoldsberg. Diese von den Wienern liebevoll »Zuckerlbahn« getaufte Anlage, die im Kahlenbergerdorf ihre Talstation hatte, war nach einigen erfolgreichen Jahren der Konkurrenz der Zahnradbahn nicht mehr gewachsen und musste 1885 zusperren. Wahrscheinlich war den Wiener Ausflüglern das Rucken der Ruckerlbahn lieber als das Zucken der Zuckerlbahn. Das muss nämlich ziemlich unsanft gewesen sein; wenn sich die Waggons der Drahtseilbahn in Bewegung setzten, sollen die Insassen wild durcheinandergepurzelt sein.

      Wer sich, wie viele Eisenbahn-Enthusiasten, auf der alten Trasse noch ein wenig auf die Suche nach Spuren im Wald machen will, kann von der Stephaniewarte aus den Weg entlang der Höhenstraße nehmen. Der Waldrücken, auf dem wir marschieren, ist die überwachsene alte Trasse. Steine und Mauerstücke daraus findet man mit ein bisschen Geduld. Alles Weitere wurde nach dem Konkurs der Zahnradbahn feinsäuberlich demontiert und Stück für Stück verkauft, die Gläubiger wollten eben lieber Geld sehen als ein paar unnütz gewordene Schienen im Wienerwald.

      Eigentlich aber sollten wir, falls die Kondition noch reicht, auf den Leopoldsberg überwechseln. Der erste Teil des Weges bis zur Josefinenhütte ist nicht nur uncharmant asphaltiert, sondern bei schönem Wetter von einer international besetzten Touristen-Karawane bevölkert. Ähnlich viel los ist auch in der Josefinenhütte, die zu den wenigen wirklich empfehlenswerten gastronomischen Angeboten in diesem Teil des Wienerwaldes gehört – wenn man einen Platz findet. Auch wenn wir keinen finden, sollten wir uns davon nicht die Wanderlaune verderben lassen. Denken wir daran zurück, was hier erst los war, als die Zahnradbahn noch täglich Besucher auf den Berg hinaufschaufelte. Die Josefinenhütte stammt übrigens nicht aus der Zeit der Zahnradbahn. Damals stand hier ein weit größeres Wirtshaus, das interessanterweise Schweizerhaus hieß – vermutlich wegen des alpinen Flairs, das man vermitteln wollte. Die weit kleinere Josefinenhütte wurde erst gemeinsam mit der Höhenstraße hierhergestellt und sollte, quasi als Kontrast zur zukunftsweisenden Höhenstraße, ein bisschen älplerische Gemütlichkeit vermitteln, für die man ja gerade im austrofaschistischen Ständestaat etwas übrig hatte.

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      Von der »Zuckerlbahn«, der Drahtseilbahn auf den Leopoldsberg, und ihrer Talstation im Kahlenbergerdorf sind nur ein paar verborgene Schächte im Wald geblieben.

      Wer auf dem weiteren Weg in Richtung Leopoldsberg statt vieler Touristen lieber ein einsames, dafür umso geschichtsträchtigeres Waldstück passieren möchte, muss sich in der großen Serpentine der Höhenstraße nach der Josefinenhütte ein bisschen genauer umschauen. Rechter Hand sieht man, wie sich die sportlicheren oder noch nicht volljährigen Touristen durch den dort eingerichteten Hochseil-Klettergarten arbeiten. Linker Hand biegt ein blau markierter Weg von der Straße direkt in den Wald ab. Ist man erst auf diesem gelandet, sind die Hunderten Spaziergänger auf einmal verschwunden. Der Weg verzweigt sich mehrfach, aber wenn man sich entlang des Höhenrückens hält, kann man das Ziel, den Leopoldsberg, nicht verfehlen. Doch schon nach etwa hundert Metern erhebt sich im Wald eine Kuppe, auf deren linker Seite es auffallend steil durch den Wald hinuntergeht. Der Gupf mitten im Wald ist kein Zufall, sondern die inzwischen vom Waldboden verschluckte Bergstation der bereits erwähnten Drahtseilbahn, die vom Kahlenbergerdorf heraufkam. Wer es nicht glaubt, kann ein paar Meter die steile Flanke hinabsteigen, er findet dort rasch Mauerreste, ja sogar Eisenanker der Bahnstation. Vor ein paar Jahren gab es hier noch zwei Eisendeckel im Waldboden zu sehen, durch die ambitionierte Höhlenforscher in eine Zisterne vordrangen: der Wasserspeicher für die Drahtseilbahn, die ja mit einer Dampfmaschine betrieben wurde. Die Gemeinde hat die Öffnungen endgültig verschließen und mit Erde bedecken lassen, da die Gefahr für übereifrige Laienforscher zu groß war. Wir müssen uns also heute mit den Mauerresten im Waldboden zufriedengeben.

      Setzen wir unseren Weg Richtung Leopoldsberg fort, dann landen wir kurz vor der dortigen Burg wieder auf der Höhenstraße und stehen sehr bald vor einer Gruppe von drei ziemlich exotisch aussehenden, lebensgroßen eisernen Herren. Das Denkmal erinnert an die ukrainischen Kosaken, die in der Armee des polnischen Königs bei der Befreiung Wiens angeblich besondere Heldentaten vollbrachten, und ist erst ein paar Jahre alt. Aufstellen ließ es ein damals in Wien residierender ukrainischer Oligarch, der das nötige Kleingeld für ein bisschen Patriotismus im Wiener Exil ohne große Mühe aufbrachte.

      Wenn wir uns die letzten Meter hinauf zur Burganlage begeben, sollten sich die, die schon länger nicht mehr auf dem Leopoldsberg waren, auf ein Ärgernis vorbereiten. Die gesamte Anlage, Kirche, Burg und Restaurant, ist seit Jahren gesperrt und für die Öffentlichkeit nicht zugänglich. Ein Wiener Architekt hat ein 100-jähriges Baurecht auf die ganze Anlage und lässt sich mit der offensichtlich mittendrin abgebrochenen Restaurierung Zeit. Um uns nicht mit Ärger über so viel Willkür aufzuhalten, die den Wienern und ihren Gästen eine der wichtigsten touristischen Anlagen der Stadt vorenthält, lassen wir den Namen des Herrn und die näheren Umstände an dieser Stelle unerwähnt. Wir beschränken uns darauf, die Burg zu umrunden, die unglaubliche Aussicht auf die Donau zu genießen und die eine oder andere der hier angebrachten unendlich vielen Gedenktafeln zu entdecken. Diese reichen von Markgraf Leopold – dem Babenberger, der die Anlage gründete und zum Landespatron von Niederösterreich wurde – bis zu einer der unvermeidlichen Elisabeth-Gedenktafeln. Die Kaiserin war tatsächlich 1896 einmal hier oben. Dabei hat sie, wie die Tafel in ehrfürchtigem Ton vermerkt, »weite Umschau« gehalten.

      Nicht nur die kühnen Kosaken, sondern auch ein paar Gedenktafeln erinnern hier an die Befreiung von den Türken. Womit wir wieder beim Thema vom Anfang dieses Kapitels wären: der Frage nämlich, von welchem Berg herunter die tapferen Retter Wiens 1683 wirklich gestürmt sind. Die meisten Historiker geben dem Leopoldsberg – der hieß damals gerade noch Kahlenberg – den Vorzug. Doch wissen es die Tausenden Polen, die drüben auf dem heutigen Kahlenberg ihren Helden Sobieski besuchen, nicht besser?

      Wir lassen uns auf die Debatte nicht ein und versuchen bei unserem Rundgang um die Burg zumindest einen Blick auf ein ebenfalls in der Endlos-Baustelle verstecktes Denkmal zu werfen. Es ist vielleicht das interessanteste in der Anlage. Eine große Steinschale, die auf einer Säule steht, ist der einzig sichtbare Teil dieses »Heimkehrer-Denkmals«, das unmittelbar nach Ende des Zweiten Weltkrieges hier errichtet wurde. Wer das Glück hatte, den Leopoldsberg noch zu kennen, bevor er zur ewigen Baustelle verkommen ist, kann sich an das seltsam riesenhafte Rondeau mit seinen zahlreichen Marmortafeln und den dazugehörigen pathetischen Inschriften erinnern. Das ursprünglich dort befindliche Denkmal, das die riesenhaften Proportionen vorgab, war nicht den Heimkehrern und Vermissten des Krieges gewidmet, sondern dem, der diesen Krieg angezettelt hatte: Adolf Hitler. Die Inschrift,

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