Mit Feuer vom Himmel. Ruth Zenkert

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Mit Feuer vom Himmel - Ruth Zenkert

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sein Nachfolger, er führt das Werk weiter, als Elijah in den Himmel entrückt wird. Noch einmal kommt ihm Gott mit feurigem Wagen und feurigen Pferden entgegen. So beschreibt die Bibel die Erfüllung eines prophetischen Lebens.

      Unserem sozialen Werk in Siebenbürgen haben wir den Namen ELIJAH gegeben, weil es prophetisch – kritisch und sozial – sein soll. Dorthin gehen, wo die Not am größten ist – das wollen die Jesuiten. Dazu braucht es Freunde, die uns stärken, wenn uns Aufgaben ratlos machen und erschöpfen. Wenn wir, wie der Prophet, zur Witwe in Sarepta gehen, die selbst nichts hat, und von ihr die Gastfreundschaft erbitten. Sie gibt das Letzte, und ihr Mehltopf wird nicht leer und der Ölkrug versiegt nicht. Elijah schenkt ihrem Sohn das Leben zurück. Wie viele Kinder in unseren Dörfern brauchen diese Kraft, damit sie aus dem dunklen Loch des Elends herauskommen, lernen und es einmal besser haben. Damit sie selbstständig werden und für sich und ihre Eltern sorgen können. Unseren Auftrag sehen wir im Kampf für die Roma, die an den Rand gedrängt sind, gegen ein System, das sie mit Vorurteilen einmauert, sodass sie nicht aus Analphabetismus und Verwahrlosung herauskommen. Sie erzählen uns ihre Geschichten. Wir wollen nicht über sie reden, sondern mit ihnen. In Freundschaften entdecken wir – wie Elijah – die Macht der Zärtlichkeit. In der Musikschule entfalten viele unserer Schützlinge ihr Talent und verzaubern durch ihre Klänge das Publikum. Im Orchester spielen Roma und Nicht-Roma zusammen. In der Kunstwerkstatt werden die Jugendlichen kreativ und verschönern die Häuser.

      Sich für die Gerechtigkeit einzusetzen – das tut ein Prophet –, führt oft zu Konflikten und Gefahren. Der Prophet Elijah muss flüchten. Zum Lebensretter wird für ihn ein Rabe. Er bringt ihm morgens und abends Brot und Fleisch. In Rumänien ist »Rabe« das ärgste Schimpfwort für die Roma. Bei ELIJAH aber wird der Rabe – er steht für die Ausgestoßenen und Verachteten – zum Lebensretter für andere. Die »Raben« helfen uns, den Egoismus zu überwinden, das eigene Glück zu sehen, dankbar zu werden und zu spüren, was wir bewegen können. Dieses neue Bewusstsein ist unser größtes Geschenk. Am stärksten erleben es junge Volontäre, die aus dem Wohlstand kommen und Armen helfen wollen.

      Der Prophet Elijah gilt im Judentum als Vorläufer des Messias. Er ist nicht der, der alle Probleme der Welt löst. Aber er trifft die Vorbereitungen, damit Menschen sich selber helfen können. Damit sie zum Heil finden. Interessant ist, dass die Botschaft des Alten Testaments auf Elijah zuläuft. Der letzte Satz der jüdischen Bibel ermutigt: »Ich sende zu euch den Propheten Elijah. Er wird das Herz der Väter wieder den Söhnen zuwenden und das Herz der Söhne ihren Vätern.« Wenn die Generationen einander verstehen und Frieden haben, wenn sich die Kinder ihrer schwächer werdenden Eltern annehmen, wenn die Starken den Schwachen einen Platz geben – dann ist Elijah am Werk. Dann geschehen Wunder. Weil uns hilfreiche Freunde oft überraschen, nennen wir unser Werk ELIJAH.

      In vierzig Jahren haben wir viele Geschichten des Miteinanders gesammelt mit Obdachlosen in Wien, mit Straßenkindern in Bukarest und mit verarmten Roma-Familien in Transsilvanien, vor allem aber mit jungen Helfern da und dort. Unsere Erlebnisse wollen wir teilen mit Freunden, Erziehern, Helfern und mit Menschen, die für andere Sorge tragen. Wir hoffen, dass sie daraus den Mut schöpfen, einen nächsten Schritt zu machen, neue Kräfte zu entwickeln. Dass die Phantasie der Liebe angeregt wird. In der Liebe ist eins und eins nicht nur zwei, sondern viel mehr. Oft ein Widerspruch. Es gibt im Beziehungsleben keinen schnellen Erfolg. Und es gibt noch viele Hindernisse auf unserem Weg. Aber es gibt große Treue, erstaunliche Durchhaltekraft und einen Sinn, der alles überstrahlt.

      Wir dürfen Geduld mit uns selbst haben und eigene Grenzen eingestehen. Auch wenn wir Unglaubliches erreichen können. Mithilfe von Elijah.

      P. Georg Sporschill SJ

      Ein Kind führt mich in seine Welt

      Der Wind pfeift durch die Ritzen der Wände. Krumme Äste, löchrige Plastikplanen und Lehmklumpen bilden den Schutz gegen die Kälte des Winters. Wir sitzen in einer kleinen Hütte um die Feuerstelle – eine alte Regentonne. Die Kerze gibt spärliches Licht und kämpft mit den Windstößen. Daniel hat mich in die Hütte seiner Familie geführt. Im Schnee kam er barfuß in viel zu großen Sandalen in die Schule. Der Bub war einer der Ersten, die bei uns trommeln lernen wollten. Zum Unterricht kam er nur selten, daheim gab es zu viel zu tun: Holz aus dem Wald heranschleppen, auf die Geschwister aufpassen. Der Vater ist als Schafhirte unterwegs. Selten kommt er heim, meistens betrunken, am nächsten Tag ist er wieder verschwunden. Gabi, die junge Mutter, ist mit ihren vier Kindern allein. Sie ist krank. Warum sollten die Kinder lesen lernen, wenn sie ums Überleben kämpft. Manchmal bekommt sie Kartoffeln, Mais und Milch, wenn sie im Dorf als Tagelöhnerin arbeitet. Sie sieht keine Zukunft. Nur diesen Tag überleben und nicht erfrieren, den Kindern ein Essen geben.

      Im Sommer wird es leichter. Die Hütte ist unten am Bach, ganz am Ende eines rumänischen Dorfs. Im Zentrum zeugt stolz die alte Kirchenburg der Siebenbürger Sachsen von einer reichen und geordneten Zeit mit den Deutschen. Sie sind fast alle weggezogen, Rumänen leben heute in ihren Bauernhäusern. Am Dorfrand siedelten sich deren ehemalige »Hauszigeuner« an. Mit Planen und zusammengelesenem Holz zimmerten sie sich auf Niemandsland Unterkünfte. Ihre Ghettos schwellen an, werden zur Belastung und Bedrohung für die Dorfgemeinschaft. Tiefe Gräben gibt es zwischen den »Rumänen« und den »Zigeunern«. Oft schicken die Lehrer die Kinder weg, keiner will sich neben die »Zigeuner« setzen. Sie hätten Läuse, sagen sie. Daniel war immer wieder in der Schule. Nun hat ihn interessiert, was dort Neues passiert. Trommeln, Musik, Spiele – und Brot.

      Ich bin mit Pater Georg Sporschill SJ 2012 in die Umgebung von Sibiu/Hermannstadt gekommen, um in den Dörfern, die die Siebenbürger Sachsen nach der Wende 1989 verlassen hatten, Roma-Kindern aus dem Elend zu helfen. Es hieß, besonders viele Roma lebten in Nou, der Ort sei verflucht. Viele wilde Geschichten wurden darüber erzählt: Diebstahl, Raub und Mord. Man erzählt, dass die Sachsen einmal alle Zigeuner zusammengeholt und die Männer erschlagen hätten, weil einer von ihnen einen reichen Bauern im Wirtshaus verletzt habe. Die Polizei habe nichts gemacht, man sei froh gewesen, dass sie das Problem selbst gelöst hätten. In Nou begann ich, in der Schule am Nachmittag Trommelunterricht zu geben. Wir hatten nur fünf kleine Trommeln. Am ersten Tag kamen acht Kinder, am zweiten fünfzig, am dritten über achtzig. Ich fand Freunde, die mit den Kindern sangen, Flöte spielten, tanzten, lernten. Schnell entwickelte sich eine Musikschule. Die Kinder hatten Hunger. Wir besorgten Milch und Brot. Kleider. Medikamente. Daniel brachte mich zu seiner Familie. Ein kleiner Bub, den ich zunächst nur in die Schule bringen wollte, zeigte mir, dass jedes Kind einen großen Rucksack an Problemen trägt. Die Geschwister, die Mutter, der Vater, Wohnung, Gesundheit, Lernen, Arbeit. Ein Kind, eine Familie, ein ganzes Dorf – die Aufgaben überschlugen sich. Unlösbar. Trotzdem spürte ich, wenn ich mit Daniel an der Hand am Bach entlangging, wie es sich lohnt, dieses eine Leben zu retten. Aus der Freundschaft mit Daniel wurde ein Programm für das ganze Dorf, getragen von der ELIJAH-Gemeinschaft. Heute betreiben wir hier ein Sozialzentrum und eine Musikschule. In vier Nachbardörfern hilft ein ELIJAH-Team den Kindern, Jugendlichen und Familien. In Ausbildungswerkstätten lernen Analphabeten ein Handwerk, junge Frauen arbeiten in der Haushaltsschule und kochen für die Kinder im Dorf. Für Daniel und seine Familie gibt es eine Zukunft. Der Satz aus dem Talmud »Wer ein Leben rettet, rettet die ganze Welt« ist zum Motto unseres Werkes geworden.

      Erstaunliche Kräfte fließen

      Durch die Geschichten, die wir wöchentlich aus Rumänien versenden ([email protected]), ist so etwas wie eine Gemeinde entstanden, in der wir uns gegenseitig stärken.

      Eine Mutter schreibt uns: »Ich schätze die Texte deshalb so sehr, weil sie zeigen, wie die Botschaft der Liebe Jesu in den Alltag fließt, was sonst in der Kirche nicht so gut sichtbar ist. Aus euren Worten und Berichten ist spürbar, dass wahrhaftige Liebe sich nicht von äußerlichen Hindernissen aufhalten lässt, sondern in die Herzen der Menschen

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