Handbuch ADHS. Группа авторов

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dieses Kapitels auf die Ergebnisse aus Tierstudien und neurochemischen Untersuchungen von Blut, Liquor und Urin des Menschen, die allerdings auch nur indirekte Rückschlüsse auf die Neurochemie der ADHS im menschlichen Gehirn erlauben. Immerhin konnten Palsson et al. (2017) bei Erwachsenen zeigen, dass störungsspezifische Veränderungen der Monoamine im Labor zu finden sind. So war bei bipolarer Störung das 3-Methoxy-4-hydroxyphenylglycol (MHPG) niedriger als bei ADHS, während bei beiden Störungen die Homovanillinsäure (HVA) höher war als bei neurologischen Kontrollpersonen.

      7.1 Dopamin

      Da die bei der Behandlung der ADHS klinisch wirksamen Stimulanzien direkt in das dopaminerge und noradrenerge System eingreifen, wurden Belege für eine katecholaminerge Dysfunktion als maßgebliche pathophysiologische Veränderungen bei der ADHS gesucht und gefunden (Pliszka 2005). Inzwischen besteht weitgehend Einigkeit, dass bei ADHS die striatale dopaminerge Transmission in der Summe erniedrigt ist (Biederman und Faraone 2002; Solanto 2002; Sagvolden et al. 2005). Allerdings gibt es auch Hinweise, dass zumindest punktuell ein Überschuss an Dopamin vorliegt. Entsprechende Studien können nicht immer eindeutig als Hinweis auf eine hypo- bzw. hyperdopaminerge Neurotransmission interpretiert werden. Hierzu drei Beispiele:

      • Vor allem im Tiermodell kann sowohl eine hypo- wie auch eine hyperdopaminerge Neurotransmission zu einer Hyperaktivität führen, die durch die Gabe von Stimulanzien reduziert wird. So zeigt die DAT-knockout-Maus durch das Fehlen des Dopamintransporters (DAT) im Striatum eine 300-fach verlangsamte Wiederaufnahme des extrazellulären Dopamins. Die Gesamtkonzentration des extrazellulären Dopamins ist damit etwa 5-mal höher als bei Kontrollmäusen. Andererseits konnte gezeigt werden, dass in dieser Region (wahrscheinlich kompensatorisch) die Dopaminkonzentration um etwa 95 % und die Dopaminfreisetzung um etwa 75 % reduziert ist. In der Gesamtschau wird die DAT-knockout-Maus überwiegend als ein hyperdopaminerges ADHS-Model gesehen (Russell et al. 2005).

      • Interessant sind auch Befunde zu den sogenannten Tetrahydroisoquinolinen (TIQ), die physiologisch sowohl im Gehirn synthetisiert als auch durch die Nahrung aufgenommen werden. Vier Metabolite der TIQ, die einen abweichenden Abbauweg des Dopamins darstellen, wurden im Urin von Kindern mit ADHS als massiv erhöht gefunden (Roessner et al. 2007). Sowohl die hohe Sensitivität und Spezifität, als auch die mögliche Verbindung zum immer wieder diskutierten Einfluss der Ernährung auf die ADHS-Symptome machen weitere Untersuchungen zu TIQ bei ADHS notwendig. Dabei sollte auch geklärt werden, welche der beiden Interpretationsmöglichkeiten der gefundenen Erhöhung der TIQ-Derivate bestätigt werden kann. Denn zum einen ist denkbar, dass das vorhandene Dopamin vermehrt über einen abweichenden Abbauweg zu TIQ umgewandelt und damit ein hypodopaminerger Zustand erzeugt wird. Zum anderen ist aber auch denkbar, dass ein Überschuss an Dopamin über den physiologischen Abbauweg auch zu einer erhöhten Bildung von TIQ und damit zu erhöhten TIQ-Konzentrationen im Urin führt, womit die Hypothese eines hyperdopaminergen Modells der ADHS unterstützt würde.

      • Schon bei der ersten Beobachtung einer erhöhten Dopamintransporterdichte im Striatum von Erwachsenen mit ADHS (Dougherty et al. 1999) wurden zwei mögliche Erklärungen diskutiert. Kommt es aufgrund einer originär erhöhten Dopaminkonzentration in der Synapse zu einer Hochregulation der Dopamintransporterdichte oder ist die erhöhte Dopamintransporterdichte eine der Ursachen der der ADHS vermutlich zugrundeliegenden dopaminergen Hypoaktivtät.

      Prinzipiell unterscheidet man zwei Komponenten der dopaminergen Neurotransmission (Sikstrom und Soderlund 2007): eine phasische und eine tonische. Die phasische Komponente beinhaltet die plötzliche Freisetzung von Dopamin in den synaptischen Spalt als Reaktion auf ein Aktionspotenzial, welches z. B. durch einen externen Reiz induziert wird oder als belohnende Reaktion beim Lernen entsteht. Unter dem Begriff tonische Dopaminkomponente versteht man eine dauerhafte geringe Dopaminmenge in der extrazellulären Flüssigkeit außerhalb der Synapse. Die tonische Dopaminkomponente ist viel stabiler und moduliert die Reaktivität der phasischen Dopaminausschüttung. Präsynaptische Autorezeptoren werden durch eine zu hohe tonische Dopaminkomponente dauerhaft stimuliert und führen so zu einer verminderten phasischen Dopaminausschüttung, wohingegen eine niedrige tonische Dopaminkonzentration zu einer vermehrten phasischen Dopaminausschüttung führt. Man vermutet, dass eine stark erhöhte tonische Dopaminfreisetzung zu einer besonderen Stabilität der neuronalen Aktivität führt, da die phasische Dopaminausschüttung stark reduziert wird. Dies wird mit einer erhöhten Rigidität in Verbindung gebracht. Im Gegensatz hierzu bewirkt eine reduzierte tonische Dopaminfreisetzung eine Labilisierung der neuronalen Aktivität durch Erhöhung der phasische Dopaminausschüttung, was wiederum mit Schwierigkeiten in der Daueraufmerksamkeit, einer erhöhten Ablenkbarkeit und flüchtigem Arbeitsstil in Verbindung gebracht wird.

      Zahlreiche Kandidatengene mit einer Verbindung zum dopaminergen System wurden bei Patienten mit ADHS untersucht (image Kap. 9). Es gibt Hinweise, dass das DRD4 7-Repeat Allel einen Dopamin-D4-Rezeptor kodiert, der für Dopamin weniger sensitiv ist (Asghari et al. 1995) und damit indirekt die hypodopaminerge Theorie der ADHS unterstützt. Weitere Kandidatengene wie die Gene für Dopamin-D1–5 Rezeptoren, Dopamin-Beta-Hydroxylase, DOPA-Decarboxylase, Tyrosin Hydroxylase, Catechol-O-Methyl-Transferase und Monoamin Oxidase A wurden mit uneindeutigen Ergebnissen beforscht. Relativ häufig wurde das den Dopamintransporter (DAT1) kodierende Gen untersucht. Der DAT1 wird vor allem im Striatum und Nucleus Accumbens exprimiert und ist der Wirkort für Stimulanzien (Volkow et al. 1995). Eine Meta-Analyse ergab aber keine statistisch signifikanten Belege für eine Beteiligung des DAT1 an der Ätiologie der ADHS (Li et al. 2006).

      Allerdings konnte in zwei Studien gezeigt werden, dass das 10-repeat Allel der 3’-VNTR-Region möglicherweise nur in Verbindung mit einem 6-repeat Allel eines 30-bp VNTR im Intron 8 des DAT1-Gens das Risiko signifikant erhöht (Brookes et al. 2006; Asherson et al. 2007). Interessant ist außerdem die mehrfach replizierte Assoziation der Region des kurzen Arms des Chromosoms 5 (5p13), da hier das Gen für den Dopamintransporter (DAT1) lokalisiert ist (Ogdie et al. 2006). Auch scheinen Gen-Umwelt-Interaktionen zwischen DAT1-Allelen und Umweltrisiken, wie mütterlicher Nikotin- oder Alkoholabusus während der Schwangerschaft oder ungünstige psychosozialen Umständen, das Risiko für ADHS zu moderieren (Brookes et al. 2006; Laucht et al. 2007; Neuman et al. 2007). Ferner herrscht noch keine Klarheit, ob ein bestimmter DAT Polymorphismus mit einer bestimmten Wahrscheinlichkeit des Ansprechens auf eine Stimulanzienbehandlung assoziiert ist. Insgesamt weisen die genetischen Studien ebenfalls die zentrale Bedeutung einer eher hypodopaminergen Störung bei ADHS aus.

      Untersuchungen mit Bildgebung beziehen sich vor allem auf die fronto-striatalen Regelkreise, die für die Regulation von Aufmerksamkeit und Motorik verantwortlich sind und eine hohe Dichte an katecholaminergen Rezeptoren aufweisen. Hier werden die der ADHS zugrundeliegenden Störungen vermutet (Pliszka 2005). Passend zur Hypothese einer dopaminergen Dysfunktion bei der ADHS fanden die meisten Bindungsstudien eine erhöhte DAT-Dichte im Striatum von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit ADHS (Krause 2008). Die erhöhte Bindung an den DAT konnte durch die Gabe von MPH reduziert werden, was wegen fehlender Medikationspausen vor der SPECT/PET-Untersuchung aber am ehesten ein direkter, kurzfristiger Effekt im Sinne einer Blockade des DAT zu sein scheint. Im Gegensatz hierzu konnte von uns bei spontan hypertensiven Ratten am Tag 90 (d. h. beim adulten Tier, welches kein Methylphenidat (MPH) mehr erhielt) im Striatum eine dauerhafte Normalisierung der DAT-Dichte dann nachgewiesen werden, wenn vorher eine präpubertäre MPH-Gabe über 14 Tage erfolgt war (Roessner et al. 2009).

      Kinder mit ADHS (n = 7) mit 10/10 DAT1 Polymorphismus haben eine größere striatale DAT Dichte als Kinder ohne 10/10 DAT1 Polymorphismus (n = 4) (Cheon et al. 2005), wobei erstere schlechter auf MPH ansprachen. Allerdings schränken die kleinen Gruppengrößen die Aussagekraft der Studie stark ein. Denn eigentlich zeigen die »reinen Bildgebungsstudien«, dass Patienten mit einer höheren striatalen DAT-Dichte deutlich mehr von MPH profitieren als die mit niedriger Dichte. Von Interesse ist in diesem Zusammenhang auch der Befund, dass Rauchen

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