Um Krone und Liebe. Sigrid-Maria Größing
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Ihr schöner Prinz war zwar ein ausdauernder Liebhaber, aber, wie die junge Ehefrau schon nach sehr kurzer Zeit erkennen musste, nicht nur in ihrem Bett. Philipp war auf keinen Fall ein Mann fürs Leben, was Juana nicht wahrhaben wollte. Denn es dauerte nicht lange, da tauchten die ersten Gerüchte von seinen neuen Affären auf, denen Juana anfangs keinen Glauben schenkte. Aber bald schon musste sie, die sie ihr erstes Kind erwartete, schmerzlich erkennen, dass ihr schöner Mann irgendwelche Ausreden suchte, um nicht mit ihr zusammen sein zu müssen. Beleidigt, hintangesetzt und gedemütigt, wie sie sich fühlte, suchte sie mit allen Mitteln, dem Treiben ihres ungetreuen Gemahls Einhalt zu gebieten. Misstrauisch hatte sie beobachtet, dass so manche junge Frau in ihrem Hofstaat dem Prinzen schöne Augen gemacht hatte. Daher ordnete sie sofort an, dass alle weiblichen Wesen aus ihrem Gefolge zu verbannen seien. Als sie dennoch eines Tages ein attraktives Mädchen, das einen Brief in Händen hielt, in Philipps Gemächern ertappte, stürzte sie sich auf das schöne Kind, um das Schreiben zu erhaschen. Als das Mädchen in seiner Verzweiflung begann, das Papier zu zerfetzen und zu verschlucken, riss Juana eine Schere an sich und schnitt dem Mädchen die blonden Zöpfe bis auf die Kopfhaut ab, wobei sie nicht zimperlich vorging. Dabei traktierte sie die vermeintliche Nebenbuhlerin mit Fußtritten und ohrfeigte sie. Philipp, der zufällig Zeuge dieser Szene geworden war, begann seine Gemahlin wüst zu beschimpfen, und schließlich wurde er Juana gegenüber handgreiflich. Die Folge dieser Auseinandersetzung war, dass der Prinz sich weigerte, weiterhin mit seiner rasenden Frau das Ehebett zu teilen. Er bezog ein Zimmer unter ihrem Gemach, konnte aber die Nächte nicht in Ruhe verbringen, da Juana mit den blanken Fäusten auf den Bretterboden trommelte. Als dies keine Wirkung erzielte, begann sie die Fußbodenbretter herauszureißen, um den uninteressierten Ehemann an seine Pflichten zu erinnern.
Allmählich wurde allen, natürlich auch Philipp, das Verhalten Juanas unheimlich. Der Prinz hatte die Spanierin jedoch nicht aus Liebe geheiratet. Bald schon zeichnete sich durch den Tod des spanischen Infanten Juan und der älteren Schwestern Juanas ab, dass sich hier für ihn ungeahnte politische Möglichkeiten boten, für die er auch die Wahnsinnsanfälle seiner Ehefrau in Kauf nehmen wollte. Immerhin lockten nach dem Tod der Schwiegereltern die ausgedehnten spanischen Gebiete, die er anstelle seiner – wie allgemein schon angenommen – geisteskranken Gemahlin als König regieren wollte. Da die Katholischen Majestäten der politischen Zukunft ihres geeinten Königreiches sowohl unter einer Regentschaft Juanas, aber auch unter einem etwaigen König Philipp mit großer Sorge entgegensahen, da Philipp in all seinen Auffassungen keineswegs den Vorstellungen der moralischen Spanier entsprach, musste der Prinz versuchen, sich im Land der Schwiegereltern von seiner besten Seite zu zeigen. Als er wieder einmal mit seiner Gemahlin in Spanien weilte, um endgültig Klarheit über die Zukunft des Landes und über seine eigene zu erhalten, streckte der Tod seine Hand nach ihm aus. Aus heiterem Himmel erlitt der bis dahin vor Gesundheit strotzende Prinz einen Schwächeanfall, hohes Fieber stellte sich ein und wenig später begann er Blut zu spucken. Philipp war rettungslos verloren. Am 25. September 1506 starb der schönste Prinz Europas mit erst 28 Jahren in den Armen seiner Frau, die ihr sechstes Kind erwartete.
Juana war wie gelähmt. Sie war unfähig, den Tod des über alles geliebten Mannes zu begreifen, und weigerte sich, den Leichnam beisetzen zu lassen. Nachdem die Ärzte den Körper Philipps mit ihren Methoden präpariert hatten, zog sie mit dem Toten monatelang durch Spanien. Die Gerüchte wollten nicht verstummen, dass sie den toten Gemahl neben sich ins Bett legen ließ. Ihr Vater König Ferdinand ordnete schließlich an, dass die vom Wahnsinn befallene Tochter in Tordesillas in Gewahrsam genommen werden sollte. Als ihr ältester Sohn Karl, der das Erbe der Eltern angetreten hatte, die Mutter besuchte, war er von ihrem Anblick entsetzt.
Als uralte Frau starb Juana la Loca im Jahr 1555.
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