Der Bergpfarrer Staffel 18 – Heimatroman. Toni Waidacher
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»Keineswegs!« Sie schüttelte den Kopf. »Ganz im Gegenteil…«
Ria zwinkerte ihr zu und ging in die Küche. Babette trat hinaus und nickte grüßend den anderen Gästen zu, die schon beim Frühstück saßen. Der Tisch, den die Wirtin ihr und Florian zugedacht hatte, stand unter einem hohen Baum, dessen dichtes Blätterdach Schutz vor der Sonne spendete, die schon sehr stark war. Daneben stand ein weiterer Tisch, der für einen einzelnen Gast gedeckt war.
»Ach, da bist du ja schon«, hörte sie Florian sagen, der eben aus der Tür getreten war.
Er kam zu ihr und strahlte sie an.
»Gut geschlafen?«
»Ja, du auch?«
Florian nickte und rieb sich die Hände.
»Und jetzt hab’ ich Hunger.«
»Das kommt von der guten Bergluft«, sagte Ria Stubler, die eben mit einer Kaffeekanne nach draußen kam.
»So, die Herrschaften, Kaffee oder Tee?« erkundigte sie sich, nachdem sie die andere Kanne auf den Tisch einer Vierergruppe gestellt hatte.
»Ich nehme Kaffee«, sagte Florian und schaute Babette an.
Die Lehrerin nickte. »Ich auch.«
»Und wie möchten S’ die Eier gekocht haben?«
»Nicht zu hart und nicht zu weich.«
»Also gut fünf Minuten. Es dauert einen Moment, aber alles andre bring’ ich Ihnen gleich«, sagte die Wirtin und eilte wieder hinein.
»Toller Service«, meinte Florian. »Das gibt es nicht überall, daß die Eier frisch gekocht werden.«
»Stimmt«, gab Babette ihm recht. »Weißt du eigentlich, wo das Büfett steht?«
Florian zuckte die Schultern.
»Büffet gibt’s bei mir net«, erklärte Ria, als sie Kaffee und einen Brotkorb brachte. »Ich richt’ alles erst her, wenn die Gäste da sind.«
»Hab’ ich ja gesagt«, schmunzelte Florian. »Toller Service.«
Allerdings war es nicht das einzige, was ihn zum Staunen brachte. Nach ein paar Minuten stand eine große, ovale Porzellanplatte vor ihnen. Darauf waren Wurst, Schinken und Käse angerichtet und kunstvoll garniert. Marmelade und Honig kamen in kleinen Töpfchen, und im Brotkorb stapelten sich frische Semmeln und Brezeln.
»Meine Güte, wer soll denn das alles essen?« rief Babette. »Das reicht ja mindestens für vier.«
»Sagen S’ das net«, lachte Ria. »Der Appetit kommt beim Essen. Außerdem können S’ sich gern’ noch ein paar belegte Semmeln oder Brote für den Tag machen. Da brauchen S’ nur einmal essen zu geh’n, und sparen das Geld. Papier bring’ ich Ihnen gern.«
»Ich glaube, mit dieser Pension haben wir in den Glückstopf gegriffen«, sagte Florian, als sie wieder allein waren und sich über die Köstlichkeiten hermachten.
»Allerdings«, pflichtete Babette ihm bei, »so was gibt’s aber auch wohl nur noch in kleinen, privat geführten Pensionen.«
Sie erinnerte sich mit Schaudern an einen Urlaub, den sie in Griechenland verbracht hatte. Dort hatte sie in einem Hotel gewohnt, das sehr schön am Meer lag. Überhaupt war es ein herrliches Erlebnis gewesen, das Land kennenzulernen.
»Bloß das Frühstück war eine Katastrophe«, erzählte sie. »Morgens um sieben Uhr stürmten die Gäste das Büffet, weil um acht die ersten Rundfahrten mit dem Bus losgingen. Wenn man dann später kam, war meist nichts Gescheites mehr zum Essen da. Ganz abgesehen davon, daß es drei Wochen lang die gleiche Wurst und den gleichen Käse gab.«
»Na, das kann uns hier nicht passieren«, sagte Florian. »Überhaupt, hast du diesen Käse schon probiert? Der ist einfach himmlisch. Bestimmt kommt der von einer kleinen Sennerei.«
Babette probierte und gab ihm Recht.
»Ein toller Geschmack. Richtig schön reif und pikant, aber nicht zu scharf.«
Daß der Käse von der Kandereralm kam, erfuhren sie später, als Ria Stubler ihnen Papier zum Einwickeln ihrer Brote brachte.
»Vielleicht steigt Hochwürden ja zum alten Franz auf«, sagte sie. »Dann können S’ hautnah erleben, wie der Käse macht.«
»Na, wär’ das nicht ein Grund, deine Meinung zu ändern?« fragte Florian.
Babette zuckte lächelnd die Schultern.
»Ach, ich weiß nicht…«
»Komm doch mit, wenn ich heute nachmittag ins Pfarrhaus geh«, schlug er vor. »Dann lernst du Pfarrer Trenker kennen, und vielleicht bekommst du ja doch Lust, mitzugehen.«
»Na ja, mal sehen«, wich sie aus. »Was unternehmen wir denn heut’ vormittag?«
»Ich hab’ gedacht, wir machen eine Wanderung zu dem Jagdschloß im Wald. Wie heißt es denn noch gleich…?«
»Hubertusbrunn. Ich hab’ davon in einem der Prospekte gelesen.«
»Richtig, ich auch. Deswegen komme ich darauf. Könnte doch ganz schön sein, oder?«
»Bestimmt«, nickte die Lehrerin und schaute auf den Mann, der eben durch die Tür gekommen war und an den Nachbartisch ging.
»Guten Morgen«, grüßte er und lächelte sie dabei an.
Florian beachtete er nicht.
Babette erwiderte den Gruß und fragte sich, woher ihr der Mann so bekannt vorkam. Dann fiel es ihr ein. Gestern abend war sie mit ihm zusammengestoßen, als sie das Wirtshaus verließ und er es betreten wollte.
Florian hatte einen kurzen Blick auf den anderen Tisch geworfen und den ›Flegel‹, wie er den Mann in Gedanken nannte, gleich wiedererkannt. Er ärgerte sich ein wenig, weil der ihn nicht gegrüßt hatte, und sah sich in seiner Meinung über den anderen bestätigt.
Ria Stubler kam mit frischem Kaffee und Brotkorb.
»So, Herr Heller«, sagte sie, »der Rest kommt auch gleich, bloß die Rühreier dauern einen kleinen Moment.«
»Vielen Dank.« Der Gast nickte und warf wieder einen Blick auf Babette. »Ich hab’ Zeit.«
Florian schob seinen Stuhl zurück.
»Wollen wir?« fragte er.
Die Lehrerin nickte und stand auf. Als sie neben Florian ins Haus hineinging, spürte sie förmlich den Blick des Mannes in ihrem Nacken.
Adrian Heller schaute aber nicht nur, er lächelte auch.
*
»Nettes Paar«, meinte er mit einer Kopfbewegung zum nun leeren Nachbartisch, als