Traum aus Eis - Der Kalte Krieg 3. Dirk van den Boom
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Traum aus Eis - Der Kalte Krieg 3 - Dirk van den Boom страница 16
Sol murmelte etwas und Darius war weise genug, nicht nach einer Wiederholung zu fragen. Er hatte ohnehin etwas anderes zu tun: Er aktivierte das Funkgerät für einen systemweiten, unverschlüsselten und mit großem Nachdruck abzusendenden Spruch. Sol würde gleich sehen, was sein Freund vorhatte, und er würde verstehen, dass ihre Chancen besser waren als gedacht.
Verrückt war es trotzdem, mindestens verzweifelt.
Darius räusperte sich.
»Hier spricht Darius, Prinz des Imperiums. Ich wende mich an alle patriotischen Bürgerinnen und Bürger, an alle, denen das Wohl unserer Gemeinschaft am Herzen liegt, und an alle, die die gleichen Sorgen umtreiben wie mich. Ich rufe die Kommandanten und Offiziere, die Mannschaften der Schiffe, die nun Jagd auf mich machen. Ich fordere Sie alle auf, Ihre Befehle zu bedenken, nicht an die Lügen zu glauben, die man Ihnen erzählte, und sich eigene Gedanken darüber zu machen, ob Ihre Absichten ehrenwert und Ihre Taten gerechtfertigt sind. Ich bin kein Verräter. Ich bin nicht dem Wahnsinn verfallen. Ich bin heimgekehrt, um meinem Vater zur Seite zu stehen und mit ihm all den Tapferen, die unsere Welten beschützen. Ich war im Serail. Ich habe mit eigenen Augen gesehen, was sich dort abspielt. Ich sehe die unmittelbare, umfassende, zerstörerische und scheinbar unaufhaltsame Gefahr durch die Kalten und ich will mich ihr entgegenstellen. Dieser Krieg kann nicht gewonnen werden, wenn wir uneinig sind. Dieser Krieg kann nicht gewonnen werden, wenn wir unentschlossen sind. Er kann vor allem nicht gewonnen werden, wenn wir das Symbol der Einheit unseres Reiches zerstören, die Einigkeit, die Unantastbarkeit und die Heiligkeit der kaiserlichen Familie. Ich bin ein Teil dieser Familie. Ich möchte allen ein Vorbild sein, die den Kampf aufnehmen wollen, die nicht verzweifeln und nicht wanken, die dem Schrecken entgegentreten und mit hocherhobenem Haupt der kalten Bedrohung begegnen. Ich stehe auf eurer Seite. Ich helfe. Ich weiß Dinge, habe Schlüsse gezogen und bin bereit, meinen Beitrag zur Rettung des Reiches zu leisten. Mich mundtot zu machen, mich zu beseitigen und aus der Erinnerung zu löschen, hilft niemandem. Und es führt dazu, dass gute Offiziere durch schlechte Befehle gezwungen werden, ihren Eid auf meine Familie zu brechen.«
Er schaltete ab. Er atmete schwerer als gedacht, ein wenig berührt von seinen eigenen Worten, die nicht in allem so ehrlich gewesen waren, wie er sie intoniert hatte.
»Das war eine schöne Rede«, meinte Sol mit einer gehörigen Portion Vorsicht in der Stimme.
»Danke. Etwas improvisiert, aber …«
»Aber ob sie was genützt hat …«
»Das werden wir sehen. Den Angriff abgebrochen hat immerhin der Leichte Kreuzer Sepultura. Schau selbst.«
Die Systemkarte mit den Blips der sich bewegenden Raumschiffe hatte sich verändert. Schiffe, die nicht zur Flotte gehörten, stoben aus dem Weg, um nicht in ein Gefecht zu geraten, mit dem sie nichts zu tun haben wollten. Und ein Schiff der Flotte, erkennbar durch das eindeutige Transpondersignal, drehte ebenfalls ab.
»Der Transponder meldet Maschinenschaden«, sagte Darius lächelnd. »Ich bin mir sicher, den gibt es gar nicht.«
»Es sind dir persönlich Leute gegenüber loyal?«
»Es ist alles eine Frage der Ehre, mein Freund.«
Das Boot beschleunigte weiter, das leise Winseln der Triebwerke hatte sich zu einem hohen Diskant heraufgeschraubt. Die Warnsignale der Ortung wurden ebenfalls langsam lauter, denn keine weiteren Schiffe hatten sich dem Beispiel des einsamen Verweigerers angeschlossen. Ihre taktische Situation hatte sich nur um eine Nuance verbessert, doch Darius empfand keine Angst. Das konnte man von Sol nicht sagen, der etwas blass um die Nase wirkte. So richtig mutig machte ihn der Alkohol offenbar nicht.
»Ich finde Raumschlachten scheiße«, murmelte sein Freund.
Darius vermochte ihm nicht zu widersprechen. Daher wollte er auch möglichst eine vermeiden. Doch in dieser Position den Überlichtantrieb zu aktivieren, konnte verheerende Konsequenzen haben. Die Nähe starker Gravitationsquellen machte die Navigation unberechenbar und er wollte genau dort herauskommen, wo er den Sprung programmierte.
Ein besonderes Ziel – und gleichermaßen ein recht verzweifeltes.
»Prinz Darius, hier spricht …« Die kraftvolle Stimme brach ab, als Darius den Empfänger deaktivierte.
»War das weise?«, fragte Sol vorsichtig.
»Ich weiß, wie sich eine Kapitulationsaufforderung anhört. Achtung!«
Rote, grelle Punkte erschienen auf dem Schirm.
»Raketen?«, fragte Sol atemlos.
»Enterkommandos. Das sind imperiale Dropships. Schnell und beweglich, für Landungen auf Planeten und für Schiff-zu-Schiff-Manöver«, erklärte Darius kalt. »Drei Stück, jedes mit acht Mann und einem Piloten. Etwas Overkill für uns zwei Hanseln.«
»Können wir …«
»Sie sind schnell.« Darius grinste. »Wir sind schneller.«
»Aber wenn …«
»Sol. Das ist unsere Chance. Sie schießen nicht auf ihre eigenen Leute. Sie wollen uns lebend. Zwei Nachteile, die wir nun für uns ausnutzen werden.«
Sol schaute verwirrt über die Kontrollkonsole. »Sind wir denn eigentlich bewaffnet?«
Der Prinz nickte grimmig.
»Sind wir. Aber ich wiederum schieße nicht auf diese Dropships.«
»Aber …«
»Ich habe meine Rede durchaus ernst gemeint«, sagte Darius. »Was für ein Prinz bin ich, der auf seine eigenen Soldaten schießt und sie möglicherweise ernsthaft in Gefahr bringt? Nein. Sol, meine Worte müssen wirken. Sie wirken durch Taten. Und die falschen Taten machen alles zunichte.«
Sol schüttelte den Kopf. »Das ist doch alles …«
»… symbolische Politik, die Klaviatur der Macht. Stör mich jetzt nicht. Sie kommen näher.«
Das Boot änderte den Kurs, das Winseln des Antriebs wurde nun störend, wirkte nicht drängend, sondern verzweifelt. Darius beobachtete die Reaktionen der Flugautomatik, die ihm, fast gegen seinen Willen, so viel von der Steuerung abnahm, dass er sich eher als jemand fühlte, der wohlmeinende Vorschläge machte, und weniger als Pilot. Doch dieser Ableger von Aume mochte nicht über ihr Bewusstsein, ihre Intelligenz und ihr Wissen verfügen, aber er war ganz offenbar ein Kind seiner Mutter. Die zielsichere Leichtigkeit, die gewissenhafte Extrapolation und die Rücksichtslosigkeit in der Umsetzung entsprachen dem Bild, das Darius von der Schiffsintelligenz gewonnen hatte. Er fühlte sich nicht sicher und behütet, aber insofern in guten Händen, als er es, ehrlich gesagt, nicht besser machen konnte.
»Die kommen jetzt nahe, oder?«, murmelte Sol. Seine Augen waren wie hypnotisiert auf die Darstellungen im Kartentank gerichtet.
Darius konnte nicht widersprechen. Die ersten beiden Enterkommandos hatten die Triebwerke ihrer Dropships zum Glühen gebracht und die Grabscher aktiviert, lange, tentakelähnliche Flexiglieder, am Ende mit anpassungsfähigen Greifarmen aus intelligentem