Handbuch ADHS. Группа авторов

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die am effektivsten die Symptomatik von ADHS reduzieren, greifen in das dopaminerge ebenso wie in das noradrenege System ein. So blockiert MPH (Methylphenidat) zwar hauptsächlich die Wiederaufnahme von DA aus dem synaptischen Spalt, es blockiert aber auch ein wenig die NE-Wiederaufnahme und den alpha2-Adrenoceptor. Ein Modell der MPH-Wirkung auf das dopaminerge System stellt Abb. 7.1 dar. Amphetamine bewirken darüber hinaus noch eine vermehrte Freisetzung von DA und NE aus dem präsynaptischen Neuron. Insgesamt führen also Stimulanzien vor allem zu einem Anstieg der Konzentration von DA und NE im PFC und weniger – aber auch – im Striatum. Die enge Verbindung beider Neurotransmittersysteme erklärt auch, dass Atomoxetin (ATX, ein selektiver NE-Wiederaufnahmehemmer) nicht zur Steigerung von DA im Striatum, aber von DA und NE im PFC führt, da der NET dort für die Wiederaufnahme sowohl von DA als auch von NE zuständig ist (Prince et al. 2008). Darüber hinaus muss man daran denken, dass noradrenerge Effekte durch MPH auch im Arousalsystem des Locus coeruleus zustande kommen und von dort eine therapeutische Wirkung auf Vigilanz und Aufmerksamkeit entfalten können, zumal durch direkte neuronale Projektionen eine Modulation präfrontaler Regionen möglich ist (Wilens 2008). Um die o. g. positiven Aspekte des NE-Systems während einer Stimulation des alpha2A-Rezeptors gezielt in der Behandlung der ADHS zu nutzen, setzt man in den USA die alpha2A-Rezeptoragonisten Guanfacine und Clonidine ein und erzielt z. B. Verbesserungen beim Arbeitsgedächtnis und visuomotorischem assoziiertem Lernen (Wilens et al. 2008; image Kap. 31).

      Auch in Tiermodellen zeigt sich der Einfluss des NE-Systems auf die ADHS-Symptomatik, selbst wenn die Datenlage bescheiden ist. So fand man bei einem neurotoxischen NE-Läsionsmodell an der Maus parallel zur NE-Reduktion auch eine Verminderung der Hyperaktivität. Ferner wurden die o. g. Einflüsse des präfrontalen NE-Systems bei Affen ergänzt durch eine Serie von Studien, in denen die Fluktuation neuronaler Entladungen im Locus coeruleus des Affen mit der Aufmerksamkeitsleistung im CPT (continous performance test) korrelierte (Rajkowski et al. 2004). Die Autoren wiesen nach, dass phasische neuronale Entladungen mit guter Leistung, erhöhte tonische NE-Aktivität (möglicherweise als kompensatorisch zu sehen) hingegen mit schlechter Leistung verbunden waren. Letztere konnte durch die Gabe des alpha-adrenergen Agonisten Clonidin erfolgreich gebessert werden. Möglicherweise wird dabei die erhöhte tonische NE-Aktivität herunter reguliert und der Übergang zu einer balancierten tonisch/phasischen Aktivität erleichtert, die dann der Hyperarousalsituation entgegenwirken kann und in der Folge die Informationsverarbeitung und -weiterleitung verbessert. Messungen der Metabolite HVA (Homovannillinsäure für Dopamin) und MHPG (3-methoxy-4-hydroxyphenylglucol für NE) im Urin und Plasma ergab, dass das Verhältnis von HVA/MHPG dabei eine gewisse Rolle spielte. Dies unterstreicht die Bedeutung eines möglichen Ungleichgewichts beider Neurotransmittersysteme für die Symptomatik von ADHS und erklärt zumindest teilweise die therapeutische Wirksamkeit sowohl von DAT-Blockern wie MPH bzw. NET-Blockern wie ATX (Oades 2005, 2006).

      Wenn man bei ADHS die Konzentration von Metaboliten des NE (z. B. MHPG) im Liqour, Blut oder Urin untersucht, so finden sich üblicherweise niedrigere Werte als bei gesunden Kontrollen, während NE selbst erhöht sein kann. Insgesamt spricht dies für eine erniedrigte Stoffwechselaktivität des NE-Systems. Allerdings normalisiert sich diese Situation bei vielen Kindern mit ADHS im Verlauf von vier bis fünf Jahren von der präzur postpubertären Phase, d. h. ADHS Symptome nehmen ab und MHPG-Werte nehmen zu bis hin zu altersnormalen Befunden (Oades 2006), was als ein Hinweis auf eine gewisse zentralnervöse Reifungsverzögerung bei ADHS interpretiert werden kann.

      Insgesamt lässt sich feststellen, dass die NE-Aktivität zweifellos die Aufmerksamkeitssymptomatik moduliert, sowohl direkt über die Verbesserung des Signal-Rausch-Verhältnisses bei der Informationsverarbeitung als auch indirekt über die Kontrolle der mesokortikolimibischen DA Freisetzung. NE kann aber auch anderes relevantes Verhalten beeinflussen, je nachdem von welchen kognitiven Mechanismen dieses abhängt (z. B. Stresssituationen, die Hyperaktivität provozieren). Dabei spielen der NET im PFC, noradrenerge Rezeptoren in kortikalen und subkortikalen Arealen verbunden mit phasischen neuronalen Entladungen im LC eine wesentliche Rolle. Dieser Sachverhalt sollte bei Therapieplanungen und Medikamentenentwicklungen bedacht werden. Wenn es zutrifft, dass der NET bei der Wahrnehmung/Bewertung von Verstärkerprozessen beteiligt ist (möglicherweise in enger Verbindung mit der dopaminergen Funktion des Belohnungssystems), so könnten sich daraus vielleicht noch neue Perspektiven für die Behandlung ergeben (Oades 2005, 2006).

      7.3 Serotonin

      Nicht nur das dopaminerge und noradrenerge System sind eng miteinander verbunden, sondern auch das serotonerge System besitzt enge Verbindungen zu beiden und weist bei ADHS-Betroffenen Veränderungen auf (Oades 2007). Eine verminderte serotonerge Neurotransmission geht in Studien an Menschen und Tieren mit erhöhter Aggressivität und reduzierter Impulskontrolle als einem Kernsymptom von ADHS einher, was die vermutete Schlüsselrolle des Serotonins bei der Affektregulation widerspiegelt (Lucki 1998; Wetsel et al. 1999; Caspi et al. 2003). Die Verbindung von Serotonin und Impulsivität ist auch durch die häufige Koexistenz von ADHS und anderen Störungen mit erhöhter Impulsivität wie Störung des Sozialverhaltens, Persönlichkeitsstörungen, Bulimie, Substanzmissbrauch und Suizidalität immer wieder im Fokus von Forschungsvorhaben (Oades 2007).

      Allgemein erstaunt, dass trotz der großen Projektionsbahnen des serotonergen Systems in den primären und sekundären Motorkortex (Jacobs und Fornal 1995) relativ wenig Studien sich mit dem Zusammenhang von Serotonin und Motorik beschäftigt haben. Tierstudien haben gezeigt, dass der Serotoninrezeptor HTR1B an der Regelung der Motorik beteiligt ist (Martin et al. 1987; Gainetdinov et al. 1999b). Neben dem vermehrten Interesse am serotonergen System als Mitglied des »Neurotransmitter-Orchesters« ist Serotonin auch bei den etwa 20–30 % der Patienten von Interesse, bei denen Stimulanzien keine bzw. nur eine unzureichende Wirkung zeigen. Hier sei auch auf die Diskussion zur Abgrenzung von ADHS und emotionalen Störungen hingewiesen.

      Als Kandidatengene des serotonergen Systems wurden bei der ADHS die HTR1B- und HTR2A-Rezeptor-Gene, das Serotonintransporter-Gen (5-HTT-Gen) und das Tryptophan Hydroxylase-Gen (TPH2) untersucht. Eine Meta-Analyse der bis 2005 publizierten Studien ergab eine Assoziation zwischen dem HTR1B-Rezeptor Gen und ADHS (gepooltes Odds Ratio: 1,44; (Faraone et al. 2005)). Mehrere nachfolgende Studien konnten die Assoziation allerdings nicht replizieren (Brookes et al. 2006; Mick und Faraone 2008) oder fanden gar eine umgekehrte Assoziation (Li et al. 2007).

      Insgesamt weniger Evidenz besteht für eine Beteiligung der Tryptophan-Hydroxylase, die Tryptophan zu 5-Hydroxytryptophan katalysiert, und des HTR2A-Rezeptors, wobei die Befundlage allerdings widersprüchlich ist (Sheehan et al. 2005; Walitza et al. 2005; Brookes et al. 2006; Sheehan et al. 2007). Nicht nur bzgl. dopaminerger Genen sondern auch bzgl. des 5-HTTLPR konnte jüngst eine Studie eine Gen-Umwelt-Interaktion zeigen; hier waren es ungünstige Umgebungsbedingungen in der Kindheit (Retz et al. 2008).

      Unseres Wissens liegen noch keine funktionellen bildgebenden Studien zum serotonergen System bei der ADHS vor. Lediglich in einem Vortragsabstrakt wird von den Ergebnissen einer SPECT Untersuchung mit Iod-123-FP-CIT berichtet (Hesse et al. 2006). Obwohl der Ligand auch an den 5-HTT bindet, fanden die Autoren in den 5-HTT reichen Regionen des Mittelhirns und Hirnstamms keine Unterschiede zwischen bisher unbehandelten erwachsenen Patienten mit ADHS und gesunden Kontrollprobanden. Bei Kindern mit Alkoholembryopathie und ADHS zeigte sich eine erniedrigte [123I]nor-beta-CIT Bindung an den 5-HTT im medialen Frontalkortex bei gleichzeitig leicht erhöhter Bindung an den DAT im Striatum (Riikonen et al. 2005).

      Der Umstand, dass Studien zu Tiermodellen der ADHS bisher keine einheitlichen und damit befriedigenden Ergebnisse über die Rolle des Serotonins bei der ADHS liefern konnten, ist auch durch die sehr geringe Datenlage zum Thema bedingt (Russell et al. 2005). In zwei Tiermodellen der ADHS konnte eine erhöhte Dichte des Serotonintransporters im Striatum gezeigt werden, nämlich bei Spontan Hypertensiven Ratten (Roessner et al. 2009) und bei 6-OHDA-läsionierten Ratten (Zhang et al. 2002). Oft zitiert wird der Befund,

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