Mami Staffel 12 – Familienroman. Sina Holl
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Mireille legte den Zeigefinger gegen den Mund, als ihr Mann kam. »Ariane hat Besuch bekommen. Sie sind im Wohnzimmer. Lassen wir sie erst mal allein.«
Dort hielten sie sich wiederum umfangen, als wollten sie sich nicht mehr voneinander lösen.
»Mein Herz war zugeschüttet, Gerhard«, sprach Ariane, nun mit tiefem Ernst. »Manchmal war ich dankbar, daß ich ein zugeschüttetes Herz hatte, weil ich sonst nicht hätte weiterleben können. Es gibt einen Schmerz, der sich mehr und mehr zu einer Höhe steigern kann, die schließlich über sich selbst hinauswächst und dann zusammenbricht. Dann bleiben Trümmer, die legen sich schwer und steinern auf das Herz. Du hast sie weggetragen, Stück um Stück, mit deiner Güte, und mit deiner Liebe, die du mir jetzt bekennst.«
»Ich habe dich immer geliebt, Ariane. Aber ich wollte nicht, daß du mein würdest nur aus jenen Gründen, über die viel zuviel geredet worden ist. Ich hoffte so sehr, daß du mich eines Tages auch lieben könntest. Ich war bereit, darauf zu warten.«
»Der Tag ist da, Gerhard. Ich werde deine Frau sein, weil ich dich liebe.«
Sie küßten sich, und dies war der erste Kuß, der ihr Bündnis besiegelte.
Sie flogen mit der Maschine um zwanzig Uhr heim. Die Stunden hatten sie noch in gelöster Stimmung mit den Verwandten verbracht. Mireille hatte Ariane beim Kofferpacken geholfen, während die Männer sich unterhielten.
»Schöne Freundin bist du«, schmollte Mireille. »Hast mir kein Wort davon gesagt, daß ihr euch liebt.«
»Das weiß ich ja auch erst seit heute«, sagte Ariane mit diesem neuen Lächeln, das sich auch in ihren Augen widerspiegelte.
Erst im Flugzeug fiel es Ariane ein, daß sie doch noch kein Geschenk für Angela gekauft hatte. Und das sollte doch aus Paris sein!
Gerhard griff nach ihrer Hand. »Wenn du ihr sagst, daß du ihre Mama werden willst, braucht sie nichts anderes, Liebste.«
»Ja, Gerhard, das werde ich. Ich will unserer kleinen Tochter eine gute Mutter sein.«
Sie blickte hinaus, der Himmel war nahe und voller Sterne. War es nicht, als funkelte einer besonders hell…
*
Da war niemand, der nicht froh und erleichtert gewesen wäre, daß Gerhard und Ariane sich in Liebe gefunden hatten.
»Ich habe es so sehr gehofft, daß es dazu kommen würde«, sagte Leonard von Korff bewegt zu seinem Schwiegersohn. »Du hast
Ariane aus dem Dunkel wieder ans Licht geführt. Nun ist es für uns alle hell geworden.«
So verlief die schlichte Hochzeitsfeier nur im Familienkreis in Harmonie und glücklicher Gleichstimmung. Melanie von Korff hätte freilich lieber ein gesellschaftliches Ereignis daraus gemacht, hatte es doch so lange kein Fest mehr in der Villa gegeben. Aber sie hatte sich dem ausdrücklichen Wunsch der Jungen beugen müssen und fügte sich schließlich darein und zeigte sich von ihrer besten Seite, auch der neuen Verwandschaft gegenüber.
Aus Paris waren Torsten und Mireille gekommen, zu Anjas hellem Entzücken luden sie sie ein, sie im Frühling dort einmal zu besuchen. Und Andreas Danegger hatte seinen Dienstplan getauscht, soviel lag ihm daran, den Nachfolger seines Bruders kennenzulernen.
»An der Seite dieses Mannes wird es dir gutgehen, Ariane«, sagte er, als er mit Gerhard Schilling Blick und Händedruck gewechselt hatte, bedeutungsvoll und mit männlichem Ernst.
Ariane umarmte ihn, für einen Moment legte sie ihre Wange gegen die seine. »Du hast mir viel geholfen, Andreas, indem du mir Michaels Botschaft überbracht hast.«
Ein neues Jahr, ein neues Leben.
Angela hatte ihr Zimmer in Besitz genommen, nun wohnten sie in diesem großen schönen Haus, in dem sie herumspringen konnte, wie sie wollte, denn Opa Leo betonte immer wieder, daß er sich freute, daß es nun nicht mehr so still hier war. Sowieso kamen Anja und Rolf und Katarina öfter zu Besuch, sie waren nun eine große Familie. Manchmal schlief Angela auch noch bei den anderen Großeltern, denn ihre »richtige« Oma blieb doch Oma Monika.
Als sie wieder einmal von so einem Wochenendbesuch nach Hause gebracht worden war, stand neben ihrem Bärli ein kleines weißes Kuscheltierchen, ein Häschen war es wohl. Hatte die Mama es danebengestellt, damit das Bärli nicht allein war? Angela hatte ein bißchen ein schlechtes Gewissen, denn sie beschäftigte sich gar nicht mehr so oft damit. Sie mußte es nicht mehr immer bei sich haben und an sich drücken, irgendwie war das vorbei.
Da kam ihre Mama, trat neben sie.
»Ich dachte, die beiden sollten zusammengehören«, sagte Ariane. »Das Häschen ist auch nicht mehr neu, wie du siehst…«
Es war etwas im Klang ihrer Stimme, das Angela jetzt aufblicken ließ.
»Is es – von Janine?« fragte Angela stockend, denn sie wußte alles von dem Kind ihrer Mami, das nun lange schon im Himmel war.
»Ja«, sagte Ariane.
Da hob Angela ihre Händchen und schob die beiden noch dichter zusammen, so daß es aussah, als umarme das Bärli das Häschen.
»Und eines Tages«, Ariane legte ihre Hand auf die Schulter ihres kleinen Mädchens, »wird wieder ein Kindlein damit spielen. Wir wissen nur noch nicht, ob es ein Brüderchen oder ein Schwesterchen für dich sein wird, Angela.«
»Oh«, staunte Angela mit halboffenem Mund, und ihre Aguen wurden weit. »Ist das ganz wahr?«
»Nun, ihr beiden.« Lächelnd stand Gerhard in der Tür, »habt ihr mich vergessen?«
»Papa! Die Mami hat mir eben gesagt…« Angelas Atem ging so rasch, daß ihr die Worte kaum über die Lippen kommen wollten.
»Ich kann’s mir schon denken.« Gerhard kam näher, sein Lächeln wurde tief, und Ariane gab es ihm zurück. Er breitete die Arme aus und zog sie an sein Herz, seine Frau, die ein Kind von ihm trug, und sein Töchterchen, diese beiden, die sein ganzes Glück waren.
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