Andreas Vöst. Ludwig Thoma
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»Du muaßt halt denken, jetzt is scho, wia's is, und mit dein ganzen Vadruß kannst'as nimma anderst macha, und jetz is schon vorbei.«
Es war nicht vorbei. Freilich, die Bäuerin sah das nicht.
Aber der Schuller wußte gut, daß die Unordnung im eigenen Haus einen Mann schädigt, der für andere hinstehen will, und daß der geringste Gegner im Vorteil ist, wenn er einen wunden Fleck zum Angriff erwischt.
Er bekam schon den Sonntag darauf recht mit seiner Befürchtung.
Da predigte der Pfarrer über das Evangelium des heiligen Matthäus vom bösen Knecht.
»In derselben Zeit trug Jesus seinen Jüngern dieses Gleichnis vor. Im Himmelreich ist es wie mit einem Könige, der mit seinen Knechten abrechnen wollte. Da er zu rechnen anfing, brachte man ihm einen, der ihm zehntausend Talente schuldig war. Als dieser nichts hatte, wovon er bezahlen konnte, befahl sein Herr, ihn und sein Weib und seine Kinder und alles, was er hatte, zu verkaufen.«
Hier knüpfte der hochwürdige Herr an und sagte:
»Warum befahl der König, nicht nur den Schuldner, sondern auch sein Weib und seine Kinder zu verkaufen? Ihr-Leute, das will ich euch erklären. Wo es in einem Hause schlecht geht, hat selten eines allein die Schuld. Von den anderen wird häufig dazu Anlaß gegeben durch Einwilligung, Stillschweigen, Übersehung. Da gibt es Leute, welche der Meinung sind, sie wären so gescheit, daß sie überall darein reden dürfen. Sie widersprechen der weltlichen Obrigkeit und geben Ratschläge, wie man es besser macht; ja sogar die geistliche Obrigkeit muß es sich gefallen lassen, daß so ein Siebengescheiter seinen Willen durchsetzen will.
Aber wie sieht es oft aus bei einem solchen in Dingen, die ihn mehr angehen? In seiner Familie, in seinem Hause? Da merkt man nichts von der großen Gescheitheit und vom guten Regiment. Einer, der Herr sein will über den Staat und die Kirche, vermag seine Dienstboten nicht in Ordnung zu halten, ja nicht einmal seine Kinder. Wäre es nicht besser, er hätte seinen Willen darauf gerichtet, daß man ihn als rechtschaffenen Hausvater betrachten, kann, als daß er sich um fremde Dinge bekümmert?
Das ist auch eine sichtbare Warnung für alle, die einem solchen anhängen.
Diese sollten sich fragen, ob sie dem Rate eines Mannes folgen dürfen, der in seinem eigenen Hause das Schlechte duldet oder nicht unterdrücken kann.
Und sie müßten sagen: Nein! Dieser Mann kann uns kein Beispiel sein. Denn wie sagt Jesus zu seinen Jüngern?
Hütet euch vor den falschen Propheten, und an ihren Früchten werdet ihr sie erkennen.
Jeder gute Baum bringt gute Früchte, aber ein schlechter Baum bringt schlechte Früchte.
Darum, wenn man sieht, daß in dem Hauswesen eines Mannes unziemliche Dinge vorkommen, so wissen wir, daß man seinen Worten nicht folgen darf.
Seine Früchte sind schlecht, und er selbst kann nicht als gut erfunden werden. Amen.«
In der Kirche saß keiner, der den Pfarrer nicht verstand.
Der Hierangl hatte überall erzählt, daß sein Sohn vom Schuller angepackt worden war, weil er sich nicht dazu hergeben wollte, den Vater von der Ursula ihrem Kinde zu machen.
Eine Dienstmagd, die der Schuller davongejagt hatte, erzählte auch, daß die Ursula in andern Umständen sei, und so war es leicht zu sehen, wen der Pfarrer meinte.
Der Schuller war nicht in der Kirche, aber seine Bäuerin kam mit brennrotem Kopfe heim und erzählte ihm, was sie hätte anhören müssen.
»I hätt' mi am liabern vaschloffa, so hon i mi g'schamt,« sagte sie.
»Do brauchst di du gor it vaschliaffen.«
»Ja, was moanst denn? In de vordern Bänk' hamm sie si alle umdraht nach meiner, und de Bäcker Ulrich Marie hat d' Pratz'n vors Mäu g'habt und hat recht eini g'lacht, daß 's ja alle Leut' sehg'n.«
»Da brauchst du di gor it vaschliaffen,« wiederholte der Schuller, »de Schand' trifft an andern, der wo so schlecht is und nimmt d' Kanzel her zu seiner Feindschaft.«
»›An den Früchten werdet ihr es erkennen, wo es in einem Hause schlecht ist,‹ hat er g'sagt, ›und einem Manne dürfet ihr nicht trauen, der wo die Schlechtigkeit duldet.‹ Mi hamm do 's Deandl mit Rechten aufzog'n, und für dös kinna mir's aa it derschlag'n.«
Die Schullerin weinte.
»Z'weg'n dem brauchst it trentzen,« sagte der Bauer, »was der red't, is gar nix. Des sell acht i gar it.«
»Warum hat er nacha nix predigt, wia'r an Schreiber sei Zenzl a Kind kriagt hat? Da hat ma nix g'hört von einem schlechten Haus. Grad' ins tat er de Schand' o vor allsamt Leuten.«
Der Schuller gab ihr keine Antwort; er sah zum Fenster hinaus auf die Straße. Schräg gegenüber beim Schuhsteffel standen noch einige Kirchgängerinnen und steckten die Köpfe zusammen.
Hie und da drehte sich eine herum und warf einen geschwinden Blick herüber.
Da sagte der Schuller: »Bäurin, tua mir an Rock außa. I geh' ins Wirtshaus.«
»Geh, bleib dahoam! De red'n heut' do nix anders, als wia vo dera Predigt.«
»Grad' desz'weg'n geh'n i. Sinscht moana d' Leut', i vasteck' mi.«
Er legte den dunkelblauen Feiertagsrock an und ging durch das Dorf.
Die Bäcker Ulrich Marie, welche sich hinter ihre Haustüre stellte und ihm lange nachsah, wunderte sich über seine ruhige Miene und sagte zu der Zwergerin:
»Er muaß 's no it wissen.«
Die Zwergerin kannte die Menschen besser. »Do bist irr',« sagte sie, »wenn'st moanst, der Schuller loßt si was mirk'n. Der woaß 's scho lang'.«
Beim Wirt saßen viele Leute; man hörte ihre Unterhaltung schon im Hausgange.
Aber wie der Schuller eintrat, war es mit einem Male still, und alle drehten sich nach ihm um.
Er grüßte kurz und setzte sich wie immer an den Ofentisch, wo die größeren Bauern saßen.
Der Haberlschneider rückte ein wenig hinein und machte ihm Platz.
»Wo kimmst denn her?« fragte ihn der alte Lochmann.